Veganer Kochgenuss aus der Schweiz: Hiltl und tibits lüften ihre Geheimnisse
Die schweizer Familienbetriebe Hiltl und tibits bieten vegetarische und vegane Küche der Spitzenklasse und sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. In der von Hiltl gegründeten ersten vegetarischen Metzgerei der Schweiz wird Gemüse, Tofu, Seitan und Co. geschlachtet. In zwei wirklich besonderen Kochbüchern verraten die erfolgreichen Restaurantgruppen die Geheimrezepturen ihrer beliebtesten Gerichte. Wir stellen euch die Bücher „Vegan Love Story“ und „Meat the Green“ vor.
Das Hiltl eröffnete 1898 und ist laut Guinness World Records das erste vegetarische Restaurant der Welt. Es wird heute in vierter Generation durch Rolf und Marielle Hiltl geführt und hat mittlerweile mehrere Dependancen in Zürich. Das Haus Hiltl bietet großes Buffet, bedientes Restaurant, Take-Away, Bar-Lounge, Club, Kochatelier, Seminarräume und Catering. Das tibits, abgeleitet aus dem englischen tidbit (Leckerbissen), wurde im Jahr 2000 von den Gebrüdern Frei und der Familie Hiltl gegründet. Ziel war es, vegetarische Fast-Food-Restaurants aufzubauen. Das reichhaltige Buffet bietet Speisen in Bioqualität. Die Produkte stammen nach Möglichkeit aus inländischem und europäischem Anbau, Saisonalität und Umweltverträglichkeit werden groß geschrieben. Tibits betreibt Niederlassungen in Zürich, Bern, Basel, Winterthur, Luzern und London. Die beiden Betriebe tauschen sich regelmäßig über neue Produkte, Gerichte und Rezepte aus.
Vegan Love Story
Hierbei handelt es sich um das erste gemeinsame Kochbuch der erfolgreichen vegan-vegetarischen Restaurantgruppen Hiltl und tibits. Es werden 80 beliebte, sowohl außergewöhnliche als auch bekanntere rein vegane Gerichte verraten. Außerdem wird Wissenswertes zu den wichtigsten Produkten der veganen Küche geboten, sowie Hinweise zur Zubereitung. Die Zutaten sind meist einfach zu bekommen, hin und wieder werden aber auch exotische Ingredienzien wie Kaffirlimettenblätter benötigt, daher ist nicht jedes Gericht unbedingt alltagstauglich. Die Rezepte sind für 4 Personen ausgelegt und die Zubereitungszeit variiert zwischen 30 und 45 Minuten. Das Inhaltsverzeichnis ist folgendermaßen gegliedert: „Vorspeisen, Apéro und Suppen“, „Salate“, „Warme Gerichte“, „Desserts“, „Frühstück und Drinks“, „Grundrezepte“. Die Liebe zur Vielfalt der Natur und Kulturen spiegelt sich in den Rezepten wider: Als Vorspeise gibt es hier beispielsweise „Westindische Gurkensuppe“, „Geröstete Rosamarin-Mandeln mit Cranberrys“, „Mango-Gazpacho“ und diverse Chutneys. Unter den Salaten findet man Ungewöhnliches wie „Schwarzwurzelsalat mit Kumquats“, „Okra-Antipasto“ oder „Chirashi Sushi“. Die warmen Gerichte werden meist auf Basis von Soja, Tempeh, Seitan, Getreide und Pseudogetreide und Hülsenfrüchten zubereitet und sind ein bunter Mix aus der indisch-asiatischen und europäischen Küche: „Grünes Thai-Auberginen-Curry“, „Kabuli Pilaw“, „Auberginen-Cordon-bleu“, „Zucchini-Schnitzel“ oder „Überbackener Chicorée mit Orangen“. Desserts dürfen natürlich nicht fehlen: „Gewürz-Schokokuchen“, „Soja Schokomousse“ oder „Panna cotta mit Zimt und Mandarinen“ lassen schon beim Durchblättern das Wasser im Mund zusammenlaufen. Für’s Frühstück finden sich tolle Anregungen wie „Cranberry-Granola“ oder „Rhabarber-Apfel-Vanille-Saft“. Grundrezepte für Spätzle, Tomatenpesto, Gemüsebouillon, Mayonnaise, Biskuitteig und einiges mehr runden das umfangreiche Kochbuch ab. Sehr schöne Food-Fotos von Juliette Chrétien und die hochwertige Gestaltung machen das Buch zu etwas Besonderem. Wir wünschen „en Guete“!
