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Viele Konflikte um Seltene Erden – das Beispiel Kongo

Seltene Erden sind Mineralien, die mittlerweile traurige Berühmtheit erlangt haben: Bürgerkrieg, “Bluterde”, Umweltzerstörung und Kinder als Minenarbeiter sind Begriffe, die dabei fallen. Wir schauen uns den Abbau von Coltan in der Demokratischen Republik Kongo als Beispiel genauer an.

Die Demokratische Republik Kongo ist ein von vielen Krisen geschütteltes Land, darunter die Art und Weise, wie seltene Erden abgebaut werden (Foto: Pixbay, jorono)

Ob in Handys, Laptops, Beleuchtungssystemen, Elektrofahrzeugen oder Windturbinen, überall werden Mineralien mit speziellen Eigenschaften benötigt. Seltene Erden wie Neodym, Cer, Kobalt etc. und lassen sich nicht überall in ausreichender Menge finden, sondern nur an wenigen Plätzen weltweit. Bei der großen Nachfrage aus der Elektroindustrie könnte man meinen, dass der Abbau gut koordiniert und geregelt ist, geleitet von Standards und geprüft von den wachen Augen internationaler Institutionen. Doch es ist oft ganz anders: Seltene Erden werden in Zentralafrika unter menschenunwürdigen Bedingungen, oft kontrolliert von bewaffneten Bürgerkriegsgruppen, von den Bewohnern mit der bloßen Hand geschürft. Für sie ist das häufig die einzige Einnahmequelle in der Gegend. Ein besonders drastisches Beispiel ist Kobalt und Tantal in der krisengeschüttelten Demokratischen Republik Kongo, einem der rohstoffreichsten Länder der Welt. Die größten Profiteure im Land sind internationale Bergbaufirmen, vor allem chinesische.

Der Kongo als Brennpunkt der Elektronikindustrie

Ohne die seltenen Mineralien läuft nichts in der Mikroelektronik, aber auch bei den Technologien, welche für die Energiewende gebraucht werden. Die Geräte sind voll mit ihnen, ob Batterien, Solarzellen, Windkraftwerke etc. Die Hersteller beziehen das reine Material von großen Rohstofffirmen wie der Schweizer Glencore, einem der umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Diese kaufen die Rohstoffe von Zwischenhändlern, etwa in Kongo. Und die wiederum bekommen die geschürften Mineralien, wie etwa Coltan, der Ausgangsstoff für Tantal ist und damit unverzichtbar in der Herstellung von Mikroelektronik, vom sogenannten informellen Kleinbergbau. Hier, im Osten des Kongo, graben viele Menschen in Eigenregie nach Coltan. Teilweise ohne jegliche Ausrüstung, barfuß und mit bloßen Händen holen sie die Erde aus dem vorher entwaldeten Boden. Häufig waten sie ohne Gummistiefel im mit lösenden Chemikalien durchtränkten Pfützen und sieben die Erde, bis Coltan sichtbar wird. Dass die Preise, welche von den Bürgerkriegsgruppen an die Minenarbeiter bezahlt wird, angemessen sind, darf gerne bezweifelt werden. Schlimmer noch, die Truppen verwenden die Gewinne, um sich mit Waffen auszurüsten. Selbst in den organisierten Bergwerken wie Rubaya, der größten Coltan-Mine des Kongo, sorgen unklare Gesetze und Eigentumsverhältnisse für Konflikte und gewaltsame Auseinandersetzungen. Hier treten oft auch die ethnischen Gräben zwischen den Hutu und den Tutsi zutage.   

Zusammengefasst: Bei diesen ungeregelten Verhältnissen, kombiniert mit der wirtschaftlichen Not der Menschen, müssen oft auch Kinder in den Minen arbeiten. Sicherheitsstandards in den Minen fehlen meist völlig und die Menschen sind vielfältigen Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Des Weiteren kommt es zu großflächiger Umweltzerstörung, da erst Wälder gerodet werden müssen, um zum Boden zu gelangen. Danach werden giftige Chemikalien zum Auswaschen der Schlacke in die Flüsse geleitet, was auch die Wasserversorgung der Bevölkerung gefährdet. Vorprogrammiert sind die Konflikte zwischen den lokalen Gemeinschaften untereinander und mit bewaffneten Einheiten, welche den Handel kontrollieren wollen. Dazu kommt die weitreichende Korruption in der Politik, welche Verbesserungen der Lage verhindert und die Menschen um die gerechte Verteilung der Gewinne bringt. 

