Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2014. Einige Informationen könnten veraltet sein.

Millionen Merinoschafe müssen weltweit für die Wollproduktion herhalten und vielfach das qualvolle Prozedere des „Mulesing“ über sich ergehen lassen, bei dem ohne Narkose handtellergroße Fleischstücke rund um den Schwanz herausgeschnitten werden. Angora-Kaninchen werden auf der Streckbank lebendig „gezupft“. Der Griff zur Wollalternative ist somit ein wichtiger Beitrag, Tierleid zu vermeiden.

Das Leiden der Schafe

Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Österreich wurden 2013 weltweit 1,1 Milliarden Schafe gehalten – der Großteil davon in China, Australien und Neuseeland. Die populärste Rasse ist das Merinoschaf, das durch spezielle Züchtung ein besonders faltige Haut hat, wodurch sich die Wollausbeute natürlich erhöht. Australien gilt als größter Wollproduzent – etwa die Hälfte der Merinowolle stammt von dort. Auch das brutale „Mulesing“ wird in Australien praktiziert.

Diese unnatürliche Masse an Wolle der Merinos führt bei gar nicht so wenigen Tieren in den heißen Monaten zu einem Hitzschlag. Ein anderes Problem dieser Züchtung ist die Tatsache, dass sich in den Hautfalten speziell um After und Genitalien Feuchtigkeit und Urin sammeln. Dadurch angelockte Insekten legen dann ihre Eier dort ab. Sind die Larven geschlüpft, fressen sie die Schafe bei lebendigem Leib. Um dem vorzubeugen, praktizieren die Schaffarmer das durchaus wirksame aber überaus brutale „Mulesing“.  Dies soll das Einnisten verhindern. Dabei werden den Merinoschafen ohne Betäubung handtellergroße Areale rund um After und Schwanz herausgeschnitten. Oft wird gleichzeitig der Schwanz kupiert. Auch nach dieser blutigen und schmerzhaften Prozedur gibt es keine Wundversorgung oder Schmerzmittel für die kleinen Schäfchen – der Eingriff passiert im ersten Lebensjahr. Es verwundert nicht, dass die männlichen Tiere – meist im Alter von 2-8 Wochen – auch fast immer ohne Betäubung kastriert werden.

Wer meint, nun sei das Schlimmste für die Schafe überstanden, der irrt leider. Das tägliche Leben auf den Weiden mit tausenden anderen Tieren ist für die sanften und sozialen Schafe oft mit großem Stress verbunden, denn ihre natürliche Herde würde lediglich um die 25 Individuen umfassen. Die unüberschaubare Masse überfordert viele der Tiere und führt nicht selten zu Isolation, Apathie oder Aggression.

Auch die Notwendigkeit von „Pestizidbädern“, die die Schafe zwei bis drei Mal im Jahr zur Parasitenabwehr erhalten, resultiert aus der Massentierhaltung. In allen großen Wolle „produzierenden“ Ländern ist dies übliche  Praxis und belastet nicht nur die Schafe, sondern auch die Gewässer, die Umwelt und nicht zuletzt die Menschen.

Schafschur – ungeschoren kam nur Shrek davon

Die armen auf  Turbo-Wollproduktion gezüchteten Schafe werden zumindest ein Mal pro Jahr, manchmal aber auch öfter, geschoren. Diese Prozedur ist nicht vergleichbar mit einem Friseurbesuch, wie die Wollindustrie gerne glauben machen möchte. Die professionelle Schafschur dauert zwei, drei Minuten und ist eine Akkordarbeit. Die Schafscherer werden pro Schaf bezahlt und nicht nach Stunden – der Umgang mit den Tieren ist dementsprechend roh und brutal.  Für die Schur werden den Tieren die Beine zusammengeschnürt, manchmal werden sie auch in Metallgestellen, oder an den Vorderbeinen aufgehängt, fixiert. Nicht selten erleiden die Tiere etliche Schnittwunden. Die Tierrechtsorganisation Peta hat dazu einige verdeckte Recherchen gemacht und die Brutalität, mit der beim Scheren vorgegangen wird, aufgedeckt.  http://www.peta.org/issues/animals-used-for-clothing/wool-industry/

Die Menschen nutzen Tierwolle seit 5.000 Jahren – die industrielle Produktion der Schafwolle begann aber erst mit der Erfindung des Schermessers. Nur das Fell der überzüchteten Nutzschafe wächst ständig und muss geschoren werden. Wildschafe wie das Mufflon, das auf der roten Liste der IUCN (International Union for the Conservation of Nature) steht und als stark gefährdete Art gilt, wechseln ihr Fell nur klima- oder jahreszeitenbezogen. Wie unnatürlich die Züchtung von Wollschafen ist, sieht man an „Shrek“, einem neuseeländischen Merinoschaf, das 2004 weltweit Berühmtheit erlangte: Es büchste aus und lebte sechs Jahre lang ohne Schur in freier Wildbahn. Als man es wieder fand trug es 27 Kilogramm Wolle am Körper und konnte fast nichts mehr sehen.

