Wie streng werden Tierbetriebe kontrolliert?
Im Dezember 2020 wurden in Österreich laut Statistik Austria 5.148.415 Tiere für die Fleisch- und Geflügelindustrie in insgesamt 103.073 Betrieben gehalten. Geschlachtet wurden in demselben Jahr insgesamt mindestens 6.184.145 Tiere. Diese Tiere können in der konventionellen oder der biologischen Landwirtschaft geboren, gemästet und geschlachtet worden sein. Als KonsumentIn nimmt man an, dass alle Betriebe in Österreich regelmäßig auf die Einhaltung der Gesetze kontrolliert werden – doch wer kontrolliert eigentlich, ob auf tierhaltenden Betrieben alles nach Vorschrift läuft, wie häufig wird kontrolliert und vor allem: Werden alle Betriebe kontrolliert?
Kriterien der Kontrolle
Für die Haltung und Schlachtung von Tieren in der konventionellen Landwirtschaft gibt es in Österreich Richtlinien und Gesetze, die Betriebe einhalten müssen. Zu diesen zählen das Tierschutzgesetz, die Tierschutz-Schlachtverordnung, die Tierschutzkontrollverordnung und die Tierhaltungsverordnung. In der biologischen Landwirtschaft gelten zusätzlich dazu mindestens die Vorschriften der europäischen Öko-Verordnung, deren Einhaltung mit dem grünen EU-Bio Logo ausgezeichnet wird.
Konventionelle Landwirtschaft
In der konventionellen Landwirtschaft ist es gesetzlich vorgesehen, dass die Bezirksverwaltungsbehörden AmtstierärztInnen als Kontrollorgane beauftragen. Es können auch weitere qualifizierte Personen, wie zum Beispiel TierpflegerInnen, mit der Kontrolle von den Betrieben beauftragt werden. Die beauftragten Kontrollorgane müssen mindestens zwei Prozent aller nutztierhaltenden landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich regelmäßig kontrollieren. Vor den Kontrollen werden die Betriebe hinsichtlich ihres Risikos gegen das Tierschutzgesetz und die Tierhaltungsverordnung zu verstoßen eingestuft. Hierbei werden besonders die Anzahl und Art der Tiere, die Haltungsformen, die Eigenkontrolle und etwaige selbst gemeldete Abweichungen beachtet.
Bei der Kontrolle des Betriebes wird festgehalten, welche Tierarten gehalten werden und wie viele Tiere pro Art am Hof leben. Auch die Haltungssysteme, deren Alter, Ausstattung und Zustand werden im Zuge der Kontrolle überprüft. Es muss untersucht werden, ob Bewegungsfreiheit, Besatzungsdichte, Hygiene sowie Fütterung und Tränkung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Wirken Tiere verletzt, krank oder verhaltensgestört, hält das Kontrollorgan dies fest. Falls am Hof tote Tiere vorgefunden werden, klären Kontrollorgan und TierhalterInnen, wie und wann diese gestorben sind.
Die Kontrollorgane müssen überprüfen, ob ein Betrieb seiner Aufzeichnungspflicht immer nachkommt und selbst regelmäßige Eigenkontrollen durchführt. Zu guter Letzt hält das Kontrollorgan fest, ob Mängel festgestellt werden können und ob die Kontrolle aufgrund der Mithilfe der TierhalterInnen reibungslos ablaufen konnte. Falls tatsächlich Mängel festgestellt werden, erstellt die Kontrollstelle Maßnahmen, die innerhalb einer gewissen Frist umgesetzt werden müssen. Diese Frist ist in der Tierschutzkontrollverordnung nicht genauer definiert. Es lässt sich aus dem Gesetz ebenfalls nicht herauslesen, ob die behördlichen Kontrollen angekündigt oder unangekündigt stattfinden. Auf angekündigte Kontrollen können sich Betriebe natürlich besser vorbereiten und etwaige Mängel korrigieren, bevor sie auffallen.
Werden bei einem Betrieb Mängel festgestellt, so muss im nachfolgenden Jahr eine Nachkontrolle durchgeführt werden. Diese ist nicht in die Mindestquote der zwei Prozent miteinberechnet. Schlachtanlagen werden etwas strenger kontrolliert – sie müssen mindestens einmal im Jahr auf die Tierschutzrechtsvorschriften überprüft werden und zählen somit auch nicht zu den zwei Prozent.
