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6 Argumente gegen Bedenken zum Tempolimit 100

Verbote sind im Allgemeinen nicht sehr beliebt. Wenn sie dann auch noch den Alltag vieler Menschen – das Autofahren im Besonderen –  betrifft, blocken viele Menschen komplett ab. Falls du zu den Mutigen gehörst, die sich trotzdem argumentativ dagegenstellen möchten, haben wir die Gegenargumente zu dem häufigsten Bedenken für dich recherchiert.

Bei Familientreffen geraten oft sehr unterschiedliche Meinungen aneinander. Da ist es gut, wenn man gute Argumente parat hat. (Foto: Pexels, Askar Abayev)

„Dann bin ich viel langsamer in der Arbeit“

Vorab: Natürlich brauche ich länger, wenn ich mit 100 km/h anstatt mit 130 km/h fahre. Aus mathematischer Sicht wird jedoch deutlich, dass sich die tatsächliche Zeitersparnis in Grenzen hält. Für eine Strecke von ca. 20 Kilometer benötigt man bei Tempo 100 12 Minuten, etwas mehr als 9 Minuten bei Tempo 130 (Umweltbundesamt). De facto komme ich bei dieser Strecke also nur 3 Minuten früher in die Arbeit. Hinzu kommt, dass die Dauer bis zur Arbeit sowie die Geschwindigkeit, die ich fahre, wesentlich vom Verkehr beeinflusst werden. Eine niedrigere Geschwindigkeit kann dazu beitragen, den Verkehrsfluss zu verbessern. Das führt wiederum zu weniger Staus und weniger Zeit, die man im Auto verbringt. Überholen von LKWs gestaltet sich mit niedrigerer Geschwindigkeit wesentlich angenehmer – weniger Abbremsen, weniger Beschleunigen, mehr Konstanz. Fazit, man braucht bei niedrigerer Geschwindigkeit nicht notwendigerweise länger. Ergänzend sei auch noch erwähnt – die Kategorie „nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit“ stellt mit 22,7 Prozent die zweithäufigste Ursache für tödliche Verkehrsanfälle dar.

Bringt das wirklich was fürs Klima?

Tempo 100 auf Autobahnen wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die Umwelt und auf das Klima aus. Diese Maßnahme trägt zur Verringerung des CO2-Ausstoßes, der Lärmbelästigung und der Luftverschmutzung bei. Konkret fällt der CO2-Ausstoß bei einer Fahrt mit Tempo 100 statt 130 um bis zu 23 Prozent niedriger aus. Aufs Jahr hochgerechnet, bewirkt das eine Gesamtreduktion von etwa 460.000 Tonnen CO2 für Österreich. Zudem senkt eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit die Attraktivität des Automobils. In Verbindung mit anderen Maßnahmen wie dem Klimaticket werden öffentliche Verkehrsmittel wie Bahn und Bus attraktiver. Dies wirkt sich in weiterer Folge wiederum positiv auf das Klima aus – weniger Autofahren, weniger Verkehr, weniger Treibhausgasemissionen. In Verbindung mit Tempolimits von 80 km/h auf Freilandstraßen und 30 km/h im Ortsgebiet ist Tempo 100 auf Autobahnen zweifelsfrei die effizienteste Maßnahme zur Reduktion verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen.

„Die Klimakrise ist ein globales Problem. Österreich allein kann da wenig ausrichten“

Österreich wird die globale Klimakrise natürlich nicht alleine lösen können. Länder wie die USA, China oder Brasilien beeinflussen das globale Klima in weitaus größerem Umfang. Betrachtet man jedoch die Pro-Kopf-Emissionen liegt Österreich vor China und Brasilien. Außerdem trägt Tempo 100 zu einer lokalen Umweltentlastung bei: weniger Schadstoffe, weniger Treibstoffverbrauch und weniger Lärm. Konkret emittiert ein PKW bei Tempo 100 statt 130 durchschnittlich um 49,7 Prozent weniger Stickoxide und um 34,2 Prozent weniger Feinstaub (Umweltbundesamt). Dies hat positive Auswirkungen auf die Anzahl chronischer Krankheiten wie Lungen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die eine indirekte Folge von Stickstoffemissionen und Feinstaubbelastungen darstellen. Darüber hinaus sinkt der Lärmpegel auf der Autobahn. Und auf den Bau von Lärmschutzwänden verzichten zu können, schont zudem Ressourcen.

Erhöht sich nicht die Ermüdungsgefahr bei Tempo 100, wodurch die Autobahn gefährlicher wird?

Nein. Das Fahren mit höheren Geschwindigkeiten bewirkt zwar zunächst eine erhöhte Konzentrationsleistung. Die damit verbundene mentale Aktivierung ist aber nur von kurzer Dauer. Denn prinzipiell gilt, der mentale Aufwand des Einzelnen ist bei hohen Geschwindigkeiten höher, weil man weniger Zeit hat, auf andere Fahrzeuge und Schilder zu achten. Dies führt zu einer höheren sensorischen Last und schnelleren Ermüdung. Die Tagesverfassung der fahrenden Person spielt in diesem Kontext auch eine Rolle, ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir alle eine beschränkte Kapazität an Aufmerksamkeit und Konzentration haben und diese wird bei höheren Geschwindigkeiten rascher verbraucht. Ablenkung und Unachtsamkeit ist laut BMI (Stand 2022) mit 25,6 Prozent die häufigste tödliche Unfallursache in Österreich.

„Die meisten Unfälle passieren doch auf anderen Verkehrsrouten und nicht auf Autobahnen.“

Zunächst trifft es tatsächlich zu, dass sich der Großteil der tödlichen Verkehrsunfälle nicht auf Autobahnen, sondern auf ehemaligen Bundesstraßen und Landesstraßen ereignet. Dies ändert aber nichts an den unzähligen vermeidbaren Unfällen auf Autobahnen. Der Anhalteweg (Reaktionsweg plus Bremsweg) beträgt bei Tempo 100 mit rund 74 Meter um 49 Meter weniger als bei Tempo 130 mit 123 Metern. Anstelle eines Stillstands nach 74 Metern fährt das Auto beim derzeitigen Tempolimit noch mit 97 km/h weiter. Auffahrunfälle bei dieser Geschwindigkeit enden in vielen Fällen tödlich. Dementsprechend würde mit einem niedrigeren Tempolimit die Verkehrssicherheit steigen. Das geht besonders aus der deutlich geringeren Zahl von Verkehrstoten aus Ländern mit ohnehin schon niedrigeren Tempolimits wie Schweden oder Schweiz hervor. In Verbindung mit zusätzlichen Tempolimits von 80 km/h auf Freilandstraßen und 30 km/h im Ortsgebiet ist es die wirkungsvollste Maßnahme zur Minimierung der Zahl der Verletzten und Getöteten im Straßenverkehr.

„Schnellfahren macht einfach Spaß“

Das mag vielleicht für einige zutreffen. Ist es wert für ein bisschen Spaß, unsere Zukunft aufs Spiel zu setzten? Außerdem macht Sparen doch auch Spaß. Laut Umweltbundesamt bewirkt eine Senkung der maximal zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h auf Autobahnen eine Reduktion des Spritverbrauchs von 180 Millionen Liter pro Jahr. Und bei sinkender Nachfrage sinken auch die Preise. Dies wäre vor allem in Anbetracht der aktuellen Energiekrise und den teilweise exponentiell steigenden Preisen, Balsam für die Autofahrerseele. Ergänzend hat man bei geringerem Tempo mit einer Tankfüllung eine höhere Reichweite. Halten wir fest – die Spritpreise sinken, weniger Spritverbrauch, Tankfüllung hält länger – das macht wirklich Spaß. Apropos Kosten, diese würden auch deshalb sinken, weil wir dann weniger Straßen bauen und reparieren müssten. Denn mit Tempo 100 bringt man in der Praxis mehr Autos von A nach B als mit höherem Tempo und die Fahrbahn nutzt sich weniger schnell ab.

 

Natürlich kann die Reduktion der Höchstgeschwindigkeit nicht die einzige Maßnahme für die Reduktion unserer Treibhausgasemissionen sein. Sie aber ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Sprechen wir mit unseren Onkeln, Nachbarinnen und Bekannten darüber.

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Ein Artikel von Benedikt Schweigl
veröffentlicht am 19.04.2023
Als Student der Politikwissenschaft beschäftige ich mich mit Machtverhältnissen in den unterschiedlichsten Konstellationen. Ein besonderes Interesse habe ich dabei an unterschiedlichen Ansätzen, die ungleiche Machtverhältnisse herausfordern, wie fairer Handel oder Anti-Speziesismus.
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