Albtraumschiff in den Tod

Wenn der Wollertrag nicht mehr stimmt, beginnt für viele Schafe ein ganz neuer Leidensweg, nämlich der ins Schlachthaus. Das bedeutet für Millionen von Schafen den Transport auf einem Containerschiff oft über Wochen meist in den Nahen Osten oder Nordafrika. Die Tiere sind dabei Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert, es gibt so gut wie keine Versorgung, die Tiere stehen in ihren Exkrementen, daneben liegen die bereits verendeten Tiere, die dann einfach über Bord geworfen werden. Jene Schafe, die die Zielländer, in denen es oft keine Tierschutzbestimmungen gibt, noch lebend erreichen, erwartet ein grausamer Tod in Schlachthäusern oder einem Hinterhof, wo sie geschächtet werden.

Ultra feine Wolle – ultra ekelhaft

Ultra- oder extrafeine Merinowolle gilt als die edelste Wolle – für die Schafe ist damit aber gar nichts Edles verbunden, denn für sie bedeutet es ihr ganzes Leben drinnen, in kleine Abteile gesperrt, verbringen müssen, ohne jemals Teil einer Herde sein zu können oder andere natürliche Verhaltensweisen ausleben zu können. Der Natur eines Schafes würde es auch entsprechen circa 50 Prozent des Tages mit Futtersuche zu verbringen, was im Stall natürlich nicht möglich ist. Vielmehr sind die Produzenten überzeugt, dass Tiere mit einem geringeren Körpergewicht feinere Wolle produzieren, deshalb bekommen die Tiere wenig zu fressen und leben somit in einem permanenten Hungerzustand. Um die Wolle zu schützen, müssen die Tiere auch noch permanent einen Nylonmantel tragen, was natürlich bei Hitze besonders belastend ist.  Eingesperrt, hungrig und ohne Beschäftigung fristen diese Tiere ein trauriges Leben.

Angorawolle: gezupft bei lebendigem Leib

Auch Kaninchen werden zur Woll„gewinnung“ herangezogen. Das Angorakaninchen ist das kleinste „Wolltier“.   Die Wolle kann durch Auskämmen, Schur oder qualvolles Abzupfen „gewonnen“ werden. Laut dem World Fibre Magazin stammen rund 95 Prozent der Angorawolle aus China. Im Land ohne Tierschutzgesetze ist es für eine Familie nicht unüblich bis zu 500 Kaninchen zu halten.

Im vergangenen Jahr deckte Peta die grausamen Praktiken bei der Angorawolle-Gewinnung in China auf: Der Link führt zu einem Video, das zeigt wie ein Kaninchen mit gefesselten Beinchen aufgespannt ist während ein Arbeiter beginnt es kahl zu zupfen. Das Kaninchen schreit, immer lauter, bis sich seine Stimme vor Schmerz überschlägt… Später wird es – mit fleischiger Haut und fast bewegungsunfähig – in seinen engen Gitterkäfig zurückgesetzt. (animal.fair berichtete)

Weitere Opfer der Wollindustrie sind Ziegen (Kaschmir und Mohair), Kamele, Yaks oder Vicunas. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt darüber berichten.

Schlechte Umweltperformance

Neben dem Tierleid, das Wolle verursacht, hat Wolle auch eine schlechte Umweltbewertung: Laut made-by, einer Unternehmensberatung, die sich auf die Nachhaltigkeitsbewertung von Modemarken spezialisiert hat, rangiert Wolle  in der Klasse E (wenig nachhaltig) neben konventionell angebauter Baumwolle oder Spandex (Elasthan). Recycelte Materialien haben die geringsten Umweltauswirkungen gefolgt von Tencel, Monocel und Bio-Baumwolle.

Wer nicht auf Wolle verzichten möchte, sollte darauf achten, dass die Wolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung stammt –nur dort ist garantiert, dass kein Mulesing praktiziert wird. Ein vertrauenswürdiges Siegel ist die BEST-Zertifizierung des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft e. V., das die gesamte Produktionskette umfasst und hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialverantwortlichen Performance bewertet.

animal.fair empfiehlt

Garne aus fair produzierter Biobaumwolle, aus  Hanf oder Flachs, denn gestrickt und gehäkelt muss nicht mit Wollgarn werden. Hier geht’s zu Bezugsquellen für ökologische Strickgarne aus Pflanzenfasern

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Ein Artikel von Stefanie
veröffentlicht am 27.11.2014
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