… und wenn es doch Liebe ist?

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2019. Einige Informationen könnten veraltet sein.

Was steckt hinter der einzigartigen Verbindung zwischen Hund und Mensch? Ist es eine Jahrtausende alte Zweckgemeinschaft zum beiderseitigen Nutzen oder die Intelligenz des Hundes, sich an den Menschen anzupassen? Oder ist es schlicht und einfach Liebe? Der Wissenschaftler Clive Wynne untermauert diese These mit Fakten aus Genetik und Verhaltensbiologie und bestätigt letztendlich das, was HundefreundInnen immer schon wussten: Hunde lieben uns mit jeder Faser ihres Körpers und lehren uns, es genau so zu tun.

Diese „neue“ Erkenntnis ist für jemanden, der schon lange mit Hunden zusammen lebt und über Empathie verfügt, nicht neu. Erstaunlicher ist es hingegen, dass dieses Wissen nun auch endlich in der Wissenschaft angekommen ist.

Hypersozialität oder Liebe?

Einleitend beschreibt der Autor ein klassisches Beispiel dieser hündlichen Liebe zu seinen Menschen: die Wiedersehensfreude. Die Forschung zu Hundeverhalten und ihrer einzigartigen Verbindung zum Menschen wurde erst seit Ende der 1990er Jahre wieder aufgenommen, mit u.a. der Theorie, dass Hunde kognitive Eigenschaften haben, die es ihnen ermöglichen, Menschen zu verstehen und ideale Begleiter für diese zu sein. Clive Wynne gab sich mit dieser rationalen Betrachtung nicht zufrieden und forschte weiter bis zu den emotionalen Hintergründen, die jede/r HundefreundIn kennt: Hunde sind in der Lage, exzessiv zu lieben und das auch offen zu zeigen – der Autor bezeichnet dies im Fachjargon als Hypersozialität, traut sich aber, es auch im wissenschaftlichen Kontext Liebe zu nennen. Und noch mehr: Es wäre seiner Ansicht nach unethisch, dieses starke Bedürfnis von Hunden nach Liebe zu ignorieren. Es muss genauso erfüllt werden wie ihnen gesunde Nahrung und Bewegung zu geben.

In sieben Kapiteln beleuchtet der Psychologe und Experte für Hundeverhalten die Hintergründe dieser einzigartigen Hundeliebe, angefangen mit Xephos, seinem Schützling aus einem Tierheim. Persönliche Erlebnisse werden mit wissenschaftlichen Erkenntnissen derselben Zeit verbunden. Weiter geht es mit der Frage, was Hunde so besonders für uns macht und Beweisen, dass sie sich um uns sorgen. Weitere Kapitel sind „Mit Leib und Seele“, „Ursprünge“, „Wie Hunde sich verlieben“ und „Hunde verdienen Besseres“. Ergänzt wird das Buch durch schöne Schwarz-Weiß-Illustrationen von Leah Davies von Fotos vom Autor uns seiner tierlichen Begleiter.

Der Autor wird von einem Wolf begrüßt (Illustration: © Leah Davies)

Wer Hunde verstehen will, muss lieben können

Als LeserIn bekommt man Einblick in weltweite universitäre Forschungen ohne sich durch trockene wissenschaftliche Literatur wälzen zu müssen. Im Übrigen, wie es sich für einen Wissenschaftler gehört, sauber zitiert, allerdings ohne den Textfluss zu sehr zu behindern. Der Professor traut sich auch, seine eigenen Schwierigkeiten auf seiner Reise zur offiziellen Anerkennung der Liebe der Hunde zum Menschen anzusprechen und bringt viel Persönliches mit ein. Eine angenehme Mischung aus Geschichten, wissenschaftlichen Fakten und Versuchsanordnungen mit Hunden und auch Wölfen sowie seiner Verantwortung, den Hunden und ihrer unbändigen Liebe einen menschlichen Ausdruck zu verleihen.

 

Fazit des Autors:

Wir sollten uns um unsere Hunde kümmern, weil sie es verdienen. (…) Von einem Hund geliebt zu werden ist ein großes Privileg, vielleicht eines der schönsten im Leben eines Menschen. Dessen sollten wir uns würdig erweisen.

Ein großes Lob an den Autor, den Mut zu haben, als Wissenschaftler etwas so Offensichtliches und Wichtiges anzuerkennen wie Liebe und es nicht als abwegige Sentimentalität (so beschreibt er selbst den üblichen Umgang mit dem Thema in wissenschaftlichen Kreisen) abzutun, um seine Karriere und fachliche Anerkennung nicht zu gefährden.

Was leider untergeht ist, dass auch Verhaltensexperimente mit Tieren Tierversuche darstellen und beispielsweise Hunde- oder auch Wolfswelpen für derartige Studien absichtlich viel zu früh von ihren Müttern getrennt und von Menschen per Hand aufgezogen werden. Das alles, um vergleichbare Aufzucht zu gewährleisten und die Ergebnisse „wissenschaftlich“ zu machen. Gerade für Wesen, für die Liebe und emotionale Bindung so wichtig ist, wohl ein großer Einschnitt in einem prägenden Lebensabschnitt mit individuellen Folgeerscheinungen…

… und wenn es doch Liebe ist?

Neues zur Hund-Mensch-Beziehung

Clive Wynne
Kynos Verlag
288 Seiten
€ 24,95
ISBN: 978-3-95464-205-2

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Ein Artikel von Irene
veröffentlicht am 15.12.2019
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