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Ist Patagonia zukunftsweisend?

„Die Erde ist jetzt unser einziger Aktionär“, erklärt Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, und verkündet im September 2022, die Firma an eine wohltätige Organisation weiterzugeben. Doch welchen Beitrag leistet das für unser Klima?
Zwei Wandernde vor der Bergkulisse Patagoniens.

Wie vorbildlich ist Patagonia wirklich? Ist alles nur ein Marketing-Stunt? (Foto: Unsplash, Toomas Tartes)

Im Ethik.Guide, dem Einkaufsführer für fairen und nachhaltigen Konsum, findest du in der Kategorie Mode jede Menge Geschäfte und Labels, die nachhaltige Sport- und Outdoor-Mode anbieten.

Patagonia wurde 1973 gegründet und ist eine umweltbewusste Outdoor-Bekleidungsmarke. Der Wert der Firma wird auf 3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bereits seit Anbeginn setzt man sich gegen den Klimawandel und Massenkonsum ein. Weiters werden die Kleidungsstücke laufend recycelt und repariert, damit sie ein Leben lang halten.

One Percent for the Planet

Chouinard spricht sich dafür aus, dass die Ressourcen der Erde nicht unendlich sind und dass wir die planetaren Grenzen längst überschritten haben. Aus diesem Grund spendet Patagonia seit 1998 jedes Jahr ein Prozent ihres Umsatzes für die Erhaltung unserer Umwelt.

Später wurde Patagonia 2002 Mitbegründer der Allianz „One Percent for the Planet“. Dieser freiwillige Zusammenschluss von Unternehmen verpflichtet sich eben diesem, ein Prozent des Gesamtumsatzes oder 10 Prozent des Gewinns an Umweltorganisationen jährlich zu spenden. Laut eigenen Angaben hat Patagonia bis Mitte 2020 89 Millionen Dollar an insgesamt 1539 Umweltschutzgruppen gespendet. Insgesamt sollen schon über 435 Millionen Dollar durch One Percent eingenommen worden sein.

Der neue Weg

„Ich wollte nie Geschäftsmann sein“, erklärt Chouinard 2022 und kündetet darauffolgend an, dass Unternehmen in eine NGO umzuwandeln und alle Gewinne, die nicht reinvestiert werden, der Stiftung zugutekommen.

Anfangs hat er erwägt, die Firma zu verkaufen und den Erlös zu spenden, allerdings ist laut ihm das nicht mehr genug, um gegen den Klimawandel zu kämpfen. Auch die Marke öffentlich zugänglich zu machen, habe er abgelehnt, da man dadurch Kontrolle über die Nachhaltigkeit von Patagonia verlieren würde.
Aus diesem Grund gehören 98 Prozent der Marke dem „Holdfast Collective“. Die NGO wird von Patagonia finanziert. Die restlichen zwei Prozent gehören Chouinard und seiner Familie. Mit dem gewählten Weg bleibt Patagonia ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen mit einem Vorstand und einem Geschäftsführer.

Ein nebeliger Mischwald aus der Froschperspektive. Mittig steht eine Person in einer roten Regenjacke auf einem Haufen großer Steinblöcke.

Nach der Veröffentlichung einer Anzeige in der New York Times, warum man die Patagoniajacke nicht kaufen soll mit der Aufschlüsselung der Umweltkosten des Produkts, ist der Umsatz erheblich angestiegen (Foto: Unsplash, Ali Inay)

Politischer Aktivismus und Marketing

Als nach US-Recht anerkannter sozialer Wohlfahrtsverband kann das Collective nicht nur Zuschüsse und Investitionen in unseren Planeten tätigen, sondern auch für politische Anliegen eintreten.

Politisch aktiv ist Patagonia bereits seit Jahrzehnten. 2011 erregten sie Aufmerksamkeit durch eine Anzeige in der New York Times. “Don’t Buy This Jacket.” stand auf der Titelseite, im weiteren Text wurden die Umweltkosten des meistverkauften Produktes des Unternehmens aufgeschlüsselt. Die Verbraucher*innen wurden dazu aufgefordert, zweimal darüber nachzudenken, bevor sie dieses oder ein anderes Produkt kaufen. Die Aufmerksamkeit, die die Anzeige erhielt, trug dazu bei, den Umsatz von Patagonia im Jahr 2012 erheblich zu steigern.

Das daraus resultierende Geld wurde an verschiedene Umweltorganisationen gespendet. Im Jahr 2017 verklagte die Modekette die Trump-Administration, da diese Naturschutzgebiete für wirtschaftliche Zwecke nutzen wollte.

2020 startete Patagonia eine Kampagne gegen amerikanische Politiker. Dabei wurden in Bekleidung Etiketten mit der Aufschrift „Vote the assholes out“ eingenäht. Das Unternehmen ging dabei nicht gegen eine Partei vor, sondern gegen alle Politiker*innen, welche die Klimakrise missachten, die Wissenschaft dazu ignorieren oder Profit aus der Öl- und Gasindustrie ziehen. Die jüngste Aktion mit den Kleidungsetiketten ist also eine konsequente und deutliche Fortsetzung der Positionierung von Patagonia.

Eine Nähhalle mit Neonröhrenbeleuchtung. An einigen Nähmaschinen arbeiten Personen auf weißen Plastiksesseln mit dem Rücken zur Kamera.

Ein Millardenvermögen kann nicht auf ethische Weise verdient werden. Es basiert immer auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen. (Foto: Unsplash, Rio Lecatompessy)

Kontroversen

Nachdem der Chouinard verkündete, das Vermögen seines Unternehmens zu verschenken, behaupteten Kritiker*innen, dass er dabei mehr als eine Milliarde Dollar an Steuern vermeidet. Die Aktienbeträge für das Holdfast Collective gehören zu der Gruppe der 501(c)(4) NGO. Das bedeutet, sie sind steuerfrei und können ohne Umstände auch einzelne Personen, wie etwa Politiker*innen unterstützen.

Weiters stellt sich die Frage, ob es überhaupt „gute“ Milliardäre wie Chouinard geben kann. Denn so ein Vermögen kann nicht auf ethische Weise erfolgen, letztendlich werden Menschen und Ressourcen ausgebeutet. Nicht zuletzt verwendet das Unternehmen nach wie vor fossile Brennstoffe bei der Herstellung ihrer Produkte. Durch das Engagement von Patagonia steigen die Profite. Durch mehr verkaufte Ware, die für Outdoor bestimmt ist, wird eben jene Natur zerstört. Deshalb bezeichnen sie sich nicht als nachhaltig und geben dies auch offen zu.

Obwohl das Unternehmen Wert auf recycelte und nachhaltige Produkte setzt, kann es trotzdem nicht allein unseren Planeten retten. Anders als andere Firmen betreibt Patagonia seit der Gründung Aktivismus für das Klima. Außerdem wird sichergestellt, dass Patagonia auch in Zukunft auf diesen Werten beruht. Somit gehören sie im Vergleich zu den fortschrittlichsten großen Marken weltweit.

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Ein Artikel von Viktoria Rybicki
veröffentlicht am 14.06.2023
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