,

Ökologisch und fair abgebautes Gold – Interview mit Stefan Nikl

Goldschmuck erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Der Abbau von Gold ist jedoch sowohl für die Umwelt als auch Menschen katastrophal: Verwüstung ganzer Landstriche, Vergiftung des Grundwassers, Kinderarbeit und die Ausbeutung von Minenarbeiter*innen sind oft die Folge. Bei der Gewinnung von Silber oder Diamanten sieht es auch nicht besser aus. Es gibt jedoch Unternehmen, die das nicht einfach so hinnehmen möchten. So ist es der Goldschmiede Nikl ein besonderes Anliegen, nur ökologisch und fair abgebautes Gold zu verwenden. Stefan Nikl erzählt im Interview unter anderem, was Fairmined ECO Gold ist, warum es noch selten verwendet wird und worauf du beim Schuckkauf achten kannst.

Stefan Nikl beim Goldschmieden in seiner Werkstatt.

„Für uns ist es wichtig, dass unsere Schmuckstücke für Fairness, Nachhaltigkeit und regionales Handwerk stehen.“ (Foto: Goldschmiede Nikl)

Ihr Familienunternehmen Goldschmiede Nikl stellt Schmuck aus fairem Gold her. Können Sie uns mehr über Fairmined ECO Gold erzählen und warum Sie sich dafür entschieden haben, es in Ihrer Schmuckherstellung zu verwenden?

Fairmined Gold wird unter sicheren Arbeitsbedingungen und fairer Entlohnung von kleingewerblichen Minengemeinschaften gewonnen. Fairmined ECO Gold wird darüber hinaus rein mechanisch, also ohne die Verwendung chemischer Zusätze, wie Cyanide oder Quecksilber und unter fairen Arbeitsbedingungen abgebaut. Es entspricht so höchsten ethischen und ökologischen Standards.

Für uns ist es wichtig, dass unsere Schmuckstücke für Fairness, Nachhaltigkeit und regionales Handwerk stehen. Demnach war es für uns naheliegend, Teil der Fairmined Familie zu werden.

Welche Schmuckstücke stellen Sie aus Fairmined ECO Gold her?

Seit unserer Fairmined-Zertifizierung im Jahr 2016 stellen wir grundsätzlich alle Schmuckstücke aus Fairmined Gold her – seit 2021 verwenden wir nur noch Fairmined ECO Gold.

Gibt es besondere Herausforderungen oder Unterschiede bei der Verarbeitung von Fairmined ECO Gold im Vergleich zu herkömmlichem Gold?

In ihren physikalischen Eigenschaften unterscheiden sich konventionelles und ökologisches Gold nicht. Unterschiede liegen einerseits im Preis und andererseits in der Rückverfolgbarkeit. So liegt der Preis für Fairmined ECO Gold etwa 30 Prozent über dem durchschnittlichen Goldpreis am Weltmarkt. Eine stringente Dokumentation entlang der gesamten Handelskette stellt dafür einen lückenlosen Herkunftsnachweis jeder einzelnen Fairmined Gold – Charge sicher.

Aktuell beziehen Sie Ihr Fairmined ECO Gold aus einer Mine in Peru, Ananea. Haben Sie sich schon einmal eine Goldmine vor Ort gesehen?

Ich habe die Mine von Oro Puno bislang nicht selbst besucht. Um meinen persönlichen ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten, überlege ich – besonders bei Fernreisen – sehr genau, ob diese unbedingt notwendig sind. Es wäre natürlich sehr interessant, sich selbst ein Bild von der Mine zu machen und sich von den fairen Arbeitsbedingungen zu überzeugen. Solange sich eine Reise nach Peru nicht ergibt, halte ich mich mit Aussendungen der Alliance for Responsible Mining (ARM) am Laufenden. Mittlerweile sind Neuigkeiten via Websites und Social Media sehr gut aufbereitet und leicht verfügbar.

Wie unterstützt die Verwendung von Fairmined Gold die Gemeinschaften, in denen es abgebaut wird?

