Das vergessene Leid: Enten, Gänse, Puten
Die Haltungsbedingungen für die diversen Arten von Mastgeflügel werden in Österreich gesetzlich gemeinsam geregelt – auf die individuellen Ansprüche der verschiedenen Tierarten wird wenig Rücksicht genommen.
Enten: Wasservögel ohne Wasser
Gerichte mit Entenfleisch sind Standards auf den Speisenkarten in chinesischen oder vietnamesischen Restaurants in Europa. Das Fleisch stammt von Enten aus der Massentierhaltung. Bio-Entenhaltung gibt es kaum. In Österreich stammen nur 3% der verspeisten Enten aus heimischer Haltung, die restlichen 97% sind aus dem Ausland.
Intensivmast in artfremder Umgebung
Als Masttiere werden vor allem Moschusenten, Mulardenente und Pekingenten gehalten. Die Bedingungen in der Mast sind für Wasservögel katastrophal. Die Tiere leiden massiv ohne Zugang zu Wasser, ihr artnatürliches Verhalten ist komplett unmöglich in den überfüllten Hallen der Intesivmast. So wie bei allen anderen Nutztieren, die zur Fleischgewinnung gehalten werden, müssen sie in kürzester Zeit möglichst viel Fleisch ansetzen. Ähnlich wie bei Hühnern führt die Turbomast dazu, dass die Tiere nicht mehr laufen können, da Muskeln und Knochen das Gewicht nicht halten können. Dauerschmerz, Dauerstress – der Alltag der gequälten Tiere. Es gibt keinen Auslauf ins Freie, Wasser gibt es lediglich aus Nippel-Tränken.
Als Wassergeflügel haben Enten aber besondere Ansprüche an ihren Lebensraum. Neben ausreichend Grünland ist auch ein Zugang zu Wasser unbedingt notwendig, damit sie ihre natürlichen Verhaltensweisen wie Schwimmen, Gründeln, Fliegen oder Putzen ausleben können. In der Massentierhaltung bleibt ihnen all das verwehrt. Dadurch ist auch die wichtige Gefiederpflege beeinträchtigt. Wer einmal in einen Enten-Intensivmastbetrieb hineingesehen hat, wird das Bild der schmutzigen Tiere nicht vergessen. In der Natur würde dies nie vorkommen. Statt im Wasser zu schwimmen sind die Tier gezwungen, auf Gitter- oder Spaltenböden zu hocken, an denen sie ihre Paddel verletzen.
Mit amputierter Schnabelspitze im Dauer-Dämmerlicht
Das Gedränge und die Dichte in den Hallen, die schlechte Luft und der Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten führen bei den Enten zu Verhaltensstörungen wie Federrupfen oder Kannibalismus. Besonders tritt das bei Moschusenten auf, die sehr territoriale Tiere sind. Diese Tatsache führt aber nicht zu besseren Haltungsbedingungen, sondern zu einer weiteren Verschlechterung: Um die Tiere möglichst ruhig zu stellen, sind die Ställe – ähnlich wie in der Schweinemast – abgedunkelt. Zudem werden den Enten Schnäbel und Krallen gekürzt. Das Schnabel-Coupieren ist besonders schmerzhaft, da die Spitze mit vielen Nerven durchzogen ist. Das sensible Tastorgan der Tiere wird so nachhaltig verletzt.
In Österreich sind bis zu 25 kg Enten oder 15 kg Gänse pro m² erlaubt. Bademöglichkeiten in den Stallanlagen sowie vereinzelter Auslauf ins Freie sind bei Wassergeflügel zwar vorgeschrieben, aber die Grundbedürfnisse der Tiere können dennoch bei Weitem nicht ausgelebt werden. Ein winziges Becken, das nur wenige Zentimeter mit Wasser gefüllt ist, ist sicher nicht „wassergeflügelgemäß“. Die Biohaltung unterscheidet sich vor allem in der Fütterung der Tiere. Die Auslaufgröße, die Besatzdichte in Ställen und das etwas längere Leben sind nur etwas besser als in der konventionellen Haltung. Wer die Vorstellung hat, dass die Tiere hier mit dem Schnabel im Wasser nach Insekten tauchen, sich im Sand wälzen oder glücklich mit ihren Küken im Schlepptau über die Wiese laufen können, muss enttäuscht werden.
Aber wie gesagt, der Großteil des in Österreich verspeisten Entenfleisches stammt ohnehin aus dem Ausland, etwa aus Deutschland. Die Tierrechtsorganisation Animal Equality hat etwa in einem Mastbetrieb in Brandenburg massive Tierquälerei aufgedeckt.
In der Intensivmast werden die Enten nach sechs bis zwölf Wochen werden sie zusammengetrieben, in Boxen „verpackt“ und zum Schlachthof transportiert, wo der Tod am Förderband auf sie wartet. Ihre natürliche Lebenserwartung wäre zwischen 15 bis 20 Jahren.
