Kameraüberwachung im Schlachthof – Ein sinnvolles Tierschutzinstrument?

Kameraüberwachung
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2017. Einige Informationen könnten veraltet sein.

Wann immer wir von ihnen reden, wird uns unbehaglich. Hätten sie Glaswände und stünden in der Haupteinkaufsstraße, lebten alle vegan. Die Rede ist von Schlachthöfen. Der Ort, an dem „Nutztiere“, ob bio oder konventionell gehalten, ein gewaltvolles Ende finden. Der Ort, an dem wir Tieren das Wertvollste und Wichtigste unwiederbringlich nehmen und zum Elend der Zucht, Haltung und des Transportes auch noch Angst und Schmerzen hinzufügen. Kann die Überwachung des Schlachtprozesses durch Kameras etwas zum Tierschutz beitragen? Dieser Frage wollen wir uns in folgendem Beitrag widmen.

Kameraüberwachung am Schlachthof

(Foto: Pixabay, 3dman_eu)

Der Tierschutz dokumentiert: Quälerei und Todesangst in Schlachthöfen

Zu den gesetzeskonformen Leiden der Tiere (die Tiere werden an das System angepasst, nicht das System an die Tiere) kommen in Schlachthöfen auch noch weitere Quälereien hinzu. Immer wieder decken Tierschutzorganisationen Grausamkeit und Brutalität gegen Tiere auf. So zum Beispiel der VGT bei einer groß angelegten Recherche oder auch vor wenigen Wochen SOKO-Tierschutz in einem so genannten Bioschlachthof.

Warum die Schlachthofüberwachung per Kamera?

Einige Tierschutzorganisationen fordern nun die Überwachung der Schlachthöfe mit Kameras. So soll sichergestellt werden, dass ArbeiterInnen keinen Frust an Tieren auslassen, aber auch nicht von Vorgesetzten gezwungen werden können, Tiere brutal anzutreiben oder unzureichend zu betäuben, um Zeit zu sparen und Quoten zu erfüllen.

Kameras könnten von der Entladung über die Gänge, Aufenthaltsbuchten, Betäubungsstationen, Schlachtbändern usw. aufnehmen, wie mit den Tieren umgegangen wird. VeterinärInnen wie SchlachthofmitarbeiterInnen hätten so eine Kontrollinstanz im Nacken.

FleischWas spricht dagegen?

Dagegen spricht – wie an jedem Arbeitsplatz – die Überwachung der MitarbeiterInnen. Es ist äußerst hart, an einem Ort zu arbeiten, an dem nicht nur dauernd über die Schulter geschaut wird, sondern auch jeder Handgriff auf Film gebannt ist und dies zu Rüge oder verlacht werden (wer kratzt sich nicht einmal unbewusst?) genutzt werden kann.

Gewerkschaften und Datenschutz-ExpertInnen sprechen sich gegen eine Überwachung von Arbeitsplätzen aus. In Deutschland wurde zuletzt ein Antrag zur Schlachthof-Überwachung mittels Kamera aus Gründen des Arbeits- und Datenschutzes abgelehnt. Hinzu kommt die Frage nach der Auswertung potentiellen Datenmateriales. Wer sichtet Stunde um Stunde Material, am besten in Echtzeit, um bei Verstößen eingreifen zu können?

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

Während Deutschland der Schlachthof-Kontrolle mittels Kameras zunächst eine Absage erteilt hat, will Frankreich die obligatorische Überwachung ab dem 1. Jänner 2018. Dort allerdings sollen die Aufnahmen von Tierschutzbeauftragten und Veterinären im Sold des Schlachthöfe gesichtet werden.

In Großbritannien gibt es kein Gesetz zur Überwachung. Jedoch haben Tierschutzkampagnen die großen Märkte Morrisons, Waitrose, Co-op, Sainsbury’s, Aldi, Tesco, Lidl, Asda, Marks & Spencer, Iceland und Booker davon überzeugt, Fleischwaren nur mehr von Schlachthöfen mit Kameraüberwachung zu beziehen. Wie die Auswertung geschieht und welche Verstöße wie geahndet werden, ist bei einer nicht gesetzlich vorgeschriebenen Kontrolle leider weniger greifbar. Darum setzt sich Animal Aid in Großbritannien für eine gesetzliche Regelung mit festen Vorgaben ein).

Schlachthof

(Foto: Pixabay, BlackRiv)

Fazit

Eine Überwachung der Schlachthöfe kann durchaus ein sinnvolles Werkzeug sein, um das Elend der Tiere etwas zu verringern, wenn sie auch das eigentliche Problem, dass ein Tier nur für unsere Gelüste sein Leben lassen muss, nicht behebt. Jedoch müssen klare Regeln nicht nur für den Schutz der ArbeiterInnen gelten, welche oft auch schwächere Glieder der Kette sind, sondern es müssen auch

  • Kontrollen durch geschulte VeterinärInnen stattfinden, die nicht auf der Gehaltsliste von Schlachthof oder Fleischindustrie stehen
  • Verstöße dokumentiert und auch statistisch ausgewertet werden
  • Verstöße Konsequenzen haben

Fraglich ist auch, ob VerbraucherInnen die Chance erhalten sollen (anonymisiertes) Bildmaterial einsehen zu können, um mündigere Konsumentscheidungen treffen zu können. Bisher müssen sich KonsumentInnen auf eine karge EWG-Nummer am verpackten Produkt und lächelnde Comictiere auf der Verpackung in Bezug auf Wohl und Wehe der Tiere verlassen.

Bleibt fraglich, ob zunächst Branchenzugeständnisse in der österreichischen Supermarktlandschaft zu erwarten sind, gesetzliche Vorgaben geschaffen werden oder wir selbst Schlachthöfe überflüssig machen und Lupinengyros, Wiener Seitanschnitzel und Hafermilch in unseren Küchen und Restaurants Einzug halten lassen.

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Ein Artikel von Hella
veröffentlicht am 7.06.2017
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