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Forstwirtschaft – Wie nachhaltig sind FSC und PEFC wirklich?

Was bedeutet nachhaltige Forstwirtschaft? Der Begriff Nachhaltigkeit entwickelt sich in der Forstwirtschaft von einer rein wirtschaftlich orientierten Definition hin zu einer naturbezogenen. Aspekte wie die biologische Vielfalt, Regenerationsfähigkeit und Vitalität der Wälder gewinnen an Bedeutung. Doch wie können wir als Konsumenten das Wohlbefinden unserer Wälder mit unserem Einkaufsverhalten unterstützen? Sind Gütesiegel wie FSC und PEFC vertrauenswürdig? Was steckt dahinter? Und wie sieht nachhaltige Forstwirtschaft in der Praxis aus?

Die Forstwirtschaft ist vor allem hierzulande ein bedeutender Wirtschaftszweig. Das Thema Nachhaltigkeit kommt dabei aber häufig zu kurz. (Foto: Unsplash, Sander Steehouwer)

Nachhaltige Fortwirtschaft

Forstwirtschaft ist als Teil des Primärsektors eine der ursprünglichsten Wirtschaftsformen. Dementsprechend frühzeitig wurden Überlegungen zur langfristigen Sicherstellung mit der Ressource Holz angestellt. Bereits vor rund 300 Jahren war klar – Abholzung ohne Nachpflanzung, das funktioniert nicht. Ohne vorausschauende Planung wird der Rohstoff Holz knapp. Bäume brauchen nämlich Jahrzehnte zum Wachsen. An diesem Punkt kommt der Aspekt der Nachhaltigkeit ins Spiel. Es darf nur so viel Holz verwendet werden, wie in derselben Zeit nachwachsen kann. Der Begriff der nachhaltigen Forstwirtschaft hat sich über die vergangenen 300 Jahre weiterentwickelt. Mittlerweile geht es um weit mehr als die Sicherstellung der Holzmengen. Die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (FOREST EUROPE) hat 1993 in der Helsinki-Deklaration angeführt, wie Forstwirtschaft von nun an aussehen soll. Sechs übergreifende Kriterien spielen dabei eine zentrale Rolle:

• Erhaltung und angemessene Verbesserung der forstlichen Ressourcen und Sicherstellung ihres Beitrags zu den globalen Kohlenstoffkreisläufen,
• Erhaltung der Gesundheit und Vitalität von Waldökosystemen,
• Erhaltung und Förderung der produktiven Funktionen der Wälder, sowohl für Holz als auch für Nicht-Holzprodukte,
• Erhaltung, Schutz und adäquate Verbesserung der biologischen Diversität in Waldökosystemen,
• Erhaltung und angemessene Verbesserung der Schutzfunktion bei der Waldbewirtschaftung, vor allem in den Bereichen Boden und Wasser,
• Erhaltung sonstiger sozio-ökonomischer Funktionen und Konditionen.

Holz als nachwachsender Rohstoff

Holz wird als nachhaltiger und klimafreundlicher Rohstoff definiert. Dabei wird aber allzu oft vergessen, dass viele Verwendungsmethoden die positiven Effekte des Waldes zunichtemachen. Wenn Holz für Wärmegeneration verbrannt wird, funktioniert es nicht mehr als CO2-Speicher. Im Gegenteil, es wird zum CO2-Emittenten. Holz als Rohstoff ist endlich, wie jede andere Ressource auch. Es macht einen Unterschied, wie alt der Wald und seine Bäume sind. Die „naturnahsten“ und nachhaltigsten Wälder sind die sogenannten Urwälder, sprich besonders alte Wälder. Das Alter eines Waldes spielt aus verschiedenen Gründen eine Rolle. Ältere Bäume binden in der Regel mehr CO2, beherbergen eine größere biologische Vielfalt und helfen durch Symbiosen mit nährstoffreichen Pilzen gegen Trockenheit. Sie beherbergen einen ganzen Mikrokosmos an Vögeln, Larven und Insekten. Aufgrund der zuvor beschriebenen Abholzungspraktiken werden die Wälder jedoch verhältnismäßig jünger beziehungsweise nehmen weltweit flächenmäßig ab. Es gibt immer weniger Urwälder.

Gütesiegel in der Forstwirtschaft – Wofür stehen FSC und PEFC?