Gänse: geschunden und gerupft bis zum Tod
Martinigansl im Traditionsgasthaus oder Weihnachtsgänsebraten zu Hause: Dahinter steckt meist unendliches Tierleid. 78% des in Österreich verzehrten Gänsefleisches stammt aus dem Ausland. Die Intensivhaltung ist die profitabelste Haltungsform der Tiere und so werden oft Billigprodukte aus anderen EU-Mitgliedsländern wie Ungarn oder Frankreich importiert.
Importiertes Qualfleisch
Die befruchteten Eier werden in Brütereien ausgebrütet. Nach dem Schlüpfen werden die Jungen nach Geschlecht getrennt und landen anschließend in speziellen Aufzuchtställen – ihre Mütter bekommen sie nie zu Gesicht. Die Gänse müssen ihr kurzes Leben in Betrieben mit engen, dunklen Käfigen absitzen – oder im etwas besseren Fall in dicht gedrängter Bodenhaltung. Die Besatzdichte in den riesigen Hallen ist enorm. Auslauf gibt es in den seltensten Fällen. In der Natur gehen die Gänse meist lebenslange Partnerschaften ein – in der Massentierhaltung ist dieses natürliche Verhalten unmöglich. Dem nicht genug, werden die Gänse häufig auch noch bei lebendem Leib gerupft, um auch noch das Letzte aus dem geschundenen Körper herauszuholen. Siehe dazu unseren Artikel Die blutige Spur der Daunen.
Ein krankes Organ als Delikatesse
Dem noch immer nicht genug, werden die Tiere auch noch für ein drittes Gänse“produkt“ aufs schwerste misshandelt: für die Gänsestopfleber oder Foie Gras, eine sogenannte „Delikatesse“, die noch immer in nicht wenigen Restaurants auf der Speisekarte steht. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine krankhaft veränderte Leber eines gefolterten Lebewesens. Mit Gewalt wird den Gänsen mehrmals täglich ein Metallrohr in den Hals gesteckt, durch das sie mit riesigen Mengen (der fünffachen Menge der normalen Nahrungsaufnahme) zwangsgefüttert werden – eine schmerzhafte und traumatisierende Prozedur. Das geschieht so lange bis die schmerzende Leber der Tiere sich bis auf das Zehnfache vergrößert hat (manchmal reißt die Leber sogar und die Tiere sterben qualvoll.
Obwohl in Österreich und einigen anderen EU-Ländern die Erzeugung von Gänsestopfleber verboten ist, dürfen Stopfleberprodukte legal importiert und verkauft werden. Diese stammt aus Frankreich, Ungarn, Bulgarien, Spanien oder Belgien.
Wo ist das Wasser?
Gänse sind Wasservögel. Die meiste Zeit des Tages verbringen sie zwar an Land. Sie weiden auf Wiesen und fressen dort Kräuter und Gräser, aber auch Obst, Gemüse und Getreidekörner. Dennoch benötigen sie eine Gewässer in der Nähe. Auch im Wasser wird gegründelt und der Boden nach Pflanzen abgesucht. Und auch für die Gefiederpflege ist Wasser unerlässlich.
In der Massentierhaltung können Gänse von all dem nur träumen. Wesentlich besser haben es Weidegänse. In Österreich gibt es einige Weidegans-Betriebe, auf denen ein ständiger Auslauf garantiert ist. Nur bei Bio-Gänsen ist auch ein Zugang zu Wasser verpflichtend vorgeschrieben.
Das Leid der Puten: ohne Platz und ohne Schnabelspitze
Aufgrund von BSE-Skandalen, Rückständen von Antibiotika im Fleisch oder aus gesundheitlichen Gründen steigen immer mehr Leute von Schweine- und Rinderfleisch auf Putenfleisch um. In den Köpfen der Menschen hat sich Putenfleisch als fettarm, gesund und „natürlich“ verankert. Von Tag eins an hat das Leben einer Mastpute allerdings nichts mit Natürlichkeit zu tun.
Brutautomaten und Fließbänder
Die Eier werden massenweise in Fabriken von Maschinen automatisch ausgebrütet. Um sicherzustellen, dass immer ausreichend Nachkommen zur Verfügung stehen, wurden die weiblichen Tiere vorher künstlich besamt. In der Natur kümmern sich die Muttertiere nach dem Schlüpfen noch mehrere Monate liebevoll um ihre Jungen. Diese mütterliche Zuneigung und Liebe erleben sie in den Massenbetrieben nicht – hier werden die frischgeschlüpften Küken nach Geschlecht getrennt und landen schnurstracks auf dem Fließband.
Als wäre dies nicht schon stressig genug für die kleinen Küken, wird ihnen anschließend die Schnabelspitze abgeschnitten, um Kannibalismus und Federpicken zu verhindern. Eine Verhaltensweise, die sie nur aufgrund der enormen Dichte in den Massentierhaltungsställen entwickeln. Die Beschneidung ist sehr schmerzhaft, da die äußerste Schnabelspitze intensiv durchblutet und von Nerven durchzogen ist. Die Amputation verursacht nach den akuten in der Folge chronische Schmerzen, zudem ist ein wichtiger Körperteil versehrt. Sensible Funktionen wie Nahrungsaufnahme, Gefiederpflege, Such- und Tastbewegungen können nur mehr unzureichend erfüllt werden.
