Brennstoff für die Erderwärmung: Fleisch und Milch
Fleisch und Milchprodukte heizen dem Klima ein
Futtermittel-Anbau in Monokulturen, Regenwaldabholzung, Unmengen an Pestiziden und Düngemitteln, massiver Wasserverbrauch und Ausstoß von Methan und Lachgas: Das sind – kurz zusammen gefasst – nur einige der gravierenden Begleiterscheinungen der „Nutz“tier-Industrie. Jedes Jahr landen weltweit mehr als 53 Milliarden (!) Landtiere auf der Schlachtbank. Für die Milliarden an getöteten Fischen gibt es keine Statistik.
Die Weltbevölkerung wächst rasant – jährlich müssen etwa 30 Millionen Menschen mehr ernährt werden. Deshalb ist das Ernährungsverhalten jedes und jeder einzelnen von Bedeutung. Denn die Art, wie wir uns ernähren, hat direkte Auswirkungen auf die Umwelt, die Bodenqualität, die biologische Vielfalt, die Regenwaldbestände und das Klima. Der Fleischatlas 2014 – ein Kooperationsprojekt der Heinrich-Böll-Stiftung, des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique – deklariert daher: „Ernährung ist nicht nur Privatsache.“ Wer konventionell angebautes Gemüse, Obst und Getreide kauft, ist mitverantwortlich für die Ausbringung von Hybridsaatgut, den Einsatz von synthetischen Düngern und Pestiziden. Wesentlich negativer fällt die Umweltbilanz aber aus, wenn Fleisch und Milchprodukte gegessen werden.
Laut einer Studie der Welternährungsorganisation FAO aus dem Jahr 2006 produziert die weltweite Nutztierhaltung rund 18% der globalen Treibhausgas-Emissionen. Vor allem die Treibhausgase Methan, Kohlendioxid und Distickstoffoxid (Lachgas) sind Nebenprodukte der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Die meisten Emissionen entfallen dabei auf Stickstoffdüngung gefolgt von der mikrobiellen Verdauung der Rinder und der Verbrennung von Biomasse. Auch aus Tierexkrementen, durch Düngerproduktion, die Verwendung von Landmaschinen und die Bewässerung entstehen Treibhausgase. Das renommierte Worldwatch Institute sieht den Anteil der Viehwirtschaft an den globalen Treibhausgas-Emissionen sogar bei 51%.
Die große Wasserverschwendung
Laut Welthungerhilfe haben aktuell rund 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Im vergangenen Jahrhundert hat sich die Weltbevölkerung verdreifacht, der Wasserverbrauch jedoch versechsfacht – in mehr als 30 Ländern herrscht inzwischen akuter Wassermangel. Der weltweite Durchschnitt an Wasserverbrauch zur Nahrungsherstellung liegt etwa bei 1.200 m3 pro Person und Jahr, bei fleisch- und milchbasierter Ernährung in den wohlhabendsten Regionen bei bis zu 1.800 m3. Eine vegane Ernährungsweise braucht nur etwa 650 m3 Wasser pro Person und Jahr.
Laut FAO ist die zunehmende Tierhaltung ein Schlüsselfaktor für den steigenden Wasserbedarf. Eine Person in einem Industrieland trinkt etwa 2 bis 5 Liter Wasser, für die Tätigkeiten im Haushalt, wie duschen oder waschen benötigt sie 100 bis 500 Liter. Auf die Herstellung der Nahrungsmittel einer Durchschnittsfamilie entfallen pro Tag 2.000 bis 5.000 Liter Wasser. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, benötigt man hingegen bis zu 16.000 Liter Wasser. Das Wasser dient der Bewässerung der Futtermittel und der Grasproduktion, als Trinkwasser sowie zur Reinigung der Tiere sowie für die Schlachtung.