Die Alliance for responsible Mining (ARM) zertifiziert Minengemeinschaften nach Standards, die sicherstellen, dass Rechte, wie Arbeitssicherheit und eine faire Entlohnung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewahrt werden. Fairmined ECO – Minen müssen zudem strenge Umweltstandards einhalten. Im Gegenzug erhalten Minengemeinschaften zusätzlich zum Gold-Verkaufspreis Prämien, über deren Verwendung sie gemeinschaftlich entscheiden.
Diese Prämien liegen bei Fairmined Minen bei 4.000,-$/kg Gold, Fairmined ECO Minen erhalten darüber hinaus weitere 2.000,-$/kg Gold.
Zusätzlich zu diesen Prämien organisiert die ARM Fortbildungsmaßnahmen, unterstützt beim Aufbau von medizinischer Versorgung und sorgt für den Schutz gefährdeter Umweltzonen.

Gruppenfoto der Arbeiter des Teams Oro Puno, Peru in blauer Schutzkleidung. Im Hintergrund sind Kontainer zu sehen.

„Die Alliance for responsible Mining (ARM) zertifiziert Minengemeinschaften nach Standards, die sicherstellen, dass Rechte, wie Arbeitssicherheit und eine faire Entlohnung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewahrt werden.“ (Foto: Alliance for Responsible Mining)

Die Goldschmiede Nikl ist eines der wenigen Unternehmen in Europa, das Fairmined Gold verwendet. Warum, glauben Sie, ist es noch nicht weiter verbreitet?

Einerseits könnte es an einer noch zu geringen Kundenwahrnehmung liegen. Zudem dürften auch einige Unternehmen erst auf explizite Nachfrage seitens ihrer Kunden reagieren und erst dann eine Erweiterung oder Umstellung des Angebots in Erwägung ziehen.

Andererseits ist ökologisches oder „grünes“ Gold aufgrund der Mehrkosten sicherlich auch nicht für alle Kundenkreise gleichermaßen attraktiv.

Neben der Verwendung von Fairmined ECO Gold bieten Sie auch an, Familiengold zu verarbeiten. Wie funktioniert das? Muss das Gold eine bestimmte Qualität vorweisen?

Auf besonderen Wunsch können wir, neben Fairmined ECO Gold, auch das Familiengold unserer Kunden in die Fertigung neuer Schmuckstücke miteinbeziehen. Die Weiterverwendung von Schmuckmaterialien, die nicht mehr getragen werden, bietet neben einer finanziellen Ersparnis auch den Erhalt von ideellen Werten und die Sicherheit eines minimalen ökologischen Fußabdruckes.

Dies gilt insbesondere für Gegenstände, die ohne zusätzliche Aufbereitung direkt weiterverwendet werden können. Besonders jene Gegenstände, die wenige oder gar keine Lotstellen aufweisen, eignen sich für ein direktes Upcycling. Zu diesen zählen zum Beispiel Ringe und Anhänger. Kleingliedrige Ketten hingegen, sind für eine unmittelbare Verarbeitung ungeeignet.

Was passiert mit überschüssigem Material?

In der Regel besteht eine hohe persönliche Bindung zu Familiengold. Daher retournieren wir überschüssiges Material an unsere Kundinnen und Kunden, das dann für weitere Anfertigungen aufgehoben wird.

Sollte die vorhandene Menge an Familiengold nicht ausreichen, ergänzen wir diese im notwendigen Ausmaß mit Fairmined ECO Gold.

Nun zu einem anderen Material: Diamant. Durch den Kimberley Process wird sichergestellt, dass keine Diamanten aus Bürgerkriegsgebieten in den internationalen Handel gelangen. Sie schreiben auf Ihrer Website, dass Ihnen das nicht reicht. Was ist in Ihren Augen ein fair abgebauter und gehandelter Diamant? Gibt es hierfür auch unabhängige Kontrollstellen?

Der Kimberley Prozess sichert lediglich eine konfliktfreie Herkunft von geförderten Diamanten. Unter welchen Arbeitsbedingungen diese Steine abgebaut wurden, geht aus einer solchen Zertifizierung nicht hervor. Anders als im Goldhandel, hat sich im Diamanthandel leider noch kein durchgehendes System für fair gehandelte Diamanten etabliert. Es gibt zwar Organisationen, die kleingewerbliche Minenarbeiter unterstützen, deren geförderte Diamanten aber nicht zertifizieren. Einzelne private Initiativen beginnen daher, sämtliche Handelsstufen – von der Mine über das Schleifen bis zur Verarbeitung in Juwelen – in ihre Unternehmen zu integrieren. Faire Entlohnung und sichere Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungsketten vorausgesetzt, könnten diese Diamanten als fair gehandelt bezeichnet werden.