Ihr Zuhause: Überfüllte Hallen mit Kunstlicht
Die konventionelle Putenhaltung für die Fleischproduktion findet in sogenannter Bodenhaltung statt. Hier leben tausende Tiere eng zusammengepfercht und ihre Stallungen sind oft auf mehrere Etagen verteilt in riesigen Hallen, die ausschließlich mit künstlichem Licht beleuchtet werden. Wenn sie Glück haben landen sie in sogenannten Offenställen, wo sie zumindest das Tageslicht zu Gesicht oder eine Brise Wind zu spüren bekommen. Die Besatzdichte in den Hallen wird üblicherweise nicht in Tieren sondern in Kilogramm pro Quadratmeter gemessen – das Wohlergehen der Tiere ist nebensächlich und im Vordergrund steht eine möglichst schnelle Gewichtszunahme ganz nach dem Motto Zeit ist Geld. Bis zu 40kg Puten pro m² drängen sich in Österreich dicht aneinander – Beschäftigungsmöglichkeiten und Ruheplätze gibt es nicht. Die hohe Besatzdichte führt dazu, dass sich die Tiere in ihren letzten Lebenswochen praktisch nicht mehr bewegen können.
Von Natur aus sozial und bewegungsfreudig
In der Natur verbringen Puten (auch Truthähne genannt) etwa 50% ihrer Zeit mit der Nahrungssuche, das Angebot von pelletiertem Fertigkraftfutter zur raschen Gewichtszunahme erfüllt das Beschäftigungsbedürfnis der Tiere nicht annähernd. Grundbedürfnisse der Tiere sind ihr komplexes Sozialwesen, Körperpflege, Ruheverhalten, verschiedene Bewegungsarten wie Flattern und Laufen sowie diverse Techniken der Nahrungssuche und -aufnahme, wie Scharren, Picken und Hacken. All diese Triebe können sie in der Intensivmast nicht ausleben. Die mangelhaften Haltungsbedingungen und hohen Besatzdichten führen deshalb regelmäßig zu einer Reihe von Erkrankungen und Verletzungen.
Am besten treffen es Puten die in einem Bio-Freilandbetrieb aufwachsen. Hier hausen – verglichen zur Bodenhaltung – etwa halb so viele Tiere pro m² und ab der achten Lebenswoche wird ihnen untertags uneingeschränkter Zugang ins Freie ermöglicht. Ausschließlich in der kontrolliert biologischen Tierhaltung ist ein Mindestmaß an Möglichkeiten, ihr artnatürliches Verhalten auszuleben, garantiert. In der konventionellen Mastputenhaltung kommt Freilandhaltung praktisch nicht vor. Aufgrund der Körpergröße der Tiere muss der Auslauf dementsprechend weitläufig und strukturiert sein.
Der Selbstversorgungsgrad mit Putenfleisch liegt in Österreich übrigens bei 45%, der Rest der Fleischwaren von Pute bzw. Truthahn wird importiert.
Endstation Schlachthof
Ob Bio- oder Bodenhaltung, Ente, Gans oder Pute – die letzte Station ist für alle die gleiche. Das Schlachtalter variiert und ist sowohl vom Geschlecht als auch der Züchtung und Haltungsart abhängig.
Auch am Schlachthof ist Zeit Geld – deshalb gibt es mehr oder weniger ausgeklügelte Systeme, um die Tiere zu töten. Für alle Methoden gilt: Puten, Enten und Gänse erleben auch auf ihrem letzten Gang die Hölle auf Erden und dass der Mensch, sie wie gefühllose Maschinen behandelt. Nach dem Transport in engen Plastikboxen werden sie meist mit CO2 betäubt. Alles läuft maschinell, deshalb werden immer wieder nicht oder nicht richtig betäubte Tiere übersehen. Sie werden bei vollem Bewusstsein kopfüber an ein Förderband (Schlachtband) aufgehängt. Dieses bewegt die Tiere durch die weiteren Maschinen-Stationen: durch ein Wasserbad, in dem sie einen Elektroschock erhalten und weiter bis zum Halsschnittautomaten, in dem ihre Halsschlagader durchtrennt wird. Unmittelbar danach beginnt das Entbluten. In kleineren Betrieben werden die Tiere auch ohne Betäubung durch einen Schlag auf den Kopf betäubt.
Wird Geflügel durch Halsschnittautomaten entblutet, so muss häufig manuell eingegriffen werden, denn die Automatik versagt des öfteren. Dies geschieht allerdings meist unbemerkt und die Tiere müssen still unter fürchterlichen Schmerzen leiden bis ihr Herz endlich zu schlagen aufhört.
Quellen und weiterführende Links
- Zentrale Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft
- Deutscher Tierschutzbund über die industrielle Mast von Enten und Gänsen
- Bio Austria zur Geflügelhaltung
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