Die große Landverschwendung
Die Futtermittelproduktion steht in direkter Konkurrenz zu pflanzlichen Lebensmitteln für den menschlichen Konsum. Für 1 kg Fleisch werden 7 bis 16 kg Getreide bzw. Soja benötigt. Würden z.B. die US-AmerikanerInnen, die 80% des Getreides an Schlachtvieh verfüttern, nur 10% weniger Fleisch essen, so könnte man mit dem dadurch eingesparten Getreide rund eine Milliarde Menschen vor dem Hungertod bewahren. In den USA werden 230.000 km2 Land zur Produktion von Heu für Nutztiere beansprucht, aber nur 16.000 km2 zur Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel.
Waldflächen weltweit schrumpfen in rasantem Tempo, vor allem auf Grund der Ausweitung der Tierproduktion. Je weniger fruchtbar das Land wird, desto mehr Waldgebiete werden gerodet. Zwischen 1990 und 2006 hat sich die Anzahl der Rinder im Amazonasgebiet mehr als verdoppelt und sich die Anbaufläche von Soja vervierfacht. Auch die Schweine- und Geflügelzucht verwendet einen großen Teil der Sojafuttermittel aus dem Amazonasgebiet und ist daher ebenso von Bedeutung. Dasselbe gilt für das Kraftfutter, das Milchkühen vorgesetzt wird. Mit dem riesigen Ausmaß des Futtermittelanbaus geht auch der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden einher. Die Gifte gelangen ins Wasser und schädigen die Böden. Zudem zerstört der Anbau von Monokulturen die Artenvielfalt. Ein weiteres Kapitel ist das sogenannte Land-Grabbing, das vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika großflächig betrieben wird: Internationale Konzerne kaufen fruchtbares Ackerland, um Tierfutter (oder Biotreibstoff) anzubauen. Grund und Böden werden der lokalen Bevölkerung quasi unter den Füßen weggezogen. Und damit verlieren sie ihre Möglichkeit zur Selbstversorgung.
Der Ernährungswissenschafter und Autor Martin Schlatzer sieht eine Reduktion des Rindfleischkonsums als notwendig, um zukünftige Entwaldungen zu vermeiden, die Artenvielfalt zu schützen, regionale Wasserkreisläufe aufrecht zu erhalten und CO2 Speicher zu erhalten. Neben den Rodungen gilt die Stickstoffübersättigung als hauptverantwortlich für das Waldsterben. Zu etwa zwei Drittel wird sie durch Emissionen aus der Tierhaltung in Form von Ammoniak (NH3) aus Jauche und Mist verursacht.
Regenwald-Soja für Hochleistungs-Milchkühe
Durch Zucht und veränderte Fütterung wurde die Milchleistung der Kühe in den vergangenen Jahren deutlich in die Höhe getrieben. Im Schnitt gibt heute eine Kuh rund 6.700 Liter Milch im Jahr, etwa 2.000 Liter mehr als vor 15 Jahren. Um eine hohe Milchleistung zu erzielen, wird den Kühen in vielen Betrieben neben herkömmlichem Futter wie frischem Gras, Heu und Silage auch immer mehr Kraftfutter verfüttert. Dieses setzt sich überwiegend aus Getreide, Resten der Zucker- und Stärkeherstellung sowie Raps- und Sojaschrot zusammen. Hochleistungstiere, die über 10.000 Liter Milch pro Jahr geben (müssen), bekommen oft mehr Kraftfutter als herkömmliches Futter. Diese Fütterungsweise stellt ein großes ökologisches Problem dar, denn das Soja stammt meist aus gerodeten Regenwaldgebieten. Immer häufiger wird auch gentechnisch verändertes Sojaschrot aus Übersee eingesetzt.
