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Lederschuhe sind sowas von gestern – Teil 1: Die globale Lederindustrie

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2016. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Es tut sich was in der Schuhbranche. Einerseits scheint es nur noch Großanbieter bzw. Discounterware zu geben. Andererseits tauchen interessanterweise auch vermehrt kleine und vorwiegend im Onlinehandel agierende Anbieter auf, welche Schuhe und Taschen mit innovativen Materialien, die gänzlich ohne tierische Komponenten auskommen, anbieten. Diese erfreuliche Entwicklung nehmen wir zum Anlass unserer dreiteiligen Artikelserie zu veganen Schuhen, die heute startet.
Lederschuhe. Bild: pexels.com

Lederschuhe. Bild: pexels.com

Zunächst werden wir noch einmal die wichtigsten Fakten und Hintergründe der Lederproduktion zusammenfassen. Los geht es also leider mit dem deprimierenden Teil. Dafür wird es im zweiten Teil wieder total positiv und wir werden angesichts der vielversprechenden innovativen Materialien, allen voran Ananasfasern, nur Gutes berichten – versprochen! Im dritten Teil möchten wir schließlich noch die wichtigsten alternativen Schuhproduzenten vorstellen.

Recherchen zur globalen Lederindustrie zeichnen ein düsteres Bild und liefern erschütternde Ergebnisse, die, so will man glauben, jedem denkenden und fühlenden Menschen den weiteren Einkauf von Lederartikeln verunmöglichen müssten. Hier jedenfalls noch mal die wichtigsten Fakten im Überblick:

Von welchen Tieren?

Neben Rindern, Kälbern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Pferden werden auch Hunde und Katzen ihrer Häute wegen getötet. Als Verbraucher habe ich so gut wie keine Information, von welchem Tier das Leder stammt. Es wird davon ausgegangen, dass hunderttausende Hunde- und Katzenfelle jährlich illegal auf dem europäischen Markt landen. Allein in China werden jedes Jahr geschätzte zwei Millionen Hunde und Katzen zur Lederproduktion getötet. Käufer erwerben Produkte aus Hunde- oder Katzenfell, die oft bewusst falsch gekennzeichnet werden und nichts über ihren wahren Ursprung aussagen. Vermutlich werden die Häute der Hunde und Katzen ebenso zu Leder verarbeitet. Auch wenn seit dem 1. Januar 2009 ein EU-weites Import- und Handelsverbot in Kraft ist, lässt sich das Gesetz ohne umfassende Kontrollen nicht durchsetzen. In den Mitgliedsstaaten der EU wurden im Jahr 2010 lediglich 169 Einzelhändler auf Katzen- und Hundefell getestet und bei nur 53 Importlieferungen teure und aufwendige DNA-Tests durchgeführt, von denen jede vierte Lieferung beschlagnahmt werden musste.

Aus welchem Land?

Futterleder

Bild: Wikimedia, Hirsch Armbänder GmbH, CC BY-SA 3.0

Auch wenn auf einem Produkt zum Beispiel „Made in Italy“ steht, stammt das verwendete Leder der bei uns zu kaufenden Lederprodukte mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Indien, Bangladesch, Brasilien oder anderen Billiglohnländern, wohin sich die Lederproduktion aufgrund von Kosten- und Profitgründen verlagert hat. Indien, werden jetzt viele fragen – sind dort nicht die Kühe heilig? Stimmt, den Hindus sind die Kühe heilig und das Fleisch von Kühen ist für die große Mehrheit der indischen Bevölkerung uninteressant. Auch ist in den meisten indischen Bundesstaaten das Schlachten von Kühen verboten. Dennoch werden in Indien unzählige, meist illegale Schlachthöfe betrieben, in denen vorwiegend Christen und Muslime arbeiten.

Das Leid der Tiere

Leder ist, wie fälschlicherweise oft angenommen, kein Abfallprodukt der Fleischindustrie. Im Gegenteil: Die Fleischindustrie baut auf die Verkäufe der Häute, um noch mehr Gewinn zu erwirtschaften. Große Schlachtereien besitzen zum Beispiel vielfach auch eigene Gerbereien. Die beiden Industriezweige sind eng verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Viele Tiere werden aber auch ausschließlich aufgrund des Leders getötet. Jährlich müssen über eine Milliarde Tiere für die globale Lederindustrie ihr Leben lassen.

