Meerschweinchen – fürs Kinderzimmer ungeeignet
Meerschweinchen haben sich viel zu erzählen
Die kleinen Nagetiere sind in weiten Teilen Mittel- und Südamerikas verbreitet – sie leben im flachen Grasland, aber auch in Gebirgsregionen bis zu 5.000 m Höhe. Bereits vor rund 6.000 Jahren wurden sie im peruanischen Hochland domestiziert. Sie galten und gelten in einigen Regionen noch immer als Fleischlieferant. In den letzten Jahren wurden gezielt größere und fettere Rassen gezüchtet und in Intensivmast zur Fleischproduktion gehalten.
Die Wildmeerschweinchen leben in Kolonien von 20 bis 40 Tieren, Gruppen bestehen aus einem Männchen und mehreren Weibchen mit ihren Nachkommen. Meerschweinchen sind sehr schnell. In ihrem Revier bewegen sich die Gruppen meist im Gänsemarsch auf vertrauten „Trampelpfaden“. Von ihrer Natur her sind sie stressempfindliche Fluchttiere. Artgenossen werden optisch und am Geruch erkannt, sie kommunizieren intensiv akustisch und sind auch sehr geräuschempfindlich. Deshalb empfiehlt sich leises Ansprechen zur Kontaktaufnahme.
Fressen rund um die Uhr
Meerschweinchen leben polyphasisch, das heißt Aktivitäts- und Ruhephasen wechseln sich mehrfach ab. Das gilt nicht nur für den Tag, sondern auch für die Nacht. Rund um die Uhr nehmen Hausmeerschweinchen 60 bis 80 kleine Mahlzeiten zu sich. Es ist sehr wichtig, dass den Tieren ständig zumindest Wasser und ihr Grundnahrungsmittel Heu zur Verfügung stehen. Der Nahrungsbrei wird im Meerschweinchendarm nicht durch Peristaltik weitertransportiert, sondern nur weitergeschoben, wenn sozusagen von vorne Nachschub kommt. Deshalb sind die Tiere darauf angewiesen, dass sie laufend Nahrung zu sich nehmen können.
Neben qualitativ hochwertigem Heu brauchen Meerschweinchen Gräser und Wiesenkräuter, abwechslungsreiches Grünfutter und Gemüse; wegen des Fruktosegehalts nur in geringeren Mengen Obst sowie, ebenso in geringen Mengen, getreidefreies Fertigfutter. Körnerfutter oder „Leckerlis“ dürfen niemals verfüttert werden. Frisches Wasser muss im Tontopf oder in einer Nippeltränke zur Verfügung stehen. Vitamin C muss mit der Nahrung zugeführt werden: Tagesbedarf 15 mg/kg (angereichertes Fertigfutter, Gemüse, Obst). Weiters benötigen sie ausreichend Nagematerial (wie zum Beispiel Haselzweige u.a.). Bei ungenügender Abnützung der Beißwerkzeuge entwickeln sich Zahnanomalien oder Abszesse im Kieferbereich.
Viel Platz – ein Muss
Die gesetzlichen Mindestbestimmungen bezüglich der Käfiggröße für zwei Tiere (100 x 60 x 50 cm) sollten unbedingt überschritten werden. Empfehlenswert sind verbundene Käfige mit mehreren Etagen (im Internet finden Sie Anleitungen zum Selberbauen). Unbedingt vorhanden sein sollten jeweils ein Schlafhäuschen pro Tier, Rampen und erhöhte Liegeflächen. Den Meerschweinchen sollte ein gut strukturiertes, gesichertes Freigehege (im Garten oder ein ganzes Zimmer) zur Verfügung stehen. Auch das Freigehege sollte gut strukturiert sein und in jedem Fall ein nicht zugiges Häuschen als Wetterschutz haben. Bei Haltung im Käfig müssen sie täglich mehrere Stunden Auslauf in einem geeigneten Freigehege haben. Terrarien sind übrigens für die hitzeempfindlichen Tiere wegen der mangelnden Luftzirkulation gänzlich ungeeignet! Die ideale Zimmertemperatur für Meerschweinchen beträgt 15 -20°C, Zugluft vertragen sie nicht.
Ob eine Meerschweinchen-Gruppe friedlich zusammenlebt, hängt sehr von den frühen Erfahrungen der Jungen ab. Eine intakte soziale Gruppe gibt den Tieren Sicherheit und Unterstützung (Stresshormone sinken deutlich schneller.). Die optimale Zusammensetzung einer Gruppe sind ein kastriertes Böckchen mit mehreren Weibchen.
Internet- und Buchtipps
- „Leben mit Meerschweinchen – Der ausführliche Leitfaden für die Haltung von Meerschweinchen“ von Christian Ehrlich und Sigrid Tooson, ISBN 3937285542
- „Mein Meerschweinchen“ von Immanuel Birmelin, ISBN 3833800603
- „Artgerechte Haltung – ein Grundrecht auch für Meerschweinchen“ von Ruth Morgenegg, ISBN: 3952266106
- Zeitschriften: Rodentia, Publikationen des Vereins der Meerschweinchenfreunde
- www.meerschweinchenberatung.at
- www.diebrain.de
- www.ethologie.de
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