Tierschutzorganisationen übernehmen die Kontrollfunktion
Wenn nur mindestens zwei Prozent aller nutztierhaltenden Betriebe pro Jahr kontrolliert werden und diese Kontrollen noch dazu risikobasiert ablaufen, kann es vorkommen, dass manche Betriebe nur sehr selten kontrolliert werden. Für die Behörden mag es so wirken, als würden die meisten Betriebe die Gesetze auch ohne regelmäßige externe Kontrolle einhalten. Doch es hat sich in der Vergangenheit schon einige Male gezeigt, was passieren kann, wenn nicht regelmäßig kontrolliert wird. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat bei einigen österreichischen Betrieben hinter die Kulisse geschaut und konnte dort Tiermisshandlungen feststellen. Erst im April 2021 wurden bei einem Schweinezüchter aus Niederösterreich gesetzeswidrige Zustände aufgedeckt. Die Zuchtsäue wurden dort höchstwahrscheinlich dauerhaft in Kastenständen gehalten und die Mistkübel hinter dem Hof waren randvoll mit verstorbenen Ferkeln, obwohl die Kastenstände ihren Tod eigentlich verhindern sollten. Das dauerhafte Halten von Zuchtsauen in Kastenständen ist gesetzeswidrig. Von den rund 21.000 konventionellen Betrieben in Österreich, in denen Schweine gezüchtet oder gemästet werden, müssen pro Jahr nur mindestens 410 kontrolliert werden. Offensichtlich ist die Häufigkeit der Kontrollen nicht ausreichend, um solche Missstände zu verhindern.
Biologische Landwirtschaft
Die gesetzlichen Vorschriften für die biologische Landwirtschaft werden von der EU vorgegeben. In der EU werden Produkte erst dann als biologisch vermarktet, wenn sie zuvor zertifiziert wurden. Die Mindestkriterien werden mit dem grünen EU-Bio Logo ausgezeichnet. Betriebe können sich freiwillig an strengere Kriterien halten. Für die Kontrolle werden verschiedene Zuständigkeitsbereiche unterschieden: die oberste Kontrollinstanz, die zuständigen Behörden und die von ihnen beauftragten Kontrollstellen. In Österreich arbeitet das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als oberste Kontrollinstanz. Die Ämter der Landesregierungen sind jeweils für die Bundesländer als zuständige Behörden tätig. Einige private Organisationen werden dann von den Behörden für die Durchführung der Kontrollen zugelassen. Sie führen einmal jährlich bei allen Betrieben in der biologischen Landwirtschaft eine angekündigte Kontrolle vor Ort durch. Die Verantwortung für die Kontrollen übernimmt in allen EU Ländern einzig und allein die oberste Kontrollinstanz.
Betriebe, die mit dem EU-Bio Logo ausgezeichnet werden wollen, müssen regelmäßig dokumentieren, wie ihr Betrieb aufgebaut ist und wie sie sicherstellen, dass ihre biologischen Produkte nicht mit verbotenen Stoffen kontaminiert werden. Weiters müssen sie regelmäßig ihre Buchhaltung übermitteln. Der wichtigste Teil der Kontrolle in der biologischen Landwirtschaft ist also, dass Betriebe regelmäßige Selbstkontrollen durchführen und deren Ergebnisse an die zuständige Behörde übermitteln. Im Laufe der Selbstkontrolle werden die Ställe und Auslaufflächen der gehaltenen Tiere sowie die Lagerung von tierischen Düngemitteln detailliert beschrieben. Falls auch Lagerung, Verpackung und Verarbeitung am eigenen Betrieb stattfinden, müssen genaue Daten über diese Vorgänge in der Beschreibung enthalten sein. Die Betriebe müssen der Kontrollstelle einen Plan zu Menge und Art der Düngung übermitteln. Es ist vorgesehen, dass Betriebe Haltungsbücher führen, in denen genau dokumentiert wird, wie viele Tiere neu auf den Hof kommen und wie viele den Hof wieder verlassen. Weiters muss dokumentiert werden, wie gefüttert wird und wie Krankheiten vorgebeugt werden.
Zusammengefasst heißt das, biologische Betriebe müssen alle Informationen, die vom Kontrollorgan bei den jährlichen Kontrollen überprüft werden, durchgehend und aktuell zur Verfügung stellen. Bei den jährlichen Kontrollen vor Ort kann die Behörde zusätzlich zu diesen Informationen Proben entnehmen. Besteht der Verdacht auf einen Verstoß, müssen Proben entnommen werden.
Fazit
Es zeigt sich, dass in der konventionellen Landwirtschaft deutlich weniger Kontrollen durchgeführt werden und die Kriterien für diese Kontrollen auch niedriger sind als in der biologischen Landwirtschaft. In der konventionellen Landwirtschaft werden pro Jahr nur mindestens zwei Prozent aller tierhaltenden Betriebe kontrolliert, während in der biologischen Landwirtschaft alle Betriebe mindestens einmal im Jahr kontrolliert werden müssen. Das kann wie im oben genannten Fall, den der VGT aufgedeckt hat, dazu führen, dass Tiere in Betrieben unbemerkt misshandelt und Gesetze missachtet werden.