Monokulturen statt landschaftliche Vielfalt
Was in Übersee der Sojaanbau ist hierzulande der Mais: Durch den intensiven Anbau von Mais als Futtermittel gehen wichtige Lebensräume wie Wiesen und Weiden zurück. Waren früher noch großflächig verschiedenste Salzwiesen, von Kühen geweidete Magerrasen, pflanzen- und tierreiche Niedermoore oder durch die unterschiedlichen Mähzeiten und Mähtechniken ausdifferenzierte Grasländer zu finden, dominiert heute die Stallhaltung. Darunter leidet die regionale Artenvielfalt, die durch den Rückgang der Grünlandnutzung maßgeblich dezimiert wird. Die intensive Futtermittelproduktion erfordert den massiven Einsatz von Düngern und Pestiziden, was hohe Nitratwerte und auch Pestizidrückstände im Grundwasser verursacht. Eine weitere gravierende Folge sind das Bienen- und Insektensterben. Aber auch Vögeln und andere Wildtieren wird das Überleben immer schwerer gemacht, da fast jedes freie Fleckchen Erde zubetoniert oder bebaut wird. Die Mehrheit der heimischen Ackerflächen dient nicht dem Anbau von Nahrungsmitteln für den Menschen, sondern dem Anbau von Futtermitteln. Würden wir unseren Fleisch- und Milchkonsum stark reduzieren, könnten riesige Gebiete der Natur und ihren Bewohnern wieder zurückgegeben werden. Denn der ausschließliche Gemüse und Getreideanbau für den menschlichen Verzehr benötigt weit weniger Ackerland.
Hunger auf der Welt und Futtermittelanbau
Rund 40% der gesamten weltweiten Getreideernte wird an Vieh verfüttert. Alle „Nutz“tiere auf der ganzen Welt zusammengenommen verbrauchen eine Futtermenge, die dem Kalorienbedarf von 8,7 Milliarden Menschen entspricht – das ist mehr als die gesamte Weltbevölkerung! Riesige Flächen wertvollen Ackerlandes, auf dem pflanzliche Nahrung für Menschen angebaut werden könnte, wird für den Anbau von Tierfutter verschwendet.
Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Ammoniak
Da Kühe Wiederkäuer sind, werden durch die komplexen Verdauungsvorgänge erhebliche Mengen an Methan freigesetzt: Man kann (unter mitteleuropäischen Bedingungen) pro Kuh von ca. 15 g Methangas für 1 Liter Milch ausgehen. Hinzu kommt noch die Produktion von CO2 (v.a. im Zuge des Anbaus für Futtermittel), Ammoniak (v.a. durch Kot und Urin der Tiere) und Lachgas (v.a. durch Düngemittel). Auch die wertvolle Ressource Wasser wird extrem verschwendet: Für die Gewinnung eines Liters Kuhmilch benötigt man 1.000 Liter Wasser.
Rettung für den Planeten: die pflanzenbasierte Ernährung
Eine vegetarische oder vegane Ernährung kann wichtige Wasserressourcen einsparen und dem negativen Trend der Wasserknappheit gegensteuern. Mehr Fläche zum Anbau von Getreide, Gemüse oder Obst stünde für die menschliche Ernährung zur Verfügung. Wälder, die wertvolle CO2 Speicher sind, könnten aufgeforstet werden und die Regenwaldzerstörung gestoppt werden.
Die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren stieg in den letzten Jahren stark an und liegt in Österreich und Deutschland bei etwa zehn Prozent. Laut der deutschen NGO ProVeg würde ein fleischfreier Tag in der Woche (bezogen auf Deutschland) dazu führen, dass pro Jahr 140 Millionen (!) Tiere weniger getötet würden und zusätzlich die Treibhausgase von sechs Millionen Autos eingespart werden könnten.
Quellen und weiterführende Links
- „Das große Fressen“ und „Fleisch frisst Land“, zwei Reports des WWF
- Fleischatlas 2014 der Heinrich Böll Stiftung, komplett als pdf-Datei downloadbar. Und ab Jänner 2018 verfügbar: Der „Fleischatlas 2018“. Auch lesenswert: „Fleischatlas extra: Abfall und Verschwendung“
- „Tierproduktion und Klimawandel“ von Martin Schlatzer, ISBN: 978-3643501462
- Weltagrarbericht zum Thema Fleisch und Futtermittel (inklusive Datensammlung)
- SSV (Schweizer Vereinigung für Vegetarismus) (2011): Ökologische Folgen des Fleischkonsums. Winterthur: SSV
- tier-im-fokus.ch (2009): Info-Dossier Nr. 4 2009, Nutztiere und Klimawandel. Bern
- Statistik zum Milchverbrauch in Österreich
- Statistik zum Fleischkonsum in Österreich
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