Auch der internationale Juwelenhandel sieht sich mit einem steigenden Kunden-Interesse an Herkunft, Nachhaltigkeit und fairen Produktionsbedingungen von Schmuckwaren konfrontiert. Seitens der Weltföderation der Diamantbörsen (WFDB) gibt es daher Bemühungen, die einen stringenten Herkunftsnachweis von ungeschliffenen und geschliffenen Diamanten sicherstellen sollen. Es besteht die Hoffnung, dass diese und weitere Initiativen, wie das geplante Lieferkettengesetz, auch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für kleingewerbliche Minenarbeiter beitragen.

Eine Alternative zu neu geförderten Diamanten besteht im Upcycling von Diamanten aus bestehenden Schmuckstücken. So wie Gold, Silber und andere Schmuckmetalle, können auch Diamanten und andere Edelsteine bei der Herstellung neuer Schmuckstücke wiederverwendet werden. Diese Edelsteine werden aus alten Fassungen behutsam entnommen, gereinigt, eventuell umgeschliffen und dann in die neu angefertigten Juwelen eingesetzt.

Zwei Goldringe mit unebener Außenseite. Im Hintergrund ist ein gelbes Ginkoblatt zu sehen.

„Die Weiterverwendung von Schmuckmaterialien, die nicht mehr getragen werden, bietet neben einer finanziellen Ersparnis auch den Erhalt von ideellen Werten und die Sicherheit eines minimalen ökologischen Fußabdruckes.“ (Foto: Goldschmiede Nikl)

Welche anderen nachhaltigen Praktiken oder Materialien integrieren Sie in Ihre Schmuckherstellung?

Wir versuchen in allen Bereichen umweltschädliche Auswirkungen, soweit uns möglich zu vermeiden. Wir erzeugen – wenn auch in kleinem Umfang – eigenen Solarstrom und beziehen darüber hinaus ausschließlich Ökostrom. Laufend setzen wir Energie-Sparmaßnahmen um und drängen auch den Einsatz fossiler Energie (Erdgas) zurück. Importe via Flugfracht kompensieren wir in jährlichen Abständen über das Portal der BOKU. Im Bereich von Edelsteinen setzen wir auf die Partnerschaft mit Unternehmen, die ebenfalls Nachhaltigkeit und Fairness leben. So beziehen wir die allermeisten Farbsteine von “Ceylons”, einem Münchener Unternehmen, das in Sri Lanka kleinst-strukturierte, nachhaltige Minen betreibt.

Haben Sie Ratschläge für Personen, die nachhaltige Schmuckstücke kaufen möchten?

Wenn der Wunsch nach Nachhaltigkeit und Fairness bei einer Schmuckanfertigung im Vordergrund steht, liefern die Webseiten von Fairtrade und Fairmined detaillierte Informationen, welche Unternehmen faires Gold anbieten.

Da auch Regionalität einen sehr wichtigen Aspekt in der Gesamtbetrachtung einer nachhaltigen Erzeugung beziehungsweise eines verantwortungsvollen Handels für uns darstellt, empfehlen wir, das Gespräch mit einer Goldschmiede oder einem Juweliergeschäft in der Nähe zu suchen. In einem Beratungsgespräch können sämtliche Fragen zu Herkunft und Qualität der verwendeten Materialien erörtert werden. Falls Familiengold, das nicht mehr benötigt wird, vorhanden ist, sollte dieser Umstand auch in das Gespräch einfließen.

Über Stefan Nikl

Stefan Nikl ist Goldschmiedemeister und geprüfter Edelsteinfachmann. Seit 2000 führt er ein Familienunternehmen in dritter Generation. Er ist seit 2002 am Evangelischen Gymnasium Werkschulheim in der Lehrausbildung tätig und steht seit dem Jahr 2018 der Österreichischen Diamantbörse als Präsident vor.

 

Hier gehts zur Goldschmiede Nikl.

Artikel teilen:
Hat dir der Artikel gefallen? Dann unterstütze uns mit einer Spende ab 1€, damit wir uns weiterhin für eine gerechte, nachhaltige und tierfreundliche Welt einsetzen können. Danke!
Profilbild
Ein Artikel von Barbara
veröffentlicht am 21.11.2023
Leidenschaftliche Naturliebhaberin und Erträumerin eines nachhaltigen gesellschaftlichen Wandels. Beim Ethik.Guide als Obfrau, Blogkoordinatorin, -autorin und Autorin des Newsletters aktiv.
DSGVO Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner