Schon mal etwas von Renaturierung gehört?
Was bedeutet Renaturierung?
Renaturierung bezeichnet die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen nach Veränderung des Bodens, des Wasserhaushalts und der Artenzusammensetzung. Dazu gehören Moorregeneration, Flussrevitalisierung, Wiedereinbürgerung von Arten oder Artengruppen und Wiederbegrünung. Uns muss jedoch klar sein: Sobald ein Lebensraum grundlegend zerstört wurde, kann er nie wieder in seinen natürlichen Ursprungszustand zurückgeführt werden. Daher wird auch oft der Begriff Restauration verwendet.
Was sind die grundlegenden Ziele bei der Renaturierung von Lebensräumen?
- Standorttypischen Arten siedeln sich wieder an
- Die natürliche Dynamik des Systems kehrt zurück
- Passende Nutzungsformen und Pflegemaßnahmen sind etabliert (wenn die natürliche Dynamik nicht in die Wege geleitet werden kann)
Warum ist Renaturierung wichtig für den Naturschutz und die Artenvielfalt?
Natürliche und naturnahe Landschaften sind meist artenreicher und dadurch nicht so anfällig für unvorhersehbare Veränderungen in der Umwelt wie Klimawandel oder Umweltkatastrophen. Andererseits dienen sie als Puffer für Katastrophen wie Hochwasser und Lawinen. Außerdem sind naturnahe Lebensräume gute Kohlenstoffspeicher. Moore binden sogar atmosphärischen Kohlenstoff und entfernen so laufend das viel gefürchtete Treibhausgas CO₂.
Manche Lebensräume sind bereits extrem selten und um sie vor der völligen Auslöschung zu bewahren, muss ein ausgedehntes Netz dieser Lebensräume wiederhergestellt werden. Dazu gehören unter anderem Moore, Au- und Flusslandschaften, Trockenrasen und Feuchtwiesen.
Flussrückbau an der Donau
Die Donau war einst im Wiener Becken ein riesiges Netz an Alt- und Nebenarmen bevor sie in den 1870ern zu einem geraden Hauptstrom zusammengelegt wurde. Dabei wurde viel Bau- und Ackerland gewonnen aber gleichzeitig ist viel Naturraum verloren gegangen. Zusätzlich wurde später die natürliche Überschwemmungsdynamik der Auen durch den Bau von Dämmen abgestellt. Der Blockwurf an den Ufern hindert den Fluss am Mäandrieren.
Heute kämpft man mit einer Vertiefung des Flussbetts durch die starke Strömungsgeschwindigkeit und verheerenden Überschwemmungen durch mangelnde Retentionszonen.
In Renaturierungsprojekten wird der Blockwurf entfernt, um wieder eine halbwegs naturnahe Uferdynamik zu ermöglichen, das Hochwasser darf stellenweise wieder kontrolliert durch neue Schleusen in Aubereiche hinter Dämme fließen und stillgelegte Seitenarme werden wieder an den Fluss angeschlossen. Besonders Arten, die Schotterbänke oder langsam fließendes Wasser benötigen, finden so wieder einen Lebensraum an der Donau.
Wo sind alle Moore hin?
Moore gelten in der Kulturlandschaft in erster Linie als unpraktisch, da sie nicht genutzt werden können. Sie wurden und werden daher drainagiert und/oder der Torf wird gestochen und abtransportiert.
Moore sind allerdings Lebensräume mit sehr speziellen strukturellen und hydrologischen Bedingungen, die viele genau darauf spezialisierte Arten beherbergen. Zudem speichern sie laufend eine Menge Kohlenstoff in Form von Torf und zwar schon seit 15.000 Jahren. Durch die Entwässerung von Mooren werden aus den Kohlenstoffspeichern Kohlenstoffquellen!
Um der Entwässerung von Mooren entgegenzuwirken, werden die Drainagekanäle mit Dämmen versehen. In Mooren, bei denen bereits eine drastische Abnahme des Torfes zu beobachten ist, kann nur durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Wasserspiegels der weitere Torfabbau gestoppt werden. Das Torfwachstum eines gesunden Moores ist in solchen Fällen in absehbarer Zeit allerdings nicht mehr zu erwarten.
Ausbau der Infrastruktur
Beim Bau von neuen Straßen und Bahnrouten wird die Landschaft meist stark verändert. Entlang der Verkehrswege, aber auch auf Flächen, die an die Lagerung der Baumaterialien und Maschinen angepasst werden.
Gerade bei solchen Flächen ist es wichtig Lebensräume zu schaffen, die in dieser Landschaft natürlich vorkommen könnten, indem mit lokalen Arten bepflanzt wird, anstatt einer Mischung standortfremder Nutz- und Zierpflanzen auszubringen.
Zusätzlich gibt es gesetzliche Regelungen, die bei sehr großen Bauvorhaben die Einrichtung von sogenannten Ausgleichsflächen vorschreiben. Bei den Ausgleichsflächen handelt es sich in der Regel auch um Restaurationsprojekte, wie zum Beispiel die Erstellung eines Lebensraums für eine gefährdete Art an geeigneter Stelle.
Zusammenfassend
Renaturierungsmaßnahmen gehören sicherlich zu den teuersten Naturschutzinstrumenten. Besser wäre es natürlich, es nie so weit kommen zu lassen. Leider ist es in vielen Fällen bereits zu spät und in anderen mit unseren Ansprüchen nicht vereinbar. Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Nein, Renaturierung allein kann in dem derzeit betriebenen Ausmaß nicht das Artensterben aufhalten, aber sie ist eine wichtige Ergänzung zu allen anderen naturschutzfachlichen Maßnahmen.