Mundraub ganz ohne Raub
Mundraub im eigentlichen Sinn
Der Begriff Mundraub wird nur im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet. Er umschreibt den
Mundraub fällt dabei nach österreichischem Gesetz unter den Tatbestand der Entwendung. Wer beispielsweise Früchte und Beeren aus der Not heraus oder aus purer Lust heraus stiehlt, dem droht eine Geldstrafe von bis zu 60 Tagessätzen und im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Monat. Die gestohlene Menge spielt beim Strafausmaß eine entscheidende Rolle. Strafverfolgungsbehörden dürfen aber nur im Falle einer Strafanzeige durch die bestohlene Person aktiv werden. Dies hat vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und weit verbreiteter Armut eher Seltenheitscharakter. In den Nachkriegszeiten wurde Mundraub beispielsweise in der Regel weniger hart bis gar nicht bestraft. Der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings rechtfertigte nach dem 2. Weltkrieg Mundraub für den Eigenbedarf. Aus der Not heraus stehlen, wird deshalb heute noch als „fringsen“ bezeichnet. Im nächsten Kapitel zeigen wir euch eine Initiative, die Mundraub ohne Diebstahl möglich macht.
Initiative Mundraub.org
Mundraub ohne Diebstahl. Mundraub.org machts möglich. Im Grunde genommen als Initiative im Sinne der Regionalität entstanden, geht es darum, lokale Obst- und Nussbäume sowie -sträucher vor der Verrottung zu bewahren. Die Ideengeber, Kai Gildhorn und Katharina Frosch, wollten damit eine Alternative zum fragwürdigen Konsum plastikverpackter „exotischer“ Früchte bieten. Es funktioniert folgendermaßen: Über die Internet-Plattform Mundraub.org findet ihr auf einer interaktiven Karte alles von Früchten, Gemüse bis hin zu Nüssen. Dabei werden nur jene Pflanzen vermerkt, die auch legal und kostenlos zugänglich sind. Manchmal handelt es sich um Wildpflanzen, manchmal aber auch um das Eigentum von Privatpersonen. Beim Ernten sind sinngemäß folgende Regeln zu beachten:
- Verletzung von Eigentumsrechten sowie das Betreten von Schutzgebieten als No-Go!
- Respektvoller Umgang mit Natur und Tieren und nur für den Eigenbedarf pflücken.
- Entdeckungen teilen.
- Mithilfe bei der Pflege und Nachpflanzung von Obstbäumen.
Mundraub.org ist eine Community-basierte Plattform. Dementsprechend kann sich dort jeder registrieren, um neue Ernteplätze einzutragen oder bestehende zu aktualisieren.
Der Selbstversuch
Wie funktioniert der Mundraub in der Praxis? Ich habe den Selbstversuch gewagt. In meiner aktuellen Heimat Sankt Pölten habe ich mich mit der interaktiven Karte von Mundraub.org auf die Suche gemacht. Bereits bei meinem ersten Ziel wurde ich mit einer unglaublichen Fülle an Obst und Nüssen überrascht. In Erwartung eine Johannisbeerstaude zu finden, fand ich mich schlussendlich im Garten des Niederösterreichischen Landesmuseums wieder. Dort erblickte ich neben der besagten Staude auch zahlreiche weitere Obstbäume und -sträucher sowie Nussbäume. Von einem Zwetschkenbaum, mehreren Hagebuttensträuchern bis hin zu einem Walnussbaum. Es besteht dementsprechend noch reichlich Potenzial, die interaktive Karte mit bereits vorhandenen Ernteangeboten zu ergänzen. Zehn Minuten mit dem Rad in südwestlicher Richtung später wurde ich ebenfalls fündig. Die eingezeichneten Haselnussbäume und -sträucher standen an der angegebenen Stelle und trugen reichlich Früchte.
Der Selbstversuch ist in diesem Sinne ein voller Erfolg gewesen. Persönlich am besten gefallen haben mir die Pflanzensteckbriefe mit Details zu den einzelnen Nuss-, Obst- und Gemüsesorten. Besonders die Angabe von Reife- und Erntezeit ist unglaublich hilfreich.
Fazit
Die community-basierte Plattform Mundraub.org zeigt, dass Mundraub nichts mit Diebstahl zu tun haben muss. Es ist eine Initiative, die hilft, unseren Zugang zur Natur und unser Konsumverhalten neu auszurichten. Anstelle von über Kontinente transportiertem und verpacktem Obst findest du mit der interaktiven Karte von Mundraub.org ganz einfach frische und regionale Früchte in deiner unmittelbaren Umgebung. Im Anschluss teilst du die eigene Entdeckung. Wie alle Mitglieder der Community. Im Sinne einer gemeinschaftlichen Obstallmende. Dabei gibt es nur Gewinner*innen und der Lebensmittelverschwendung wird Einhalt geboten. Ich habe bereits den Selbstversuch gewagt, jetzt bist du dran. Viel Spaß!