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Antibiotika im Stall – das gefährliche Spiel mit unserer Gesundheit

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2021. Einige Informationen könnten veraltet sein.
In der heutigen Massentierhaltung sind hohe Antibiotikagaben die Norm. Diese Praxis hat bedenkliche Folgen für die Tiere, die Umwelt und nicht zuletzt unsere Gesundheit. Wir leben in einer Pandemie. Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, unseren Umgang mit Antibiotika zu überdenken? Ist ein Antibiotikaverbot für Tiere die Lösung?

Egal ob präventiv gegen Krankheiten oder als Appetitanreger für die Mast – jährlich landen Tonnen von Antibiotika in den Futtertrögen der industriellen Tierhaltung. (Foto: Pexels, Artem Beliaikin)

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Antibiotika in der Massentierhaltung

Die konventionelle Massentierhaltung ist ohne die Gabe von Antibiotika kaum mehr vorstellbar. Gründe dafür gibt es viele: Die völlig überzüchteten Tiere, seien es nun Schweine, Hühner oder Rinder, sind anfälliger für Krankheiten und die mehr als schlechten Haltungsbedingungen, in denen die Tiere zusammengepfercht und oft unter unwürdigen hygienischen Umständen ihr Dasein fristen müssen, tun ihr übriges für die Verbreitung von gefährlichen Keimen.

Wird ein Tier krank, wird meist gleich der ganze Stall mit Antibiotika behandelt – Umsatzeinbußen sollen ja unter allen Umständen vermieden werden. Etwa 90 Prozent der in der Tierhaltung eingesetzten Antibiotika werden gleich an die ganze Gruppe verabreicht. Aber Krankheiten sind nicht der einzige Grund für die Gabe von Medikamenten. Oft dienen sie den Betreibern nur als Vorwand, denn Antibiotika haben einen profitablen Nebeneffekt: Die Tiere legen durch die Medikamente schneller an Gewicht zu, die Mastzeit kann also verkürzt werden und Futterkosten werden obendrein noch eingespart. Offiziell ist dies in der EU seit 2006 verboten. Laut einer Studie der Princeton University wird 73 Prozent der Antibiotika global für die Fleischproduktion eingesetzt.

Nach Angaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurden 2019 in Österreich 2019 insgesamt 40,7 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. In Deutschland waren es im selben Jahr sogar 670 Tonnen. Die meisten Tierärzte verschrieben die Medikamente nur allzu gern, da sie damit einen Großteil ihres Gewinns machen. Besonders hoch ist der Einsatz von Antibiotika bei Geflügel, die meisten Tiere bekommen mehr als ihr halbes (kurzes!) Leben lang Medikamente. Zusätzlich zu Antibiotika bekommen Tiere aber auch Tranquilizer verabreicht, um sie zu beruhigen und so die katastrophalen Haltungsbedingungen auszugleichen. Tranquilizer sind vor allem in der Schweinemast verbreitet.

Gefahren für den Menschen

Die hohen Antibiotikagaben sind aber nicht nur für die Tiere problematisch, sondern bergen auch für den Menschen enorme Risiken. Bei jedem Einsatz von Antibiotika sterben alle Bakterien bis auf einige wenige, die Resistenzen gebildet haben. Schaffen es diese wenigen resistenten Keime, sich massenhaft zu vermehren, gibt es einen neuen resistenten Stamm der Krankheit. Die Folge: Einfache Infekte sind nicht mehr problemlos mit Antibiotika behandelbar, die Medikamente sind wirkungslos. Die bekanntesten resistenten Keime sind ESBL und MRSA, in Österreich wurden 2012 bei einer Studie zu Hühnchen von GLOBAL2000 in sechs von sieben untersuchten Proben beide Keime gefunden. In Deutschland sind bereits 6,4 Millionen Menschen Träger von resistenten Keimen, jährlich gibt es 7.000 Tote aufgrund einer MRSA-Resistenz. Jährlich sterben rund 33.000 Menschen in der EU, weil Antibiotika nicht mehr wirken.

Eine eitrige Wunde, eine Lungenentzündung, eine Harnwegsinfektion – all diese Krankheiten sind jetzt noch einfach heilbar. Wenn aber alle Antibiotika ihre Wirkung verloren haben, können sie tödlich enden. (Foto: Pexels, Andrea Piacquadio)

Gibt es eine Lösung?

Ein erster wichtiger Schritt wäre eine drastische Senkung der Antibiotikagaben. Dass dies möglich ist, beweisen Länder wie Holland und Dänemark, wo es für Betriebe bei einem übermäßigen Antibiotikaeinsatz empfindliche Strafen gibt. Durch eine Verbesserung der Hygienebedingungen und das Zurückgreifen auf pflanzliche Zusatzstoffe in der Mast ist eine Verringerung der Medikamentengabe möglich, zum Wohle von Mensch und Tier. Und selbstverständlich würde der Umstieg auf kontrolliert biologische Tierhaltung mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit und Weidehaltung den Einsatz von Antibiotika drastisch reduziert. Eine vegetarisch-vegane Lebensweise verringert überhaupt den Absatz von Fleisch und tut damit ihr Übriges.

Dikussion über Antibiotikaverbote

Es stand im EU-Parlament ein weitreichendes Verbot von bestimmten Antibiotika, die in der Tiermedizin verwendet werden, zur Diskussion. Fünf Wirkstoffe sollten für die ausschließliche Verwendung in der Humanmedizin reserviert werden. Laut Martin Häusling, dem federführenden Grünen Abgeordneten des Entschließungsantrags, sollte es Ausnahmen geben. Etwa sollte das Gesetz für die Massentierhaltung und nicht für Haustiere gelten. Ebenso sollte zwischen Einzelbehandlung und Gruppengabe unterschieden werden.

Das angestrebte Verbot stieß auf heftige Kritik seitens der TierärztInnen. Sie glaubten nicht an die Wirksamkeit der versprochenen Ausnahmeregelungen. Ein komplettes Verbot einer ganzen Gruppe von Wirkstoffen habe weitreichende Auswirkungen und betreffe auch HalterInnen von Heimtieren. Auch Menschen sollen durch das Verbot gefährdet werden. Bleiben Zoonosen (Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können) unbehandelt, steigt die Gefahr, dass Menschen ebenfalls daran erkranken.

Das Verbot wurde von zwei Drittel der Abgeordneten des EU-Parlaments abgelehnt. Laut Häusling sei das Ergebnis der Agrarlobby und dem Tierärzteverband zu verdanken.

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Ein Artikel von der Ethik.Guide-Redaktion
veröffentlicht am 16.09.2021
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