Bodenfraß in Österreich

In Österreich ziehen wir uns buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Eine fehlende überregionale Raumplanung und eine neue Bodenschutzstrategie der Regierung, deren Umsetzung noch auf sich warten lässt, führt zu wahllosem Bauen. Dessen Folgen – dem Problem der Bodenversiegelung und Flächennutzung – gehen wir in diesem Artikel auf den Grund.

Österreich ist verbaut. Hier ist kein Platz für Grün. (Foto: Unsplash, Jocke Wulcan)

„Bodenfraß“ in Österreich

Der Boden ist eine nicht-erneuerbare Ressource und wahlloses Bauen verbraucht zu viel davon. In Österreich wurden 2018-2020 durchschnittlich etwa 11,5 Hektar pro Tag verbaut. Diese Zahl ist vom Ziel – 2,5 Hektar/Tag – noch weit entfernt. Außerdem gibt es hier etwa doppelt so viele Straßen wie in Deutschland, was folglich zu mehr Verkehr führt.

Das noch größere Problem ist, dass von der täglich verbauten Fläche 41,2 Prozent versiegelt werden. Diese Zahlen malen kein schönes Bild: Obwohl der Bevölkerungszuwachs in den letzten Jahren bei etwa 10 Prozent liegt, liegt die Zahl der Neuversiegelungen bei 24 Prozent. Der Großteil dieser Flächen sind Verkehrsflächen, also Straßen und Parkplätze, und Bau- und Betriebsflächen. Damit ist Österreich Europameister im “Bodenfraß”.

Was ist eigentlich Bodenversiegelung?

Bei Bodenversiegelung wird asphaltiert, betoniert oder auf eine andere Art der Boden befestigt. Als Folge sind die natürlichen Funktionen und Kreisläufe des Bodens stark eingeschränkt. Weder Wasser noch Luft können eindringen. Vor allem der Bau von Gebäuden, Straßen oder Parkplätzen führt zur Versiegelung des Bodens. Die sogenannte “unterirdische Versiegelung” ist ein Resultat von Tunnelbauten und tiefen Kellern.

Städte sind oft schon so stark verbaut, dass hier der Boden kaum noch Zugang zu Luft und Wasser hat. Bei starken Niederschlägen führen zu viele verbaute und versiegelte Flächen zu Überschwemmungen. Diese Wetterextreme sollen durch die Klimakrise aber immer häufiger werden. Außerdem heizt sich, wie in den heißen Sommern der vergangenen Jahre deutlich spürbar war, Asphalt besonders stark auf.

Betriebsgelände fördern Bodenversiegelung und Zersiedelung (Foto: Wikipedia, Lufthansa Technik AERO Alzey)

Was ist das Problem mit Zersiedelung?

Auch bekannt als Urban Sprawl oder Suburbanisierung ist diese Entwicklung optisch in der Kulturlandschaft wahrnehmbar. Es ist kein „Zusammenhang“ zwischen Gebäuden zu sehen. Das Wachsen einer Ortschaft erfolgt unstrukturiert und ungeregelt. Das heißt, es liegen kleinere oder größere Strecken zwischen Wohnhäusern und Ortszentren, viel Fläche ist durch Straßen, Parkplätze und andere Infrastruktur verbaut.

Das Problem: Wenn sich alle ein „Haus im Grünen“ bauen, bleibt irgendwann wenig grüne Wiese übrig. Der Duden definiert zersiedeln als die Bebauung der Landschaft mit einzeln stehenden Häusern, was das Landschaftsbild schädigt. Doch nicht nur das Landschaftsbild wird dadurch geschädigt, auch das Ökosystem Boden leidet stark unter einer uneingeschränkten Zersiedelung, wie es leider in Österreich im Moment der Fall ist.

Ein Beispiel für Zersiedelung: Feldkirchen in Kärnten (Foto: Wikipedia, Joadl)

Die Probleme liegen vor allem in der Raumplanung und kurzfristigem Denken. Die Raumplanung ist in Österreich Ländersache und auf dieser Ebene fehlt die Kontrolle der Gemeinden und Bezirke, um eine nachhaltige Planung zu garantieren. Außerdem führen die bewilligten Baupläne zu einer immer stärkeren Zersiedelung, das heißt Ortskerne in Kleinstädten und Dörfern veröden, weil Häuser am Ortsrand gebaut werden. Dies führt folglich zu einem höheren Aufwand für die Infrastruktur, da Straßen- und Kanalanlagen gebaut werden müssen. Auch Einkaufsmöglichkeiten und Gewerbegebiete finden sich immer häufiger außerhalb von Orten. Hier ist es besonders wichtig, dass Bewusstseinsbildung ein Teil der Strategie gegen die Versiegelung und Zersiedelung ist.

Es gibt aber auch Lichtblicke, zum Beispiel erste „Ökostraßen“, die Regenwasser nicht in den Kanal einleiten, sondern in ein natürliches Entwässerungssystem. 2017 wurden etwa 40.000 Hektar brachliegende Fläche und leer stehende Häuser entsiegelt. Diese Verfahren sind jedoch aufwendig und teuer. Außerdem ist entsiegelter Boden nicht mit einem gesunden Boden und dessen komplexen Stoff- und Energiekreisläufen gleichzusetzen. Und: Etwa 100 Jahre dauert es, bis 1 Zentimeter neuer Boden entsteht.

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Ein Artikel von Yvonne
veröffentlicht am 22.03.2022
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