Leder – weder natürlich noch fair
Ökologie
Die Lederindustrie braucht naturgemäß sehr viele Tierhäute. Für die Millionen und Abermillionen Tiere in Intensivhaltung muss sehr viel Getreide und Soja für Futtermittel angebaut werden. Allein für die Futtermittelerzeugung werden riesige Mengen Wasser verbraucht, Unmengen an Düngemitteln und Pestiziden eingesetzt. Nach der Schlachtung muss die Tierhaut haltbar gemacht, also gegerbt werden. Die meisten heute verkauften Lederprodukte werden mit Chrom gegerbt. Bei der Gerbung kommen außerdem Mineralsalze, Formaldehyd, Kohle-Teer-Wasserstoff-Derivate und verschiedene Öle, Farben und Polituren, von denen einige auf Zyanid basieren, zum Einsatz. Das führt zu einer starken Belastung der Abwässer mit organischen Verbindungen, Salzen und Schwermetallen wie Chrom, Zink, Cadmium und Arsen. Diese töten nicht nur die Mikroorganismen im Wasser sondern auch die Fische.
Übrigens: Durch die Produktionsverschiebung in ferne Länder kommen weitere Chemikalien zum Einsatz, damit die Tierhäute auf dem langen Weg vom Schlachthof bis zur Gerberei nicht verrotten.
Das Gerben stabilisiert die Kollagen- und Proteinfasern in den Häuten, so dass diese sich nicht mehr zersetzen, also verrotten. Das Leder ist damit aber auch nicht mehr biologisch abbaubar. Bei der Beseitigung von alten Lederschuhen, Lederjacken und Polstermöbeln fallen jedes Jahr tausende Tonnen chromhaltiger Abfälle an. Bei einer Entsorgung über Verbrennungsanlagen kann wiederum das hochgiftige Chrom VI entstehen. Bei der Sämischgerbung (Wildleder) wird traditionell (und bei hochwertigem Trachtenleder heute noch) Fischtran (vom Dorsch) verwendet. In der Regel wird heute aber auch Velourleder chromgegerbt.
Gesundheit
Chromgegerbtes Leder ist nicht nur nicht kompostierbar, es enthält oft erhöhte Rückstände von Chrom. Die chemische Grundsubstanz für die Chromgerbung sind Chrom III-Salze. Es ist bekannt, daß sie in höheren Mengen Allergien auslösen können. Experten schließen nicht aus, daß sich unter bestimmten Voraussetzungen die wasserlöslichen Chrom III-Salze sogar in die wesentlich giftigeren Chrom-VI-Salze verwandeln. So wird die Entstehung von Chrom VI-Salzen in Verbindung mit menschlichem Schweiß diskutiert. Chrom VI-Salze sind hochgradig allergen und werden als krebserregend eingestuft. Trotz gesetzlich festgelegter Grenzwerte für Chrom VI in den Lederwaren ist in den Medien immer wieder von Verbrauchertests zu lesen, wo erhöhte Chrom III- und sogar Chrom IV-Rückstände in den Lederwaren festgestellt wurden.
Aber auch verschiedene Färbestoffe für Leder stehen im Verdacht karzinogen zu sein. Und selbst wenn die Grenzwerte eingehalten werden: Wollen Sie Chromrückstände in einem Kleidungsstück? Erste Anzeichen von allergischen Reaktionen auf chromgegerbte Lederschuhe sind rote Flecken, die sich zu großflächigen Ekzemen bis hin zu tiefen Rissen in der Haut ausweiten können.
Pflanzliche Gerbung
Sie ist selbstverständlich umweltfreundlicher. Aber: Unsere Recherchen haben ergeben, dass es noch kaum kbT-Leder (aus kontrolliert biologischer Tierhaltung) gibt. Auch bei den sogenannten Ökoschuh-Firmen scheint der ökologische und ethische Anspruch erst nach dem Schlachthof zu beginnen.
Ausbeutung von Menschen
Die Umweltschäden durch Chromgerbung können durch eine hochentwickelte Abwassertechnik zwar begrenzt werden. Doch die Realität der globalen Marktwirtschaft sieht anders aus: Der Großteil der international verkauften Lederwaren wird in Entwicklungsländern gegerbt. Für die Konzerne hat das den Vorteil, dass dort kaum bis keine Umweltauflagen die Arbeit der Gerbereien stören. Und das Lohnniveau ist sehr niedrig: in Afrika, Lateinamerika und in Asien. Die giftigen Abwässer gelangen oft völlig ungefiltert in die Flüsse und ins Grundwasser. Die Felder in der Nähe von Gerbereien sind vergiftet. Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Menschen, die rund um Gerbereien leben, von den Giften in Wasser und Nahrungsmitteln belastet werden.
Ganz zu Schweigen von den in den Gerbereien beschäftigten ArbeiterInnen. Arbeitsschutzbestimmungen gibt es kaum. Die Menschen arbeiten trotz der hochgiftigen Chemikalien oft sogar ohne Atemschutz oder Handschuhe. Die Arbeitstage sind nicht wie bei uns begrenzt. Bis zu zehn Stunden und mehr atmen die Arbeitenden die giftigen, stinkenden Dämpfe ein, gehen über Böden, die von toxischen, ätzenden Chemikalien bedeckt sind. Bei den meisten Arbeitsunfällen dürfte es sich um Verätzungen handeln. Längerfristig leiden die Arbeitenden vor allem unter Asthma, aber auch Hautkrankheiten, Allergien und Kopfschmerzen. Wer krankt wird, ist meist nicht abgesichert und muss auch noch die Behandlungskosten selber tragen.
Quellen und weiterführende Informationen
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