Wie läuft WOOFing ab? – ein Erfahrungsbericht


Durch die Arbeit am Hof sieht man die Landschaft aus ganz anderen Gesichtspunkten und Winkeln (Foto: Levente Koltai)
Urlaub anders
Ich war im April zwei Wochen lang auf Sizilien “wwoofen”. Dieser Begriff steht für “Arbeit auf einem Hof im Gegenzug für drei Mahlzeiten und ein sauberes Zimmer” und ist mittlerweile schon weit verbreitet. Manchen erscheint es aber eigenartig, dass man in ein fernes Land reist, um dort ohne Gehalt zu arbeiten. Landwirtschaftliche Arbeit erfordert ja einiges an körperlicher Fitness und kann sehr monoton sein. Außerdem sieht man nicht viel vom Land, da man nur wenig vom Tag zur Verfügung hat und ein viel zu kleines Fahrrad, mit dem man die Umgebung erkunden kann. Und nach zwei Wochen bei einer rein italienischsprachigen Gastfamilie hatte ich ein sehr starkes Bedürfnis nach einem schönen Gespräch in einer Sprache, in der ich mehr als nur elementare Bedürfnisse ausdrücken kann. Es war Balsamico für meine Seele, als ich einer Gruppe amerikanischer Pensionisten auf Englisch den Hof zeigen und Frage und Antwort stehen durfte!
Einblick in das Leben der Menschen
Klingt eigentlich nicht wie ein entspannter Urlaub … Trotzdem wwoofe ich immer wieder und bin überzeugt, dass es eine der schönsten und lohnendsten Arten ist, ein Land, seine Kultur und Menschen kennenzulernen. Natürlich, Sizilien ist gespickt mit wunderschönen Städten und Landschaften. In zwei Wochen kann man eine schöne Runde machen, überall zwei Tage bleiben: Palermo, Ragusa, Siracusa – Kirche, Pizza, Gelato und weiter gehts. Man hat dann ganz Sizilien gesehen. Aber man hat nicht den Einblick in den Alltag der Menschen, in ihre Gewohnheiten, die Siesta bis halb 5 am Nachmittag und dass sie sehr schnell Auto fahren, aber sehr langsam gehen. Jessica, die Bäuerin am Hof, kommt aus Norditalien und hat daher einen ganz anderen Blick auf die Insel und die Menschen als Raoul, der aus dem Nachbarort stammt. Das Verhältnis zum Festland-Italien ist traditionell schwierig, Sizilianerin zu werden, daher ein längeres Projekt. Darüber haben wir viel gesprochen.
Einfach das Hirn abschalten
Man lernt nicht nur die Region kennen, sondern sich selbst im Kontext landwirtschaftlicher Arbeit. Man wird eingewiesen in die Tätigkeiten. Aber selbst wenn man schon Erfahrung hat, ist jeder Hof und die Vorstellungen der Betreibenden anders. Das heißt erst mal tun, was einem gesagt wird. Für mich ist das sehr angenehm, mir nicht viel überlegen zu müssen und trotzdem etwas dabei zu lernen. Konkret habe ich in den zwei Wochen an Hochbeeten gebaut, jeweils ca. 15 Meter lang und ca. einen breit und gefüllt mit Ästen und alter Palmenrinde sowie Palmfaser als Nährstoffgrundlage. Dies erforderte viel Arbeit mit Schaufel und Schubkarre. Aber selbst das fiel mir leicht, inmitten des bis zum Horizont reichenden Blumenmeeres! Der zweite Teil war die Verlegung eines Bewässerungssystems für ein 1 Hektar großes Feld. Viereinhalb Stunden pro Tag haben wir Schläuche verlegt. Das war die maximale Arbeitszeit pro Tag an diesem Hof, jeden Tag von 08:00 bis 12:30. Die Arbeitszeiten sind am besten im Vorhinein abzuklären, denn der Verein WWOOF gibt nicht wirklich genaue Grenzen vor, auch nicht, ob es einen freien Tag zwischendurch gibt. Es war dann am Osterwochenende auch jede Menge zu tun. Aber so ist das auf einem Bauernhof, ausruhen ist Luxus.

Karton, zerbrochene Äste, Palmenrinde sowie Palmenfasern und verrottete Palmerde werden im Hochbeet aufgeschichtet, wo später Bohnen und anderes Gemüse gedeihen werden (Foto: Levente Koltai)
Auf den Geschmack gekommen?
Es gibt einige große Plattformen, die Vermittlung anbieten. Die Palette reicht von Unterricht und Organisation an Schulen, örtliche Gemeinschaftsprojekte, NGOs bis zu Mitarbeit in Hostels. Zu diesen Angeboten findet man viel bei Workaway und HelpX. Wer sich eher für Landwirtschaft interessiert, ist bei WWOOF richtig. Alleine in Italien finden sich an die 800 Höfe, die helfende Hände suchen. Weltweit sind es tausende, über fast ganz Europa, USA, Kanada und Brasilien bis Nigeria, Tansania und Indonesien. Es lassen sich viele Suchfaktoren filtern, zum Beispiel ob es vegane Verpflegung vor Ort oder Tiere am Bauernhof gibt. Wer es ganz regional haben möchte, kann bei „Freiwillig am Bauernhof“ direkt in Österreich Bäuerinnen und Bauern bei der Arbeit unterstützen.