Das unbeachtete Leiden der Puten

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2019. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Fällt der Begriff Nutztier, denken viele sicher spontan an Rinder, Schweine und Hühner. Doch Puten, auch bekannt als Truthühner, werden ebenfalls zur Fleischgewinnung verwendet. Als weniger ungesundes Fleisch angepriesen, wird in Österreich pro Kopf über fünf Kilo Pute konsumiert. Woher die Puten kommen, wie es ihnen bei der Haltung, Tiertransporten und Schlachtung erging, bleibt weitgehend im Dunkeln.
Puten

Puten wissen, was sie wollen – vermutlich keine 8,5 Stunden dauernde Fahrt zum Schlachthof… (Foto: Pixabay, Wolfgang Eckart)

Puten sind faszinierende Wesen, die Missfallen und Wohlbefinden deutlich bekunden können. Wer das Glück hat, gerettete Tiere in einer artgemäßen Umgebung zu besuchen, wird die Begegnung sicher nicht vergessen. Und trotzdem landen Jahr um Jahr 5,3 Kilo Putenfleisch pro Kopf auf österreichischen Tellern. Etwa 972.000 Puten werden jährlich in Österreich gemästet, allen Lippenbekenntnissen von vermeintlicher Vorliebe für Bio zum Trotz, werden nur etwa 95.000 von ihnen nach Bio-Richtlinien gehalten. Über die Hälfte des in Österreich verwendeten Putenfleisches stammt aus dem Ausland.

Obwohl Österreich eine eigene Haltungsverordung für Puten erlassen und damit schon eine Vorbildfunktion in Europa inne hat, ist das Leben der Puten alles andere als artgemäß. 40 Kilo Pute pro Quadratmeter Stallfläche ist erlaubt, ein Auslauf muss nicht gewährt werden. Gekürzte Schnäbel sowie durchweichte Einstreu sind keine Ausnahmen.

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Ungesunde Haltung für weniger ungesundes Fleisch? (Foto: Pixabay, PublicDomainImages)

Nur eine Brüterei und ein Schlachthof in Österreich

Da es nur eine Brüterei und einen Schlachtbetrieb in Österreich gibt, sind lange Tietransporte von der Brüterei zur Mastanlage sowie nach der Mast zur Schlachtung vorprogramiert.

Die europäische Gemeinschaft sieht sich in der Pflicht, den Schutz von Pute, Schwein und Co. bei Tiertransporten zu berücksichtigen. Dabei sollen lange Transporte und Leiden der Tiere durch zum Beispiel Stress, Hitze, Durst oder schlecht ausgebildetes Personal reduziert werden. Sonderbestimmungen für den Transport von Geflügel, zu dem Puten gehören, gibt es jedoch trotzdem keine. Auch das österreichische Tiertransportgesetz von 2007, sowie die veröffentlichten Merkblätter und Handbücher zu Tiertransporten, sehen keinen besonderen Schutz für Geflügel vor.

Daher können Puten in Österreich sogar 8,5 Stunden bis zum Schlachthof transportiert werden. Das bedeutet, dass einem alles andere als tierfreundlichem Verladen, bei dem die Tiere in Eile grob vom Boden aufgehoben und in Transportkisten gepresst werden, noch viele Stunden Fahrt bei jedem Wetter folgen. Das Einsammeln und Verladen der Tiere wird in Österreich dabei nicht zur Transportzeit gezählt, sodass die zuerst ausgestallten Tiere bereits lange in den Transportboxen ausharren, wenn die letzten Tiere noch gepackt werden.

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(Foto: Pixabay, ARLOUK)

Mängel bei Tiertransporten

Statistiken dazu, wie viele Putentransporte gegen geltendes Gesetz verstoßen, gibt es nicht. Der Tierschutzbericht des Bundesministereiums für Frauen und Gesundheit veröffentlicht nur die Anzahl der Kontrollen und gefundenen Zuwiderhandlungen. Für das Jahr 2016 wurden laut Tierschutzbericht bei Kontrollen sowohl am Schlachthof, als auch auf der Straße 1.382 Zuwiderhandlungen festgestellt. Dabei handelt es sich sowohl um formales, wie fehlende oder mangelhafte Dokumentation, als auch das Wohl der Tiere direkt betreffende Mängel und Verstöße wie die Transportunfähigkeit der betroffenen Lebewesen, Mängel beim Platz, bei der Versorgung mit Wasser und Nahrung sowie der Transportdauer.

Da selbst der Tierschutzbericht in 80 Fällen davon ausgeht, dass durch Zuwiderhandlungen beim Transport Tieren Schmerzen, Schäden oder Leiden zugefügt wurden, verwundert es wenig, dass die Tierärztekammer Verbesserungen einfordert und Tiertransporte über acht Stunden komplett ablehnt.

Neben dem Elend bei Haltung und Ausstallung sowie den langen Transporten, denen österreichische Puten auf dem Weg aus der einzigen Brüterei und zum einzigen Schlachthof in Österreich ausgesetzt sind, kommt noch das importierte Leid hinzu. Über die Hälfte des in Österreich verzehrten Putenfleisches stammt aus dem Ausland. Vor wenigen Wochen erst verfolgte eine deutsche Tierrechtsorganisation den Weg von Puten aus Osteuropa nach Deutschland. Die aus Tschechien und Ungarn stammenden Tiere wurden brutal geworfen und getreten, viele überlebten das Einladen und transportieren nicht.

Ähnlich dürfte das Schicksal der für Österreich bestimmten Puten aussehen. Werden die Tiere erst als Streifen auf dem Salat oder Wurst auf der Semmel serviert, sind weder der Herkunftsort, noch das erlittene Leid für die KonsumentInnen zu erkennen.

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Ein Artikel von Hella
veröffentlicht am 3.12.2019
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