Wer stellt die Einhaltung der Kriterien zur nachhaltigen Forstwirtschaft sicher? Woran ist zu erkennen, wer seine Wälder nachhaltig bewirtschaftet? Qualitätssiegel wie FSC und PEFC stellen eine Orientierungshilfe dar. FSC (Forest Stewardship Council) steht für die Absicherung wichtiger Umwelt- und Sozialstandards im Wald. Dabei orientiert sich die Organisation an weltweit gültigen Standards für nachhaltige Waldwirtschaft. Ein Unternehmen erhält nur dann eine FSC-Waldzertifizierung, wenn es den Anforderungen des FSC entspricht. Wichtige Anforderungen sind – um nur einige zu nennen – angepasste Wildbestände, nachhaltige Holzernten, die Durchführung regelmäßiger Kontrollen durch unabhängige Zertifizierungsstellen und (nutzungsfreie) Naturwaldentwicklungsflächen.

Wie auch FSC belohnt PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) Unternehmen für nachhaltige Waldbewirtschaftung mit einem Zertifikat. Unabhängige Zertifizierer sollen ebenfalls bei PEFC etwaige Interessenskonflikte verhindern. Darüber hinaus verspricht ein PEFC-Zertifikat Transparenz, Leistbarkeit, Artenvielfalt, die Wahrung der Waldeigentümerinteressen etc.

Gütesiegel hin oder her – illegale Waldrodungen sind noch immer gängige Praxis (Foto: Unsplash, Nathan Anderson)

„Zertifikatepfusch“ – Alles nur ein großer Schwindel?

Wie “grün” sind FSC und PEFC wirklich? Das Rechercheprojekt „Deforestation Inc.“ des ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) widmete sich den globalen Abholzungspraktiken. Insgesamt 140 Journalist*innen aus 27 Ländern waren daran beteiligt. Von österreichischer Seite aus, der ORF und das profil. Im Rahmen des groß angelegten Rechercheprojekts konnten zahlreiche Missstände rund um die Vergabe dieser Qualitätssiegel festgestellt werden. Kurze Kontrolldauern, sporadisch anwesende Prüfkräfte, fehlende Einheitlichkeit, freiberufliche Sub-Auftragnehmer, die zeitgleich als Berater tätig sind. Hinter Nachhaltigkeitszertifikaten verstecken sich darüber hinaus häufig illegale Unternehmenspraktiken. Illegale Abholzungen in geschützten Wäldern, Fälschungen von Genehmigungen, Ausbeutung von Arbeitskräften, Menschenrechtsverletzungen und viele mehr.

Sowohl bei FSC als auch bei PEFC führen vermeintlich unabhängige, akkreditierte Zertifizierungsstellen die Überprüfungen der zu zertifizierenden Unternehmen durch. Das Problem dabei – Zertifizierungsstellen werden häufig direkt von den zertifizierten Unternehmen bezahlt – ein gravierender Interessenskonflikt ist offensichtlich. Handelt es sich bei dem Handel mit den Zertifikaten also doch nur wieder um „Greenwashing“? Das ICIJ legt den Verdacht zumindest nahe. Seit 1998 wurden mehr als 340 zertifizierte Unternehmen (FSC oder andere Gütesiegel) identifiziert, die mit Vorwürfen von Behörden, Umweltorganisationen oder regionalen Initiativen konfrontiert waren. Die erfolgreiche Auditierung vom österreichischen Unternehmen HS Timber (vormals Schweighofer) erfolgte beispielsweise wenige Monate bevor die weitreichenden Verfehlungen des Konzerns an die Öffentlichkeit gelangten.

Ein wesentlicher Teil nachhaltiger Forstwirtschaft sind Naturwaldentwicklungsflächen. Dort kann sich der Wald ohne menschlichen Einfluss selbst regulieren. (Foto: Pixabay, Robert Balog)

Fazit

Aus klima- und umwelttechnischer Sicht muss es effiziente Kontrollen zertifizierter Unternehmen sowie der Zertifizierungsstellen geben beziehungsweise global strengere Gesetze. Siegelverleihern wie FSC und PEFC allein die Schuld zuzuschieben wäre zu einfach. Nichtsdestotrotz ist klar, dass diese ihren Versprechen bis dato nicht gerecht wurden. Optimierte Kontrollmechanismen und -methoden und höhere Strafen bei nicht Einhaltung der Richtlinien sind gefragt. Denn am Ende verlieren die Konsument*innen. Von der Natur und seinen Bewohner ganz zu schweigen.

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Ein Artikel von Benedikt Schweigl
veröffentlicht am 25.04.2023
Als Student der Politikwissenschaft beschäftige ich mich mit Machtverhältnissen in den unterschiedlichsten Konstellationen. Ein besonderes Interesse habe ich dabei an unterschiedlichen Ansätzen, die ungleiche Machtverhältnisse herausfordern, wie fairer Handel oder Anti-Speziesismus.
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