Verstümmelung und Amputationen – wie Nutztiere passend gemacht werden

Küken
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2017. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Durch Tierrechts- und Tierschutzrecherchen werden wir immer wieder mit grausamen Bildern aus der „Nutztierhaltung“ konfrontiert. Dabei verstört nicht nur, dass denkende, fühlende Lebewesen zu nummerierten Produktionseinheiten degradiert werden, sondern auch die Haltung an sich und die Anpassung der Tiere an die maximal wirtschaftlichen und arbeitsunaufwändigsten Haltungssysteme.
Küken

Foto: Pixabay (xp3_dot_us)

Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zum Tierschutz. Das klingt fortschrittlich. Das klingt tierfreundlich. Doch, wie ernst nimmt es Österreich tatsächlich mit dem Tierschutz? Und steht der Tierschutz womöglich doch noch hinter dem Tiernutz? Diesen Eindruck bekommt man nämlich recht schnell, wenn man sich die „Kreativität“ beim Anpassen der Tiere an nicht artgerechte Lebensumgebungen ansieht: kupierte Schwänze, abgebrannte Hörner, betäubungslos entnommene Hoden, abgetrennte Schnäbel, kurzgefeilte Zähne, Flügelamputationen bei Zoovögeln… Es gibt kaum etwas, was es nicht gibt.

Tierschutzprobleme werden mit tierfeindlichen Lösungsversuchen behandelt

Werden nun Tiere, wie z. B. Hühner, in großer Zahl auf engem Raum gehalten, können sie darum arteigenes Verhalten wie scharren, picken, (Staub)baden, nach Nahrung suchen, Schlafplatz und Toilette getrennt anlegen, Artgenossen aus dem Weg gehen, wühlen usw. nicht ausleben. In der Folge kommt es unter den Tieren zu Picken und Federziehen, Kämpfen oder auch Kannibalismus aus Langeweile und Frustration.

Um nicht die Haltung an die elementarsten Bedürfnisse der Tiere anzupassen und somit womöglich arbeitsintensiver und unrentabler zu machen, wurden stattdessen die Tiere mittels Züchtung und Amputationen an die Haltungssysteme angepasst.

Staubbadendes Huhn (Foto: Pixabay, danielsfotowelt)

Schweine benagen aus Langeweile die Ringelschwänze ihrer Artgenossen, sodass diese Verletzungen erleiden, die bis hin zu Nekrosen führen. Doch anstatt Platz, Beschäftigungsmaterial und die Möglichkeit sich ihre Nahrung zu erarbeiten anzubieten, lassen sich doch auch die Ringelschwänzchen abschneiden und die Zähne abschleifen.

Hühner und Puten picken einander? Da hilft ein abgetrennter Schnabel. Rinder könnten einander und die LandwirtInnen mit ihren Hörnern verletzen? Dann werden die Hörner eben abgebrannt.

Forschung als Verzögerungstaktik?

Wann immer Bilder, Videos oder auch nur die Beschreibungen dessen, was die Tiere erdulden müssen, an die Öffentlichkeit dringen, schlagen Mitgefühl, Trauer, Wut und Empörung hoch. Selbst wer täglich Fleisch und Co. konsumiert, kann nicht verstehen, warum die Tiere so verstümmelt und eingeschränkt werden.

In den Fällen werden dann zwei Erklärungs- und Beruhigungsaussagen getätigt. Die Amputationen dienten der Verhinderung von Tierschutzproblemen wie Picken oder Kannibalismus. Und man forsche ja an Maßnahmen zum Tierwohl. Um über Haltungsveränderungen auf Verordnungs- oder Gesetzesebene nachzudenken, müsse z. B. noch diese oder jene Forschung zu Spielzeug in der Schweinemast, Fütterungsmanagement in der Putenmast oder der Legehennenhaltung abgewartet oder ausgewertet werden. Immerhin wollten Entscheidungen ja wissenschaftlich belegt sein.

Der Tierindustrie lässt sich dabei kaum ein Vorwurf machen. Soll sie doch günstig produzieren. Tiere möglichst komprimiert und wenig betreuungsintensiv zu halten, ist also oberstes Gebot. So z. B. auch in der Schweine“produktion„.

Schwein

(Foto: Pixabay, Bertomic)

Obwohl wir also nicht nur bei den nicht domestizierten Vorfahren unserer so genannten Nutztiere sehen, wie sie sich verhalten wollen und auch in Gefangenschaft erkennen, dass Vögel z. B. baden und Schweine Dinge beschnuppern und benagen, ordnen wir diese Bedürfnisse unserer Lust am billigen Schnitzel und den diversen Portionen Milch und Ei täglich unter.

Soll das Joghurt nun 200 Euro kosten?

Immer wieder wird der Ruf nach höheren Preisen für Lebensmittel und hierbei besonders der Tierprodukte, laut. Wie viel teurer Milch-, Fleisch-, und Eiprodukte (auch in der Verarbeitung) werden müssten, um den Tieren Amputationen, Enge und Langeweile zu ersparen sowie ihnen die Möglichkeit zu Baden, Scharren, Picken usw. zu geben, ist nicht klar.

Vorstöße wie z. B. bei der Bioproduktion jedoch zeigen, dass die guten Vorsätze an der Ladentheke enden. Wäre den meisten ÖsterreicherInnen wert, mehr für Tierprodukte auszugeben, wenn die Haltung tierfreundlicher wäre, läge der Anteil der Produkte bei über den aktuellen acht Prozent und die VerbraucherInnen hätten längst Verbesserungswünsche an die Bioverbände herangetragen und analog zur s.g. Bruderhahn-Initiative, bei der es darum geht, männliche Küken der Legelinien nicht mehr nach dem Schlupf zu töten, sondern erst ein paar Wochen später, auch tatsächlich angestoßen.

Um den Tieren also nicht nur den Schlachthof zu ersparen, sondern sie auch vor Überzüchtung und Amputationen zur Anpassung an Haltungssysteme zu schützen, bleibt und ein wirkungsvolles Werkzeug: Die Vermeidung von Tierprodukten und die Hinwendung zu tier- und umweltfreundlicheren Pflanzenprodukten. Diese sind heute überall zu finden und selbst Restaurants bieten mehr und mehr vegane Gerichte an.

veganes essen

(Foto: Pixabay, RitaE)

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Ein Artikel von Hella
veröffentlicht am 13.09.2017
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