Kreislaufwirtschaft – eine Runde Sache mit Zukunftsperspektive
Circular economy
… oder Kreislaufwirtschaft geht viel weiter als Recycling. Wie schon vor unserer Wegwerfgesellschaft sollen Materialien und Rohstoffe möglichst effizient über mehrere Phasen und in unterschiedlichen Formen über eine lange Lebenszeit genutzt werden, um am Ende wieder als Rohstoff eingesetzt werden zu können. Waren sollen systematisch geteilt, wiederverwendet, repariert und recycelt werden. Dazu bedarf es genauer Regeln und der engen Kooperation der produzierenden Unternehmen sowie der Konsumentinnen und Konsumenten. Waren sollen an die Bedürfnisse des Systems angepasst und “kreislauffähiger” werden. Es bedarf also eines Zusammenschlusses aller, damit am Ende ein geschlossener Energie- und Ressourcenkreislauf entsteht.
Warum reicht Recycling nicht?
Die Menschen der EU-Länder produzieren jedes Jahr zwei Milliarden Tonnen Müll. Eine unglaubliche Menge, die ohne Wiederverwertung gar nicht bewältigbar wäre. Recycling, sprich: Mülltrennung und Wiederverwertung, hat in Österreich seinen Anfang in den späten 80er-Jahren. Papier, Glas und Metalle waren die Vorreiter, weil diese Materialien technisch leichter zu verarbeiten sind. Heute geht es vor allem um Plastikverpackungen, weil so viel davon produziert wird. Allerdings ist es aufwändiger, daraus wieder hochwertiges, neues Plastik zu machen.
Die Beschaffenheit der wiederaufbereiteten Ware ist ein Knackpunkt im Kreislauf: Plastik erreicht im zweiten Anlauf oft nicht die nötige Festigkeit, um für das gleiche Produkt noch einmal verwendet zu werden. Genauso ist es auch mit Textilien, deren Recycling am Materialmix scheitert. Und es ist höchste Zeit, dass wir uns über den Umgang mit ausgedienten Akkus Gedanken machen, denn die globale Nachfrage wird bis 2030 um bis zu 14-fach steigen. (OE1 22.11.23, Morgenjournal). Des Weiteren wird es in Zukunft viele Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu entsorgen geben.
In unserer wachstumsorientierten Wirtschaftsordnung werden immer mehr kurzlebige Güter produziert, die Ressourcen und Energie benötigen und schlussendlich zu Müll werden. Dieser wird in Mulden gekippt, ins Meer geworfen, zur Warmwassererzeugung verbrannt oder im besten Fall recycelt. Trotzdem entsteht so viel Abfall, dass wir diesen niemals umweltschonend zur Gänze “loswerden” können. Daher ist es wichtig, dass diese erst gar nicht entstehen.
Eine zukunftsträchtige Wirtschaftsform
Eigentlich ist ja die Landwirtschaft in den Ländern des globalen Südens heute noch so eine Art Kreislaufwirtschaft: Die Energie für die tierliche und menschliche Arbeitskraft stammt vom bearbeiteten Feld, die Abfälle aus Ausscheidungen sowie Produktionsabfälle wie Stroh dienen als Dünger zum weiteren Betrieb der Landwirtschaft.
Nun soll dieses Prinzip auch in unsere moderne Ökonomie Eingang finden. Wirtschaftsforscher sind zu der Erkenntnis gelangt, dass damit nicht nur Rohstoffe gespart und der Umwelt geholfen wird, sondern ganze Wirtschaftsbereiche und damit viele neue Arbeitsplätze entstehen können. Politische Organisationen und Regierungen versuchen nun, Pläne zu erstellen, um mehr Kreislaufwirtschaft in den bestehenden Markt zu bringen.
Green Deal und Kreislaufwirtschaft
Die EU hat einen Plan (Green Deal), der in den nächsten Jahrzehnten hunderte Millionen Tonnen an Primärenergie, der zur Warenherstellung und Transport etc. notwendig ist, einsparen soll. Aktuell wurde die Öko-Design-Verordnung vorgelegt, welche Plastikverpackungen eindämmen soll. Im Sommer wurde eine Verordnung erlassen, die Firmen zwingt, ihre Akkus wiederverwendbar zu machen, insbesondere auch um die Ausbeutung der Rohstofflager in den Griff zu bekommen. Hier werden also Faktoren der Kreislaufwirtschaft mit den Lieferketten verknüpft. Diese Verordnungen sind ein erster Schritt, um Unternehmen zum Umdenken zu bewegen.
Kreislaufwirtschaft in Österreich
Auch in Österreich wird, von der Öffentlichkeit eher unbemerkt, nach einer Lösung im Kreislaufsystem gesucht. Im Herbst 2021 wurde von der Regierung die Kreislaufwirtschaftsstrategie beschlossen. Nicht nur für dieses Wort brauchen wir einen langen Atem. Der pro Kopf Material-Fußabdruck soll laut Plan halbiert werden auf 7 Tonnen pro Jahr, jedoch erst bis 2050. In anderen Dingen ist die Regierung wiederum zuversichtlicher: Bis 2030, also in 6 Jahren, soll die Ressourcenproduktivität doppelt so hoch sein, die Zirkularitätsrate von Waren um 18 Prozent steigen sowie der Konsum privater Haushalte um 10 Prozent fallen. Die Transformation soll durch rechtliche Vorgaben an Unternehmen, kluge Marktanreize, Förderungen, Forschung, Digitalisierung sowie der Zusammenarbeit entstehen.
Es ist ein wichtiger Schritt, dass sich die Regierung klar für Kreislaufwirtschaft ausspricht und Strategien entwickelt. Nun gilt es diese auch umzusetzen.
Was sind die Nachteile?
Aus Sicht mancher Experten gibt es bezüglich der Kreislaufwirtschaft noch offene Fragen, die gelöst werden müssen. Eines ist, dass in den meisten Abläufen die soziale Komponente bislang nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ressourcen werden oft unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut, um zum Beispiel Materialien für Elektronik zu fördern. Diese Arbeit ist gesundheitsschädlich und unwürdig, stellt jedoch oft die einzige Einnahmequelle der Menschen vor Ort dar. Des Weiteren sind in manchen Fällen technisch fortschrittliche Lösungen umweltschonender und nachhaltiger, als das alte Modell in einem Kreislauf einzubetten.
Weniger ist (mal wieder) mehr
Rohstoffe, die erst gar nicht abgebaut werden müssen, sind die nachhaltigsten und umweltschonendsten. Eine geringere Warenproduktion hat auch einen geringeren Energieverbrauch. Eine Wirtschaft, die sorgsam mit den Ressourcen umgeht und die uns miteinander kooperieren lässt, gibt allen die Chance, direkt zu einem nachhaltigen Wohlstand beizutragen. Und schlussendlich sind wir Konsumentinnen und Konsumenten mit unseren täglichen Entscheidungen ein wichtiges Glied Richtung Nachhaltigkeit und einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Tragen wir alle dazu bei, dass die großen Pläne der EU und der Regierung nicht nur große Worte bleiben. Außerdem hast du als Einzelperson auch die Möglichkeit, mit Politiker*innen in Kontakt zu treten und die Umsetzung der Strategie einzufordern.