Wie alt wird eigentlich ein (Oster-)Lamm?

Kein Tier, das für den Fleischkonsum gezüchtet wurde, erreicht auch nur ein Sechstel seiner natürlichen Lebensdauer! Dieser Satz regt zum Nachdenken an, denn nur die wenigsten wissen, welches Alter Schafe, Schweine oder Kühe eigentlich erreichen könnten. Im folgenden Artikel möchten genauer darüber aufklären.

Sogenannte Milchlämmer trinken im Alter der Schlachtung noch Muttermilch (Foto: Pixabay, suju-foto)

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Lämmer

Zu Ostern ein Osterlamm: Das gehört für viele zur Tradition. Wie jung das verzehrte Tier bei der Schlachtung allerdings war und wie alt es hätte werden können, das wissen die wenigsten. Fakt ist, dass Schafe eine Lebenserwartung von rund 20 Jahren hätten. Die wenigsten dürfen aber länger als ein Jahr am Leben bleiben, meist ist ihre Lebensspanne noch kürzer. In den Handel kommt vor allem Lammfleisch von Milchlämmern (bei der Schlachtung zwischen zwei und sechs Monaten alt) und Mastlämmern (zwischen sechs und 12 Monaten alt). Der Name Milchlamm bezieht sich übrigens darauf, dass sie im Alter der Schlachtung noch Muttermilch aufnehmen. Bei Schaffleisch beträgt das durchschnittliche Alter bei der Schlachtung zwei Jahre. Je älter die getöteten Tiere, desto intensiver und strenger im Geschmack ist das Fleisch. Da viele Kunden diesen spezifischen Lammfleischgeschmack ablehnen, sind besonders Lämmer begehrt.

Doch nicht nur Lämmer werden lange vor Erreichen des Erwachsenenalters geschlachtet – bei Schweinen, Kühen oder Geflügel sieht die Situation nicht anders aus.

Schweine

Schweine sind hochintelligente und sehr soziale Tiere, die eine Lebenserwartung von 20 Jahren haben. Die rund fünf Millionen Schweine in Österreich, die ihr Dasein in furchtbaren Verhältnissen fristen müssen, erreichen gerade mal ein Alter von fünf bis sechs Monaten. Das bedeutet, dass im Grunde bei Schweinefleisch immer Ferkel verzehrt werden. Pro Tag legen diese Ferkel ca. 1 kg an Gewicht zu, bis sie dann mit einem Endgewicht von ungefähr 120 kg den Gang zum Schlachter antreten müssen.

Zuchtsäue, deren Aufgabe es ist, in Abferkelbuchten Ferkel am laufenden Band zu „produzieren“, haben eine Lebenserwartung von zwei bis drei Jahren.

Die meisten Schweine spüren ihr ganzes Leben kein Gras unter ihren Füßen. Sie werden „kosteneffizient“ im Stall mit Höchsttempo gemästet und geschlachtet. (Foto: Unsplash, Marek Piwnicki)

Rinder

Egal ob Fleisch- oder Milchkuh, sie alle könnten gut und gerne 20 bis 30 Jahre alt werden. Die Realität sieht aber natürlich ganz anders aus: Am schlimmsten trifft es die Kälber, die als Kalbfleisch enden sollen. Jeglicher Kontakt zum Muttertier wird ihnen verwehrt (die Milch will ja der Mensch) und ihre Ernährung wird bewusst eisenarm gestaltet, damit das Fleisch schön hell bleibt. Nach drei bis fünf Monaten werden die völlig entkräfteten Tiere dann geschlachtet. Ein Jungrind „darf“ für die Fleischproduktion acht bis zehn Monate am Leben bleiben, leidet aber genauso wie die Kälber an den katastrophalen Haltungsbedingungen. Am längsten leben Milchkühe, sie erreichen ein Alter von vier bis fünf Jahren. Diese Zeit fristen die Tiere aber meist in Anbindehaltung oder auf Spaltenböden, die zu Verletzungen führen. Normalerweise würde eine Kuh 10 Stunden am Tag damit verbringen, eine Weide abzugrasen – die meisten Milchkühe werden ihr Leben lang aber nie Wiese unter sich spüren. Lässt die Milchleistung der Kühe nach, werden auch sie geschlachtet.

Kälber von Milchkühen werden direkt nach der Geburt von ihren Müttern getrennt (Foto: Pixabay, pen_ash)

Geflügel

Von allen Tiermasten dauert keine so kurz wie die Hähnchenmast. Nach nur fünf bis sechs Wochen werden die Tiere geschlachtet, dabei könnte ein Huhn stolze zehn Jahre alt werden. Doch auch Legehennen dürfen nicht viel älter werden, nach ca. eineinhalb Jahren werden auch sie der Fleischproduktion zugeführt. Die kürzeste Lebenszeit von allen Nutztieren haben bei Legehennen aber die männlichen Küken: Da sie keine Eier legen, sich aufgrund der Züchtung aber auch nicht für die Fleischproduktion eignen, werden sie noch am Tag ihrer Geburt im wahrsten Sinne des Wortes zerschreddert oder vergast.

Bei Truthähnen, die ein Alter von 15 Jahren erreichen könnten, wird das gewünschte Gewicht bereits nach zwei bis drei Monaten erreicht und die Tiere zum Schlachter gebracht. Das Leben von Enten und Gänsen endet ebenfalls nach einigen Monaten, dabei könnten Enten 15-20 Jahre alt, Gänse sogar 35-40 Jahre alt werden.

Männliche Küken werden meist wenige Stunden nach dem Schlüpfen getötet (Foto: Pexels, Pixabay)

Vergleicht man die Lebenserwartung und die tatsächliche Lebensdauer anhand von Prozentwerten, so leben Mutterschafe und Milchziegen am längsten, sie erreichen 42 Prozent ihrer möglichen Lebensdauer, am kürzesten leben männliche Küken bei Legehennen und Masthähnchen – ihre wenigen Stunden Lebenszeit dürften nicht einmal ein Promille ihrer möglichen Lebensdauer betragen.

Fleischkonsum bedeutet also noch nicht einmal ausgewachsene Tiere zu verzehren, die nur einen Bruchteil der Zeit leben, die die Natur für sie vorgesehen hätte. Zusätzlich müssen sie diese kurze Zeit auch noch unter Haltungsbedingungen fristen, die ihrer Natur massiv widersprechen. Da auf das Osterlamm zu verzichten fällt wahrlich nicht schwer!

In diesem Sinne wünschen wir dir ein schönes – und vor allem tierleidfreies – Osterfest!

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Ein Artikel von Isabel
veröffentlicht am 12.04.2022

Ein Kommentar

  • DanAVL sagt:

    Echt Wahnsinn, in welchem Verhältnis die erwarteten und die tatsächlichen Lebensspannen der Tiere stehen! Wollte man die fleischliche Ernährung auf einmal umstellen auf das Essen von älteren Tieren, sodass sie eine gewisse Zeit zum würdevollen Leben haben, dann müssten alle für einige Jahre auf Fleisch komplett verzichten. Außerdem würden viel mehr Tiere zu ernähren sein, weil viel mehr Tiere gleichzeitig leben würden. Dadurch würde Fleisch viel teurer werden und wir würden das Fleisch dieser Tiere vielleicht etwas mehr wertschätzen.

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