Woher kommt die Milch?
Kälber würden Kuhmilch trinken…
So hat es die Natur vorgesehen. Kühe können nur dann Milch geben, wenn sie zuvor ein Kalb geboren haben. Um den Prozess der Milchgewinnung zu sichern, werden in der landwirtschaftlichen Praxis die Tiere regelmäßig und praktisch immer künstlich befruchtet. Für den Aufbau einer natürlichen Mutter-Kind-Bindung ist in der Massenproduktion weder Raum noch Zeit und so werden die neugeborenen Kälber noch am Tag der Geburt, spätestens aber nach vier Tagen, von den Muttertieren getrennt. Die Mutterkühe suchen ihr Kleines, rufen tagelang nach ihm. Vergebens, sie werden ihr Kalb nie wieder sehen.
…wenn man sie ließe
Und auf das Kalb wartet die Einzelbox. Dort müssen alle Kälber ihre ersten zwei Lebensmonate verbringen – ohne jeglichen Körperkontakt, Liebkosungen und Nähe. In der Box ist die Bewegung eingeschränkt: aufstehen, hinlegen. Etwas mehr Platz haben Kälber in sogenannten Kälberiglus, mit einem winzigen Auslauf. Nach österreichischem Gesetz müssen die Kälber nach den zwei Monaten in der Gruppe gehalten werden. Leider gibt es aber einige Ausnahmeregelungen, sodass etliche Kälber auch danach noch in Einzelboxen verbleiben, das gilt etwa für Betriebe, in denen weniger als sechs Kälber gehalten werden.
Die von der Natur für die Kälber bestimmte Muttermilch zweigt der Mensch für sich ab. Nur 9% der eigenen Muttermilch erhalten die Kälber, der benötigte Rest wird durch Milchaustauscher gedeckt. Man lässt sie durch künstliches Futter (ohne Heu, dass sie normalerweise schon fressen würden) bewusst anämisch (blutarm) werden. Weil so das Fleisch künstlich hell gehalten werden kann. Weiß der Himmel, wie es dazu kam, dass Konsumenten das schlecht durchblutete Fleisch eines kranken Kälbchens dem roten eines gesunden vorziehen.
Als Tierbabys auf die Schlachtbank
Die männlichen Kälber werden gemästet und geschlachtet. In Österreich werden sehr viel Milch getrunken bzw. Milchprodukte wie Joghurt und Käse gegessen. Je mehr Milch nachgefragt wird, desto mehr Kälber müssen geboren werden. Weit mehr jedenfalls, als hierzulande Kalbfleisch verzehrt wird. Deshalb werden viele österreichische Kälber auf langen Transportfahrten ins Ausland gebracht, etwa nach Spanien oder Italien, wo traditionell mehr Kalbfleisch gegessen wird. Aber auch in osteuropäische Staaten und noch weiter weg werden die Kälbchen auf tagelangen Transporten verfrachtet.
Ein paar Zahlen
- Milchkälber (Kalbfleisch) werden mit 4-6 Monaten geschlachtet.
- Jungrinder werden mit 10-12 Monaten geschlachtet.
- Kalbinnen werden mit 14-20 Monaten geschlachtet.
- Ochsen werden in der Regel mit 22-30 Monaten geschlachtet.
- Milchkühe werden in der Regel mit 4-5 Jahren geschlachtet.
- Die natürliche Lebenserwartung von Rindern ist 30 Jahre.
Das Schicksal der Mutterkühe
Nachdem man Kuh und Kalb getrennt hat, werden die Muttertiere mehrmals täglich gemolken, die Milch wird vermarktet. Unter normalen Bedingungen würde der Milchfluss der Kuh nach einem knappen Jahr nachlassen, deshalb wird die Kuh nur ca. drei Monate nach der Geburt des Kalbes erneut künstlich befruchtet und bekommt etwa ein Jahr nach der ersten Geburt erneut ein Junges. So sind die Kühe in der Milchwirtschaft ab ihrem zweiten Lebensjahr einer Dauerschwangerschaft ausgesetzt.
Die permanenten Schwangerschaften und der enorme, dauernde Milchfluss zehren an der Gesundheit und an den Reserven der Tiere, was dazu führt, dass Hochleistungskühe im Alter von vier bis fünf Jahren geschlachtet werden. Die eingesetzten Melkmaschinen, die das Melken von bis zu 100 Kühen in zwei Stunden ermöglichen, verursachen oft Verletzungen. Diese fördern die Entstehung von Mastitis, einer bakteriellen Infektion, die speziell in der Milchindustrie bekannt und weit verbreitet ist. Jede menschliche Mutter, die eine Mastitis erleben musste, weiß, wie schmerzhaft diese Krankheit ist. Den weiblichen Kälbern steht der gleiche Kreislauf wie ihren Müttern bevor.
Wider die Natur
Kühe sind von Natur aus Herdentiere mit einer komplexen Sozialdynamik. Allerdings haben sie in der Intensivhaltung keinerlei Möglichkeiten, Sozialbeziehungen innerhalb der Herde zu entwickeln. Denn Milchkühe aus herkömmlicher Haltung leben zu 95% in Anbindehaltung, die die Bewegungsfreiheit der Tiere auf das Aufstehen und Hinlegen beschränkt. Diese Form der Haltung ist laut Bundestierschutzgesetz eigentlich verboten. „Zwingende rechtliche oder technische Gründe“ wie fehlende Weideflächen oder bauliche Gegebenheiten erlauben jedoch einen großen Spielraum für Ausnahmen. Dies gilt auch für die vorgeschriebenen 90 Tage, an denen die Anbindehaltung für Auslauf oder Weidegänge unterbrochen werden müsste. Der Platzmangel führt, in Kombination mit dem permanenten Melken, zu Euterentzündungen, Zitzenverletzungen sowie Gelenks- und Klauenschäden. Dazu kommen Verdauungsprobleme wegen des verfütterten Kraftfutters.
Tipp
Dieser Artikel ist zugeordnet zu Lokale & Hotels Lebensmittel