Die Tierrechtsorganisation PETA dokumentierte die grausamen Umstände der Lederproduktion in Indien und Bangladesch. Kühe werden zur Lederherstellung häufig nachts illegal in den Straßen von Bangladesh oder in den ca. 30.000 illegalen Schlachthäusern in Indien geschlachtet. Andere Tiere müssen zusehen, wie die Kehlen ihrer Artgenossen mit einem Messer durchgeschnitten werden – bei vollem Bewusstsein. Videoaufnahmen aus Bangladesch zeigen deutlich, dass Kühe teils noch am Leben sind und um sich treten, wenn ihnen die Haut vom Körper gezogen wird. Indische Kühe müssen einen Transport über Tausende von Kilometern in andere indische Bundesstaaten oder bis nach Bangladesch über sich ergehen lassen, um dort ohne Betäubung in Schlachthäusern oder auf offener Straße getötet zu werden.

Gerberei und Färberei in Marokko

Gerberei und Färberei in Marokko. Bild: Wikimedia (anonymous User), CC BY-SA 3.0

Und die Arbeiter?

Das Leder wird in Fabriken in den oben genannten Ländern verarbeitet. Dabei gibt es ähnlich wie in der Textilindustrie kaum Sicherheitsvorschriften. Um die natürlichen Vorgänge der Verwesung zu stoppen, muss Leder erst gegerbt werden. Dies geschieht fast immer unter Einsatz von Chrom. Bei unsachgemäßem Einsatz entsteht dabei Chrom VI. Dieses gilt als stark allergen und in höheren Dosen als krebserregend. Es wird vom Körper über die Haut aufgenommen. Dies betrifft einerseits die Arbeiter vor Ort, aber auch wir, die die Schuhe tragen, sind dem Gift – wenn auch in geringerem Ausmaß – ausgesetzt. In Deutschland wurden zwischen 2000 und 2006 etwa 850 Lederproben (Handschuhe, Schuhe, Armbänder etc.) auf den Chrom-VI-Gehalt analysiert. Ungefähr jede zweite dieser Proben enthielt die gesundheitsschädliche Chemikalie. Davon überschritt jede sechste Probe einen Anteil von 10 mg Chrom-VI pro Kilogramm Leder. Schon durch Konzentrationen ab 5 mg/kg aber besteht die Gefahr einer schleichenden Immunsensibilisierung, die in eine konkrete Allergie münden kann – insbesondere bei Personen, die bereits zu Hautekzemen neigen. Eine spannende Reportage zu dem Thema hat das ZDF in Zusammenarbeit mit PETA veröffentlicht: „Gift auf unserer Haut“.

Und die Umwelt?

Mehr als 90 Prozent der heute vermarkteten Lederprodukte werden mit Chrom gegerbt. Neben fehlenden Tierschutzgesetzen und Sicherheitsvorschriften für die Arbeiter ist auch der Umweltschutz kaum ein Thema. Die ungefilterten Abwässer von Ledergerbereien verseuchen Flüsse und das Grundwasser. Neben toxischen Substanzen enthalten Gerbereiabwässer auch große Mengen weiterer Schadstoffe wie Kalkschlamm, Sulfide und Säuren. Zu den katastrophalen Folgen dieser giftigen Abfälle gehört die Gefahr überschrittener Grenzwerte für Blei, Zyanid und Formaldehyd im Grundwasser in der Nähe von Gerbereien. Arsen, eine häufig in Gerbereien eingesetzte Chemikalie, wird schon seit Langem mit der Lungenkrebserkrankung von Arbeitern, die der Substanz regelmäßig ausgesetzt sind, in Verbindung gebracht. Unterschiedliche Studien haben auch die Verbindung zwischen Lungenkrebs und dem in der Gerberei verwendeten Chrom nachgewiesen.

Der 2. Teil unserer Artikelserie „Vegane Schuhalternativen“ erscheint übermorgen und stellt vielversprechende innovative Materialien vor, die tierleidfrei, fair und ökologisch sind.

Zum Weiterlesen und -schauen:

 

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Ein Artikel von Doris
veröffentlicht am 7.11.2016
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