Die Klimakatastrophe bedroht heute schon fast alle Regionen auf der Erde. Tiere und Pflanzen sind vor große Herausforderungen gestellt. Noch können sie neue Lebensräume erobern oder sich biologisch anpassen. Doch bei vielen Arten hat das große Aussterben bereits begonnen. Wie wichtig die Kenntnis über die Biologie dahinter ist, die Bewahrung der Diversität und was wir für eine intakte Natur der Zukunft tun können, das beschreibt der Biologe Bernhard Kegel in seinem neuen Buch.

Um sich ein Bild davon zu machen, was uns bei der prognostizierten Erwärmung erwartet, muss man in die Vergangenheit schauen (Foto: Pexels, Mirko Kuzmanovic)

Wieviel Alarmismus ist sinnvoll?

Vor Kurzem hat Konrad Paul Liessmann, Österreichs aktuell prominentester Philosoph, im Radiointerview, den “Alarmismus” der Klimaretter kritisiert. Man sollte schon etwas gegen die menschengemachte Erderwärmung tun, aber muss das denn so schrill und laut sein? Schließlich vergraule man sich damit Teile der Öffentlichkeit und spalte die Gesellschaft. Also bitte schön: Mit “Die Natur der Zukunft” von Bernhard Kegel liegt ein Buch zum Thema “Climate Change Biology” vor, in welchem der Wissenschaftsautor und leidenschaftlicher Naturliebhaber in sehr besonnener und fundierter Art aufzeigt, wie viel in der Natur sich aufgrund menschlicher Einflüsse schon verändert hat und wie es der Flora und Fauna und uns selbst ergehen könnte, wenn wir nicht bald einschneidende Maßnahmen der Rettung ergreifen. Eines schon vorweg: Ein gewisser “Alarmismus” ist angebracht.

Der Klimawandel ist längst eine allgegenwärtige Tatsache, gut erforscht und beschrieben. Und es wird sich vieles im Leben der Menschen der nächsten Generationen ändern, wenn wir nichts unternehmen, um die Erwärmung abzumildern, das zeigen wissenschaftliche Modelle sehr deutlich. Um sich ein Bild davon zu machen, was uns bei einer prognostizierten Erwärmung von 2 Grad Celsius bis 2100 erwartet, muss man in die Vergangenheit schauen. Die Erde hat schon einige klimatische Schwankungen durchgemacht, wenn auch meist in viel längeren Zeiträumen als jetzt. Vor 2 Millionen Jahren war es schon einmal ähnlich heiß, also 2 Grad mehr als heute. Das klingt nach wenig, aber global gesehen ändert es alles. 

Häufige Dürren und Wetterextreme bedrohen großflächig Lebensräume (Foto: Pixabay, Chil Vera)

Climate Change Biology – unser Wissen für die Rettung

Um der Klimakrise besser entgegenwirken zu können und unsere Umwelt auch für den Menschen (über-)lebbar zu erhalten, müssen wir über die Grundlagen der Veränderungen und die Fähigkeiten der Pflanzen und Tiere, sich anzupassen, Bescheid wissen. Das vorliegende Buch “Die Natur der Zukunft – Tier- und Pflanzenwelt in Zeiten des Klimawandels” behandelt auf sehr detailreiche und auch für Laien verständliche Weise die beobachtbaren Veränderungen in der Natur. Bernhard Kegel ist Chemiker, Biologe und Autor von wissenschaftlichen Sachbüchern sowie von spannend erzählten Romanen. Diese haben durchwegs starken Bezug zu Pflanzen und Tieren und sind nicht nur gut geschrieben, sondern wissenschaftlich fundiert und lehrreich.

Bereits jetzt sind die Veränderungen in der globalen Fauna und Flora sichtbar, die sich schon seit einiger Zeit an den Temperaturanstieg anpasst und verändert. Arten werden aus ihrem Habitat vertrieben und neue tauchen auf. Durch die Erwärmung werden Tiere in Richtung des kühleren Nordens getrieben. Es finden sich daher schon gehäuft Fische in Regionen, wo diese bisher nicht vorkamen, in Nordeuropa Insekten, welche man nur aus dem Süden kennt. Manche Tiere und Pflanzen haben die biologischen Anlagen, um sich an neue Bedingungen zu gewöhnen oder neue Lebensräume zu erschließen. Sie werden für gewisse Zeit von den Vorgängen profitieren. Andere sind standortabhängig und sterben aus, zum Beispiel Amphibien, welche ohne die von der Hitze ausgetrockneten Gewässer nicht überleben können. Diese Veränderungen werden sich verstärken, wenn die Hitzeperioden länger und heißer werden, Wetterextreme wüten und sich die Temperaturzonen der Gewässer und ihre chemische Zusammensetzung verändern. Die Natur als Ganzes wird überleben, so wie sie es schon öfter in der Erdgeschichte getan hat. Es wird die Natur der Zukunft sein, eine andere als wir sie heute kennen. 

