Gewaltfreie Hundeerziehung: Teil 1

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2016. Einige Informationen könnten veraltet sein.

Wir freuen uns sehr, dass die überaus erfahrene und tierschutzqualifizierte Hundetrainerin Ursula Aigner animal.fair künftig zur Verfügung steht und über wichtige Themen der Mensch-Hundbeziehung berichten wird. Im ersten Teil geht es darum, warum Hundeerziehung für ein glückliches, harmonisches und vertrauensvolles Zusammenleben zwischen Mensch und Hund notwendig und sinnvoll sein kann.

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Hunde und Menschen leben seit Jahrtausenden zusammen. Kaum ein anderes Tier hat sich so eng an den Menschen angeschlossen. Dies führt sogar soweit, dass vielfach Hunde die menschliche Gesellschaft gegenüber Artgenossen bevorzugen. Auch verstehen Hunde von Natur aus menschliche Gesten – das alles ist eine Folge davon, dass Hunde und Menschen im Zuge der Domestikation (Haustierwerdung) sich gegenseitig Vorteile brachten. Eine gewaltsame Zähmung des wilden Wolfes erscheint sehr unwahrscheinlich. Da fragt man sich doch, weshalb dann Erziehung oder Training von Hunden nötig sein soll, wenn wir (Hund und Mensch) doch ohnehin so gut harmonieren?

Hundeerziehung – wieso bzw. wann überhaupt?

Das liegt einerseits daran, dass Hunde sich zu einer Zeit an das menschliche Leben anpassten, als es noch keine befahrenen Straßen, (Groß-)Städte, Verkehrsregeln, Staubsauger, etc. gab. Die Anforderungen, die wir Menschen an Hunde stellen, sind inzwischen beachtlich. Andererseits war die belebte und unbelebte Umwelt, die Hunde erlebten, als Welpen, Junghunde und erwachsene Tiere größtenteils dieselbe. Was ein Hundekind also als positiv (oder ungefährlich!) kennenlernt, stellt in der Regel für den erwachsenen Hund auch keine Herausforderung dar.

Beispiele:

  • Welpen- bzw. Junghundzeit in ländlicher und ruhiger Umgebung, Vermittlung in eine Großstadt mit entsprechend vielen Umweltreizen und damit einhergehender Überforderung des Hundes
  • Schmerzhafte Erfahrungen durch gewaltsamen Umgang oder veraltete Trainingsmethoden und daraus resultierende Angst(-Aggression) vor bestimmten Menschen oder Bewegungen, die je nach Lebenssituation zu problematischem Verhalten führen kann

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Seit der Domestikation wurden Hunde zudem für unterschiedlichste Zwecke gezüchtet: als Jagdbegleithunde, Hütehunde, Herdenschutzhunde, Gebrauchshunde, etc. Neben dem ohnehin einzigartigen Charakter eines Individuums und den jeweiligen Lebenserfahrungen kommt also unter Umständen noch stark genetisch veranlagtes Verhalten zum Vorschein.

Beispiele:

  • Hütehunde wurden gezüchtet, um in Zusammenarbeit mit dem Menschen Schafe zu treiben, Hüteverhalten kann auch gegenüber Radfahrern oder anderen schnell bewegten Sub- oder Objekten gezeigt werden
  • Herdenschutzhunde bewachten Schafherden eigenständig und nehmen Fremde(s) als potenzielle Bedrohung wahr, starke Territorialität bzw. Schutzverhalten kann bei Besuchssituationen oder in städtischer Umgebung problematisch werden

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Hundeverhalten ist also individuell und sehr unterschiedlich: Was für den einen Hund genau richtig ist, kann einen anderen völlig überfordern. Daher können auch die notwendigen Hilfestellungen in Form von gezieltem Training bzw. Erziehung je nach Hund und Lebenssituation der Menschen ganz anders aussehen.

Beispiele:

  • Ein Hund, der durch schlechte Erfahrungen Angst vor fremden Menschen hat, sollte durch gewaltfreies Training durch Belohnung und Motivation positive Begegnungen mit Menschen erleben und von seinem Menschen Sicherheit erfahren
  • Ein Hund, der in ländlicher und ruhiger Umgebung aufgewachsen ist, sollte behutsam und durch belohnungsbasiertes Training an Verkehrslärm, viele Menschen und andere Stadtreize herangeführt werden
  • Ein Border Collie, der zu wenig geeignete Beschäftigung erfährt und Radfahrer „hütet“, sollte durch bedürfnisorientiertes Training erwünschte Alternativen lernen, um weder die Umwelt noch sich zu gefährden

Es kann also viele Gründe bzw. Situationen geben, weshalb eine – vorübergehende – Unterstützung durch Training für ein glückliches, harmonisches und vertrauensvolles Zusammenleben zwischen Mensch und Hund notwendig und sinnvoll sein kann.

Ursi logo5Ursula Aigner ist Zoologin, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Hunde und Katzen, tierschutzqualifizierte Hundetrainerin, Ausbildung und Prüfung Hundeführschein Wien, Ausbildung und Prüfung NÖ-Sachkundenachweis.

Ursula Aigner ist als selbstständige Hundetrainerin vor allem mit unerwünschtem Verhalten von Hunden konfrontiert, sei es Aggressionsverhalten oder auch Jagdverhalten. In ihrer Arbeit ist ihr ein gewaltfreier und respektvoller Umgang mit Mensch und Hund wichtig, um langfristig positive Veränderungen zu erreichen – und vor allem zum gegenseitigen Verständnis zwischen Mensch und Hund beizutragen. Vor allem Umgang und Training von Langzeitsitzern oder gefährlichen Hunden (in Tierheimen) sind ihr ein Anliegen. Als Biologin ist sie zudem im Bereich Tierschutz für das Bundesministerium für Gesundheit tätig. Ursula Aigner ist aktives Mitglied verschiedener Netzwerke im Bereich Hundetraining und Tierschutz und ist immer offen für neue Herangehensweisen oder Lösungsmöglichkeiten. Daher sind Fortbildungen für sie selbstverständlich, um das Beste erreichen zu können – für Mensch und Tier.

www.canis-sapiens.at

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Ein Artikel von Ursula Aigner
veröffentlicht am 24.02.2016
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