Reto Frei / Rolf Hiltl: Vegan Love Story. Tibits & Hiltl – Das Kochbuch
AT Verlag 2014. ISBN 978-3-03800-815-6. 50,70 €
www.hiltl.ch, www.tibits.ch
Meat the Green
2013 eröffnete die erste „Vegi Metzg“ der Schweiz in Zürich. Das Sortiment bietet Fleischalternativen an der „Metzger-Theke“ wie Tofu, Seitan, Tempeh, Soja-Wurstwaren, sowie das beliebte Hiltl-Tatar, Züri-Geschnetzeltes oder hausgemachtes Cordon bleu im Offenverkauf. Ziel ist es, vertraute Geschmäcker auf vegetarischer Basis anzubieten. Die Idee entstand auf einer Reise nach Schanghai, wo Tempeh-Schnitzel und Tofu-Burger für die Menschen eine Selbstverständlichkeit sind – anders in der Schweiz. Auch das Aussterben von (Fleisch-)Metzgereien in der Schweiz und der Wunsch nach Fortführung der Tradition gaben für Rolf Hiltl den Ausschlag für die Vegi Metzg.
Anders als das erste Kochbuch werden in „Meat the Green“ leider nicht nur rein vegane Rezepte geboten. Von 65 Gerichten sind 30 vegan, unterteilt in: Vor- und Hauptspeisen, Sandwiches, Snacks, Salate, Grillgerichte und Saucen. Außerdem: Basisrezepte für Sojamilch, Okara, Tofu, Seitan und Paneer (vegetarisch). Es wird viel mit Fertigprodukten und exotischen Zutaten gearbeitet, die man in der Hiltl Vegi Metzgerei bekommt (Erklärungen sind im Glossar zu finden): z.B. vegane Wienerwürstchen, Reismayonnaise, vegane Saucencrème, Hiltl-Gewürzmischungen, Crevetten (aus der Maniokwurzel), Kaffirlimettenblätter, Noix Gras (Terrine aus Cashew- und Pinienkernen von Sternekoch Tobias Buholzer), Long Beans, veganer Thunfisch, Randenpulver (Rote Rübe), veganes Enten- und Rindsfilet, Trüffelöl.
Ein kleiner Einblick in die veganen Gerichte: Crab Cake, Tofu Ceviche, Gehacktes mit Hörnli, Züri-Geschnetzeltes, Pad Thai, Teriyaki Udon Noodles, Schinkengipfeli, Wurstweggen, Zitronengras Tempeh. Und darauf haben Fans schon lange gewartet: Das Geheimnis des berühmten Hiltl-Tatar wird gelüftet!
Unverständlich bleibt, warum die Panade für’s Schnitzel oder Cordon bleu und auch die Quiche mit Ei zubereitet werden, gibt es doch mittlerweile gute vegane Möglichkeiten. Sehr häufig neben Ei kommt Quorn zum Einsatz, ein hierzulande eher unübliches vegetarisches Produkt, das aus dem fermentierten Myzel eines Schimmelpilzes und Eiweiß aus Hühnereiern hergestellt wird. Zubereitungszeiten und Personenanzahl fehlen, dafür findet man sich im Rezept- und Zutatenverzeichnis sehr gut zurecht. Aufgrund der exotischen Zutaten sind nicht alle Gerichte alltagstauglich.
Drei Anekdoten und Geschichten von Bettina Weber (Journalistin, Vegetarierin), Stevan Paul (Foodstylist, freier Autor) und Dominik Flammer (Buchautor) zwischendrin bringen zum Schmunzeln. Ausgefallene, bizarre Fotos von Sylvan Müller zeigen Menschen im Metzger-Outfit beim „Schlachten“ von rotem Gemüse und Obst (Rote Rübe, Melone, Tomaten, Rotkraut, usw.) und sind hier zu bestaunen: bmr-fotografen.ch
Fazit: Leider nicht komplett vegan, dennoch ein erfrischend anderes Kochbuch.
Rolf Hiltl: Meat the Green. Das Hiltl-Kochbuch zur ersten vegetarischen Metzgerei der Schweiz
AT Verlag 2015. ISBN 978-3-03800-896-5. 50,40 €
www.hiltl.ch/de/laden