Wie man Nahrungsengpässe vermeiden kann

Im Zuge der dramatischen Entwicklungen im Krieg Russlands gegen Ukraine werden immer wieder Befürchtungen über eine mögliche Nahrungsmittelknappheit laut. Eine nicht ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln ist leider für einige Weltgegenden ohnehin ein ständiges Problem. Auch ohne Krieg.

Schweine müssen viele Kalorien zu sich nehmen, damit sie Fleisch „produzieren“(Foto: Pixabay, laviajera333)

Obwohl theoretisch ausreichend Lebensmittel vorhanden sind, um die gesamte menschliche Bevölkerung zu ernähren, leiden viele Menschen an Hunger. Ein wichtiger Grund hierfür liegt darin, dass ein Drittel der weltweiten Getreideernte als Tierfutter verwendet wird. Daher steht nicht mehr genug für menschliche Ernährung zur Verfügung. Das heißt zum Beispiel, es gibt weniger Getreide für die Grundnahrungsmittel Brot und Nudeln. Oder Popcorn. Mehr als 160 Millionen Tonnen Getreide dienen in der EU der Tierfutterproduktion, heißt es in einem Artikel der Albert-Schweitzer-Stiftung.

Kalorien zählen und vergleichen

Es gibt aber noch ein anderes, massives Problem – die Energieverfügbarkeit. Dabei geht es um die verwertbare Energie eines Nahrungsmittels. Wenn Getreide über den Umweg als Tierfutter in Fleisch „verwandelt“ wird, geht eine Menge Energie verloren. Um Fleisch mit dem Brennwert einer Kalorie auf den Teller zu bekommen, sind im Schnitt bereits rund zehn Kalorien Getreide im Einsatz gewesen. Zum Teil, etwa bei Kraftfutter, sind es bis zu 30. Rein rechnerisch zeigt sich hier schon deutlich, wo eine Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit zu bewerkstelligen ist: in der Veränderung des Einsatzes von Getreide. Es hilft, Ernteprodukte direkt zu verwenden, anstatt den Umweg über den Tierkörper zu nehmen. Denn der Verzicht auf Fleisch- und Milchprodukte hat eine deutlich bessere Energie- und Umweltbilanz. Ohne Fleisch- und Milcherzeugung reichen die vorhandenen Ackerflächen leicht für die gesamte Welternährung aus.

Im speziellen Fall der befürchteten Nahrungsknappheit aufgrund des Krieges in der Ukraine wirkt die Alternative besonders vernünftig, den Kalorienverlust zu vermeiden, der durch Verfütterung von Getreide und Co an „Nutztiere“ entsteht. Es gibt zahlreiche Studien, wie etwa „Veganism: A Care for Global Hunger?“ oder „Ethical Consumerism„, die darstellen, wie pflanzenbasierte Ernährung dem Welthunger entgegentreten kann. Selbstverständlich gilt es dabei auch die sozialen Fragen gerechter Verteilung und preislicher Gestaltung einzubinden und zudem Spekulation mit Lebensmitteln am Weltmarkt zu verhindern.

Zahlen sprechen

Es ist bekannt, soll hier aber trotzdem in Erinnerung gerufen werden, dass die Tierhaltung weitere gravierende Problematiken verursacht. Abgesehen vom Tierleid, ist sie verantwortlich für extrem hohen Wasser- und Flächenverbrauch. An die 80 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen dienen dem Futtermittelanbau, liefern aber nur ca. 8 Prozent aller Kalorien und 37 Prozent aller Proteine. CO2 und Methan-Ausstoß sind weitere Probleme, die mit der Tierindustrie einhergehen.

Kornkammer geschlossen?

Dieses Krisenszenario verschärft sich nun angesichts der drohenden Anbau- und Ernteausfälle in Ukraine und Teilen Russlands. Als Folge der anhaltenden Kriegshandlungen ist vielerorts nicht an Getreideanbau zu denken. Ukraine und Russland versorgten bisher vor allem Länder in Afrika und Asien mit Weizen, Gerste, Raps und Mais, außerdem Sonnenblumenöl. Ukraine sorgte für 12 Prozent der globalen Weizenproduktion. Was wird nun passieren? Wenn so viele dieser landwirtschaftlichen Produkte, vor allem Mais und Gerste, als Tierfutter dienen, sind sie für den direkten Konsum nicht verfügbar.

…wenn wir den Mais selbst essen, anstatt ihn erst an Schweinchen zu verfüttern (Foto: Pexels, Mo Abrahim)

Getreide heißt Nudeln und Popcorn, nicht Fleisch

Die Rechnung ist eigentlich klar. Sie zeigt deutlich die Nachteile einer solchen Produktionsweise. Sehr viel wird eingesetzt und sehr wenig kommt dabei heraus – wenn man die Agrarproduzenten mal aus dem Spiel lässt, die natürlich sehr stark profitieren. Für die allgemeine Ernährungssituation – und selbstverständlich die Tiere, die nicht mehr ihre eigenen Körper zur Verfügung stellen müssen– ergibt sich ein sehr deutlicher Vorteil dadurch, wenn man Getreide etc. direkt konsumiert. Gerade in Zeiten der Ernährungsunsicherheit gilt es, den logischen Schluss zu ziehen und im Sinne einer solidarischen Nahrungsmittelverteilung den Konsum von Fleisch- und Milchprodukten massiv einzudämmen. Oder ganz zu lassen.

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Ein Artikel von Susanne Karr
veröffentlicht am 31.05.2022
Als Philosophin und Journalistin beschäftige ich mich mit der Verbundenheit von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen. Darum geht es auch in meinem Blog www.aureliapangolini.com
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