Aussterben verhindern – Diversität bewahren

Bernhard Kegel beschreibt, wie wichtig es ist, die Vielfalt der Ökosysteme zu bewahren. Denn durch die Diversität, das zeigt er anschaulich an früheren erdgeschichtlichen Klimaveränderungen, “erwächst die Widerstandskraft der Ökosysteme”. Die Natur war schon immer klimatischen Herausforderungen ausgesetzt und hat sich erfolgreich angepasst. Doch sollte das kein Grund sein, dass die Menschen nicht an ihrem Verhalten ändern. Dann vieles könnte, vom Menschen verursacht, auch auf lange Zeit zerstört werden. So zum Beispiel die verletzlichen Lebensräume in den Ozeanen und die weltweit immer kaputteren Wälder. 

Oft sind uns die Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Arten von Pflanzen und Tieren gar nicht bewusst. Jedoch hängen diese meist direkt aneinander wie an einem seidenen Faden. Wenn etwa Zugvögel den beschwerlichen Flug zurück in den Norden aus klimatischen Gründen früher antreten, aber die üblichen Pflanzen nicht mehr vorfinden, welche sie zur Versorgung ihrer Brut benötigen, gerät das filigrane ökologische System ins Wanken. Kleine Veränderungen in einem Bereich haben große Auswirkungen in einem anderen und noch können wir nur mutmaßen, wie sie sich in Zukunft auswirken.   

Der Mensch hat die Natur schon immer im großen Stil beeinflusst, etwa durch die Abholzung der Wälder und somit die Schaffung von Wiesen und Ackerrändern, Lebensräume für neue Arten. Zusätzlich hat die Verschleppung von Arten aus anderen Kontinenten und Klimazonen auch zum Einzug neuer Arten gesorgt. Viele Tiere und Pflanzen, welche wir für selbstverständlich in unseren Breitengraden halten, sind vor Jahrhunderten künstlich angesiedelt worden. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes und wir können aus deren Verhalten auch Erkenntnisse für die zukünftige Situation ableiten. Doch ist die aktuelle Erderwärmung ein Szenario, welches alles uns bekannte in den Schatten stellt. Die Veränderungen, welche wir durch unseren hemmungslosen Raubbau ausgelöst haben, könnten diesmal katastrophal für die Erde sein.  

Menschengemachtes CO2 ist der größte Verursacher der Erderwärmung (Foto: Pexels, Daryana Vasson)

Fazit

Das vorliegende Buch ist eine sehr anschauliche und eingängige Darstellung dessen, was uns erwartet, sollten wir nicht genug tun, um die Erderwärmung zumindest ein wenig aufzuhalten. Seine wissenschaftlich fundierten Fakten und Darstellungen der Zusammenhänge sprechen für sich: Es ist notwendig, sofort zu handeln und an unserer Lebensweise global etwas zu ändern, wenn wir die Ökosysteme im Gleichgewicht behalten wollen. Vor allem für uns Menschen wird es sonst sehr ungemütlich. Bernhard Kegel macht das ohne Schuldzuweisungen, leise, mit den Mitteln eines begnadeten Autors. Doch ist es in Anbetracht dessen, dass zu viele Menschen und die Politik nicht zu verstehen scheinen, was hier auf uns zukommt, fraglich, ob hier die leisen Stimmen der besonnenen Mahnerinnen und Mahner ausreichen werden.

 

Die Natur der Zukunft – Tier- und Pflanzenwelt in Zeiten des Klimawandels

Bernhard Kegel

384 Seiten

DuMont Buchverlag

ISBN 978-3-8321-8138-3

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Ein Artikel von Levente
veröffentlicht am 23.05.2023
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