Wolle – auch ein Tierqualprodukt

Lamm
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2017. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Wolle ist uns allen ein Begriff und ein Material, das wir kennen. Sei es nun, weil wir als Kinder mit kratzigen Wollstrumpfhosen bedacht wurden, weil wir lockige Hunde als wollig bezeichnen oder auch beim Baumwoll-Mixmaterial vom Wollpulli sprechen. Denken wir an die Herkunft, kommt uns die Schafhaltung meist als noch recht tierfreundliche Haltung auf saftigen Wiesen im Freien in den Sinn. Die Schur erleben wir als Notwendigkeit, um die Schafe von ihrem dicken Pelz zu erleichtern. Doch ist die Wollproduktion so idyllisch wie gedacht?
Mulesing Wolle

Lamm (Foto: Pixabay, PublicDomainPictures)

Wirtschaftlichkeit vor Tierschutz

Wird mit einem Produkt Geld gewonnen, geschieht das meist so profitorientiert wie möglich. Menschenrechte, Tier- und Umweltschutz bleiben dabei auf der Strecke. Auch Schafe werden nach Zuchtzielen produziert. Im Gegensatz zu Rindern geht es da nicht um die Milchmenge, sondern um die Wollmenge und deren Qualität. In Australien, mit 25 % der weltweiten Erzeugung einer der größten Wollproduzenten, und Neuseeland sieht das nicht anders aus. Von dem betäubungslosen Herausschneiden von Hautstücken, genannt Mulesing, bis hin zum Schächttod haben wir das Leiden der Schafe in diesem Artikel für euch zusammengefasst. Aber es gibt erfreuliche Nachrichten: Seit 1. Oktober 2018 trat ein Mulesing-Verbot in Neuseeland in Kraft! Auch unter Narkose darf per Gesetz kein Schaf mehr durch Mulesing verstümmelt werden.

Um Wolle ohne das berühmt berüchtigte Mulesing verkaufen zu können, werden alternative Methoden gesucht, wie die Haut- und Fellfalten der Schafe vor dem Befall durch „Parasiten“ zu schützen. Diese Methoden jedoch dürfen nicht viel kosten, um den Gewinn durch die Wolle nicht zu schmälern, nicht zu viel Arbeitseinsatz mit sich bringen und den Ertrag nicht verringern.

Zweifelhafte Tierschutzmethoden

Wie auch bei der Ferkelkastration oder dem Enthornen von Kühen werden die Tiere der Haltung angepasst und diese Anpassungen gar als Zugeständnis an den Tierschutz ausgegeben. Beim Mulesing sollen die überzüchteten Tiere vor Fliegenbefall geschützt werden. Nach Boykottaufrufen der Tierrechtsorganisation People for the ethical treatment of animals verständigten sich einige Textilmarken darauf, keine Wolle mehr von Tieren anzukaufen, die von Mulesing betroffen sind.

Die Woll-Branche suchte nach Alternativen wie z. B. Mulesing und Schwanzkupieren unter der Verwendung von Schmerzmitteln, regelmäßige Kontrollen der Herde mit Eindämmung der Fliegenpopulationen, faltenlose Züchtungen, Insektenschutzmittel, genetische Veränderung der Fliegen, natürliche Fressfeinde der Fliegen, Haarentfernung rund um den Schwanz und die Ausscheidungsorgane  und Kunststoffklammern zur Fernhalten der Hautfalten von den Ausscheidungsorganen.

Schafe

Schafe in Australien (Foto: Pixabay, unowho)

Wie so oft zeigten sich auch rasch die Schattenseiten der Methoden. Schmerzmittel und speziell fürs Mulesing ausgebildete Personen sind teuer, eine effektive Kontrolle der Herde und Fliegenpopulationen kosten Arbeitszeit und bedeuten Stress für die Schafe und eine Züchtung auf Schafe ohne überhängende Hautfalten dauert Jahre, bedeutet womöglich weniger Ertrag und birgt eventuell noch andere Nachteile.

Auch die zunächst erfolgsversprechende Lösung mittels kostengünstiger Kunststoff-Klammern hat teils verheerende Nebenwirkungen für die Schafe. Eingewachsene und Entzündungen durch die Klammern schmerzen und lassen sich teilweise nicht mehr entfernen, wie z. B. Edgars Mission aufzeigt.

Blutige Wolle – auch bei uns?

In Österreich findet sich Wolle in zahlreichen Bekleidungsprodukten, die uns im Winter warmhalten sollen, aber auch als vermeintlich nachhaltiges Dämmaterial in Immobilien. Der Rohstoff dafür jedoch stammt nur zum geringen Teil aus Österreich: Jedes zweite Merinowollprodukt bei uns und sogar weltweit stammt von australischen Schafen, ein Viertel der weltweit verkauften Schurwolle stammt grundsätzlich aus Australien (unerwähnt soll auch nicht bleiben, dass australische Schafe wenn sie aus der Wollproduktion ausgemustert werden auf schrecklichen Transporten, die bis zu drei Wochen dauern, ohne entsprechende Versorgung in den nordafrikanischen Raum verschifft werden um dort dann unter oft besonders grausamen Bedingungen geschlachtet zu werden).

Produkte, die nicht direkt aus Australien auf unseren Märkten landen, kommen womöglich mit einem Zwischenstopp zur Verarbeitung in China trotzdem zu uns. Dort wird die rohe Wolle zu Textilien und weiteren Produkten wie Wollfett Lanolin verarbeitet. Steht im Etikett des Wollmantels als Herkunftsland China, wurde so die blutige Wolle mit Umweg zu uns geliefert.

Schafe

(Foto: Pixabay, afnewsagency)

Halal-Fleisch ist nicht kennzeichnungspflichtig

Zu der tierschutzwidrigen Wolle kommt noch ein weiteres Produkt, welches unerkannt in unseren Haushalten landen kann: Lamm- oder Schaffleisch. Denn ebenso wie Rinder, Schweine, Puten oder Hühner werden Schafe geschlachtet. Auch sie müssen das Elend der Trennung von ihren Liebsten, lange, qualvolle Transporte und die Panik vor der Betäubung und Schlachtung ertragen.

Werden Schafe mit einer Elektrokurzzeitbetäubung oder gar ohne jegliche Betäubung geschlachtet, nennt sich das Schächten. Das Fleisch geschächteter Tiere ist kosher, bzw. halal. Als solches wird es religiös motivierten KonsumentInnen verkauft. Jedoch gibt es keine Kennzeichnungspflicht. Landet das Fleisch unbetäubt geschlachteter Tiere in der Wurst (weil z. B. die Nachfrage rund ums Opferfest nicht so groß war), ist diese nicht zwingend markiert, sodass die KäuferInnen nicht wissen, was sie konsumieren.

Ihr habt es in der Hand!

Wer sicher gehen will, diese Formen der Tierausbeutung nicht zu unterstützen, hat regelmäßige, aufwändige Recherche vor sich. Oder ihr orientiert euch an unseren Tipps zu tierfreundlichen veganen Produkten im Ethik.Guide, unter animalfair.at und per Newsletter.

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Ein Artikel von Hella
veröffentlicht am 11.10.2017
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