Woher kommt eigentlich Stein aus dem Baumarkt?
Geschichtlicher Hintergrund
Wer den Garten verschönern oder die Treppe zum Haus aus gediegenem Material bauen will, greift gerne zu Naturwerkstein. Schon die frühesten Hausbauer setzten auf Stein, ist er doch in großer Menge verfügbar, gut zu verarbeiten und hält im wahrsten Sinne ewig. Manchmal muss man sich nur danach bücken. Will man jedoch größere Vorhaben umsetzen, muss schon ein ganzer Berg dran glauben: Es ist belegt, dass in Carrara schon vor 2.200 Jahren in Steinbrüchen Marmor im großen Stil abgebaut wurde. Um die ganzen Tempel und Häuser allein im Römischen Reich bauen zu können, waren hunderte Steinbrüche in Europa notwendig. In Österreich haben wir den Kaisersteinbruch am Leithagebirge, der auch schon zweitausend Jahre Geschichte aufweisen kann. Viele kaiserliche Bauten seit dem Mittelalter sind aus Kaiserstein erbaut, zum Beispiel die Hofburg oder die Karlskirche.
Was ist heute anders?
Gemeinsam haben die Steine für die Bauwerke der Römer, Griechen sowie der Habsburger, dass sie nicht allzu weit vom Berg zum Baugrund reisen mussten. War es doch schwierig genug, die groben Klötze auch nur ein paar Dutzend Kilometer weit zu transportieren. Dies ist ein Umstand, der sich in den letzten Jahrzehnten deutlich geändert hat. Was viele nicht wissen ist, dass der Großteil des im Handel kursierenden Naturwerksteins nicht aus Europa kommt. Denn Indien, China, Südafrika und Brasilien sind die größten Exporteure. Auf den Online-Seiten der Baumärkte ist über die Herkunft oft gar nichts angegeben. Doch genau darauf sollte man achten, wie wir gleich sehen werden.
Stein-Abbau und -Transport
Wozu soll Stein “Öko” oder “fair” sein? Es gibt viele gute Gründe! Es geht im Besonderen um die Umstände des Abbaus und des Transportes. Leider sind in den Ursprungsländern Asiens die Arbeitsbedingungen in den Steinbrüchen häufig jenseits menschenwürdiger Standards. Oft fehlt es an Schutzkleidung, Atemmasken, Ruhepausen etc. Das Verletzungsrisiko ist extrem hoch, Erkrankungen der Lunge sind häufig und nicht selten kommt es zu tödlichen Unfällen. Am schlimmsten ist es, wenn auch Kinder mitarbeiten müssen, weil Familien ohne deren geringen Lohn nicht überleben können. Und natürlich ist der weite Weg, meist mit Containerschiffen, eine Belastung für die Meere und die Luft.
Die in Österreich und restlichen Mitteleuropa abgebauten Produkte werden von Profis unter gesetzlich geregelten Bedingungen gewonnen, die Transportwege sind meist überschaubar. Doch die Nachfrage nach günstigen Produkten für Haus und Garten wächst. Und viele Konsument*innen fragen nicht so genau nach, wo ihre Natursteine herkommen, so lange der Preis stimmt.
Stein-Zertifizierungen
Seit einiger Zeit gibt es am Markt Institutionen, welche sich darum bemühen, dass sich die Situation der in den Schwellen- und Entwicklungsländern arbeitenden Menschen verbessert. Hier sind XertifiX (für Produkte aus Indien) und Fair Stone zu nennen. Im Moment beschränkt sich die Anzahl der Zertifikate auf diese zwei. Einige Importeure und weiterverarbeitende Firmen kooperieren mit den Zertifikaten oder sind damit assoziiert. In Deutschland ist es schon viel zu finden, in Österreich ist es leider noch eher selten. Dies liegt an der mangelnden Nachfrage bei den Konsument*innen. Womöglich ist hier auch mehr Information notwendig, um ein Bewusstsein zu schaffen.
Fazit
Was können wir also konkret tun, um fairen und nachhaltig gehandelten Naturstein für unser Bauprojekt zu bekommen? Am besten ist es, Stein zu wählen, welcher in der Nähe abgebaut worden ist. Dann wissen wir, dass es unter menschenwürdigen Mindeststandards produziert wurde und dass der Transportweg nicht lang war. Sollte das preislich nicht leistbar sein, dann können wir beim Kauf von Naturstein mit Ursprung in Schwellen- oder Entwicklungsländern danach fragen, ob das Produkt mit einem XertifiX oder Fair Stone Zertifikat ausgezeichnet ist, um sicherzustellen, dass diese nachweislich ohne Kinder- und Sklavenarbeit produziert wurde. Außerdem zeigen wir damit dem Handel, dass eine Nachfrage nach zertifizierten Produkten besteht.
Fun Fact
Die Stadt Wien hat im Jahr 2023 einen Kriterienkatalog beschlossen, welche für alle Bauprojekte der Stadt gilt. So verpflichten sich die Bauträger zwingend, beim Erwerb von Naturstein aus Afrika oder Asien nur Produkte mit dem XertifiX oder Fair Stone Zertifikat zu verwenden. Dies ist ein großer Fortschritt und sehr zu begrüßen.