Green fashionists
Weniger ist mehr
Es braucht noch etwas, um die Mode-Industrie nachhaltig zu verändern und damit nachhaltig zu machen: Verlangsamung. War es früher üblich, zwei Kollektionen herauszubringen, so werfen die Großketten heutzutage bis zu acht Kollektionen im Jahr auf den Markt. Das bedeutet, dass in immer kürzeren Abständen immer mehr billige Ware produziert wird. Immer mehr Ressourcen werden verbraucht und immer mehr Ungerechtigkeit und Leid verursacht. Sehr viel Aufwand und Verschwendung für Kleidungsstücke, die meist nur ein oder zwei Saisonen getragen werden. Hier sind wir Konsumenten gefordert: Nicht mehr jede Saison dutzende neue Teile kaufen, weil die eh so billig sind, sondern qualitativ hochwertige Kleidungsstücke, dafür weniger.
Kostenwahrheit
Eines ist klar: wenn ein T-Shirt 7 € kostet, dann war das für den Käufer wohl billig. Aber: jemand hat dafür bezahlt…
- …ein Mensch: Ausbeutung oder zumindest schlechte Arbeitsbedingungen, mangelhafter oder fehlender Schutz vor giftigen Chemikalien während der Produktion, z.B. beim Färben…
- …ein Tier: in schmerzhaften und tödlichen Experimenten für Düngemittel, Pestizide, Farben etc. für die Herstellung konventioneller Baumwollkleidung; Ausbeutung und Misshandlung für günstige Wollpullis; ein qualvolles Leben bis zur Schlachtung für Lederschuhe und billige Pelzbesätze…
- …die Umwelt: riesige Mengen giftiger Chemikalien, die beim konventionellen Baumwollanbau in den Boden und die Luft gelangen; riesige Mengen an Wasser, das für die Bewässerung konventionell angebauter Baumwolle nötig ist; riesige Mengen weiterer giftiger Chemikalien bei der Ausrüstung der Textilien (Farben, Glätthilfen, Antischimmelmittel etc.)
Apropos Chemie
Der gigantische Textilberg an kurzlebiger, billiger und konventionell hergestellter Mode ist ein ethisches, soziales und ökologisches Desaster. Ein Drittel der jedes Jahr hergestellten Chemikalien wandert in die Bekleidungsindustrie! Kein Wunder, dass immer mehr Menschen an Textil-Allergien leiden. Nicht etwa weil sie gegen Baumwolle allergisch sind, sondern gegen ein oder mehrere der vielen Chemikalien, mit denen die Kleidungsstücke behandelt wurden. Bei ökologisch hergestellten und verarbeiteten Textilien gehen Sie dieses Risiko erst gar nicht ein.
Aber wir zahlen noch einen weiteren Preis: zumindest unbewusst spüren wir, dass an diesen Kleidungsstücken und an unserem exzessiven Konsum etwas faul ist. Und zumindest unbewusst schlägt sich das auf unser Gewissen.
Green Fashion
Die neuen Fashionists ziehen aus diesem Wissen und ihrem Gewissen die Konsequenzen und kaufen grüne Mode. Diese Kleidungsstücke sind qualitativ besser und langlebiger und überdauern auch modisch mehrere Saisonen. Unterm Strich geht es sich dann auch wieder mit dem Geld aus. Der Green Fashionist zahlt vielleicht erst mal ein bisschen mehr für seine Mode, kauft aber nicht so viele Stücke und trägt diese dann viel länger. Das wirkt sich auch positiv auf den ökologische Fußabdruck aus, der ja anzeigt, wie groß die Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt tatsächlich sind: und zwar vom ersten Herstellungsschritt bis zur Fertigstellung und sogar darüber hinaus. Mitgerechnet wird nämlich auch, wie lange ein Kleidungsstück hält und getragen wird (also kein neues gekauft wird). Mitgerechnet wird auch, ob der Stoff biologisch abbaubar oder recycelbar ist.
Und so gibt es auch immer mehr kreative Labels, die fleißig recyceln und upcyceln und ausgedienten Stücken ein zweites oder sogar drittes Leben einhauchen. Und auch das muffig biedere Flair der früheren Secondhand-Kleidung hat inzwischen dem trendigen Vintage Platz gemacht.
Kurzum – die neuen Fashionists setzen nicht mehr auf die Schnelllebigkeit der Mode, sondern auf slow-fashion. Idealerweise gesellt sich dazu auch eine neue Bescheidenheit. Wer beides einmal ausprobiert, wird spüren wie angenehm es sich anfühlt: kein gehetzter Umgang mehr mit Mode, sondern ein feiner, verspielter. Langsamkeit und Bescheidenheit können sich verdammt gut anfühlen.
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