Die Regierungen versuchen, die Kontrolle über den Handel zu erlangen

Natürlich können wir bei unserem Konsum etwas tun, siehe unten. Ganz untätig sind auch die Regierungen der “ersten Welt” nicht. Die USA und die EU haben eine Lieferkettenregelung verabschiedet, in der für bestimmte Mineralien die Herkunft genau bestimmbar sein muss. Damit will man sich von den Exporten vor allem aus China unabhängig machen, aber auch die Kontrolle in den Herkunftsländern verbessern. Dies gilt zum Beispiel für Coltan. Weniger streng ist es für Kobalt, da handelt es sich lediglich um eine Empfehlung. Es gibt auch bereits NGOs wie die Fair Cobalt Alliance. Elektroautohersteller sollen in Zukunft ohne Bedenken auch bei den Kleinbergwerksleuten einkaufen können, so die Idee. Die NGO hat sich zum Ziel gesetzt, direkt bei den kleinsten Minen anzusetzen und die Arbeitsbedingungen und den Handel mit Kobalt im Kongo zu verbessern, damit die Menschen vor Ort direkt profitieren können. Denn mit dem Abbau können sie unter geregelten Bedingungen weit mehr Einkommen erwirtschaften, als mit anderen Jobs in der Region. Weiters gibt es bereits Unternehmen, welche freiwillig die Herkunft der Seltene Erden prüfen: Intel setzt laut eigenen Angaben schon seit Längerem ausschließlich auf “konfliktfreie” Mineralien, ebenso wirbt Microsoft für bessere Bedingungen im Abbau. Firmen, die eine Zertifizierung scheuen, beziehen ihre Ware mittlerweile eher aus Ländern wie Australien, so wie der ehemals größte Rohstoffhändler für Coltan im Kongo, H.C. Starck. 

Was können wir tun?

  • Wir können Regierungen dazu auffordern, sich zusammenschließen, um Ungleichheit zu bekämpfen und faire Handelsbedingungen zu schaffen.
  • Die Einführung von Zertifizierungssystemen kann dazu beitragen, die Herkunft der seltenen Erden nachzuweisen und sicherzustellen, dass sie unter fairen Bedingungen abgebaut wurden.
  • Die Entwicklung von Technologien, die weniger seltene Erden benötigen oder recycelte Materialien verwenden, kann die Nachfrage nach diesen Rohstoffen reduzieren.
  • Die lokalen Gemeinschaften vor Ort stärken, damit sie von den Gewinnen aus dem Abbau profitieren.
  • Beim Konsum können wir darauf achten, was wir kaufen. Darf es auch ein gebrauchtes Handy sein? Kann ich mehr ausgeben für ein Handy, dessen Hersteller sich zu Standards verpflichtet, zum Beispiel ein Fairphone
  • Bei der Entsorgung technischer Geräte nicht vergessen, dass wir im Hausmüll wertvolle Rohstoffe wortwörtlich zu Rauch werden lassen. Nicht einmal ein Viertel des weltweiten Elektroschrotts wird laut Global E-Waste-Monitor nachweislich ordnungsgemäß recycelt. Dieser Wert könnte laut dem Bericht bis 2030 sogar auf 20 Prozent fallen! Also bitte immer die MA 48 Sammelstellen aufsuchen. 

Die Schere, welche sich zwischen den ersten in der Kette im Kongo und den Profiteuren weltweit auftut, ist so eklatant wie in kaum einem anderen Bereich. Auf der einen Seite Menschen in gefährlichen, unwürdigen Lebenssituationen, auf der anderen Technikfirmen, Regierungen und wir, die Konsumenten und Konsumentinnen. Daher ist es umso wichtiger, zur Verbesserung beizutragen und diese einzufordern, wo es möglich ist: Beim Kauf/Reparatur unserer Produkte und bei unseren Forderungen an die Politik.

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Ein Artikel von Levente
veröffentlicht am 30.07.2024
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