Der Fleischproduzent hinter der Veggie-Wurst

Würstchen
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2017. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Vegane Grillwürste, vegetarische Wurstaufschnitte oder Veggie-Schnitzel boomen wie nie. Immer mehr Menschen greifen zu veganen und vegetarischen Fleischersatzprodukten und auch immer mehr Hersteller springen auf den Veggie-Zug auf. Doch was viele KonsumentInnen nicht wissen: Am meisten profitieren große Fleischkonzerne vom Veggie-Boom.
Fleischersatzprodukte

(Foto: Pixabay, congerdesign)

Veggie-Boom

Das Veggie-Schnitzel ist gesellschaftsfähig geworden. Immer mehr Menschen, auch wenn sie nicht vegan sind, greifen zu Veggie-Produkten. Einen großen Teil davon machen laut der Gesellschaft für Konsumforschung, mit über einem Drittel aller Haushalte, Flexitarier aus. Also Menschen die nicht regelmäßig, aber doch immer wieder, tierische Lebensmittel konsumieren und dazwischen gerne zur veganen Wurst greifen. Dieser Trend scheint in Zukunft weiter zu steigen.

So gibt es die Fleischalternativen nicht mehr nur in veganen Online-Shops und Biomärkten zu kaufen, sondern auch in konventionellen Supermärkten. Laut Schätzungen des VEBU (Vegetarierbund Deutschland) steigt der Umsatz an pflanzlichen Alternativen seit 2008 alleine in Deutschland jährlich um etwa 30%.

Mag. Ernst Ternon, MSc MBA ist Geschäftsführender Gesellschafter der Bio Sojarei – dem marktführenden Hersteller von Bio-Tofu. Auch er bemerkt die Fülle an Fleischersatzprodukten, sieht diese positiv und beliefert auch Fleischproduzenten mit Bio-Tofu.

„Was in den letzten Monaten spürbar war, ist die Vielfalt von  fleischähnlichen Convenience-Produkten die von großen Fleischherstellern auf den vegetarischen-veganen Markt angeboten wurden. Die einzige spürbare Einschränkung ist die, dass der Konsument kurzfristig auf neue Produkte zugreift und daher ein bis zweimal auf seine schon gewohnten Produkte wie z.B. Tofu verzichtet.“

„Die von den Fleischern und ähnlichen Produzenten auf den Markt gebrachten Convenience-Produkte sind jedoch geeignet, ein Hebel für die gesamte vegane-vegetarische Branche zu sein. Als Beispiel dient hierfür unser Hauptprodukt Bio-Tofu. Tofu wird von Fleischkonzernen oder anderen großen Unternehmen nicht produziert. So zählen namhafte Fleischwerke zu unseren Kunden, da sie den Tofu für die Produktion ihrer veganen Schiene als Rohstoff benötigen.“

Ernst Ternon, Sojarei

Wer stellt Veggie-Produkte her?

Grundsätzlich gibt es drei Konkurrenten im Kampf um den heiß begehrten Veggie-Markt:

  • Kleine, rein vegane/vegetarische Hersteller
  • Große Fleischkonzerne und konventionelle Lebensmittelgroßkonzerne
  • Eigenmarken konventioneller Supermärkte

Sieht man sich genauer an wer Veggie-Produkte herstellt, bemerkt man folgendes: Die „Big-Player“ am Veggie-Markt sind die großen Fleischkonzerne wie „Wiesenhof“, „Rügenwalder Mühle“ oder „Landhof“. Ihnen folgen diverse Veggie-Eigenmarken großer Supermarktkonzerne. Gemeinsam verdrängen sie kleine, rein vegan/vegetarisch produzierende Unternehmen aus den Supermarktregalen.

Die Sojarei spürt diesen Druck dank der Tofu-Produktion noch nicht und setzt im Kampf um den Veggie-Mart voll und ganz auf jahrelange Erfahrung und Know-How.

 „Es geht darum den Kunden, ob vegan, vegetarisch oder omnivor (Allesesser), noch stärker zu verwöhnen und ein kulinarisches Erlebnis anzubieten – ihn über Rezepte und Beratung zum Probieren und Kochen anzuregen. Die Preisgestaltung war und ist dabei für uns kein Problem, da der Großteil der (Veggie-) Produkte nicht in Bio-Qualität angeboten wurde und wird. Das Marktwachstum in unserem Bio-Segment ist nach wie vor wachsend… Wir sind in unserer Branche und Produktrange Marktführer und bauen diese Positionen sowohl im Kundenbereich als auch im Produktbereich kontinuierlich aus.“

Ernst Ternon, Sojarei

(Foto: Pixabay, stevepb)

Veggie-Wurst vom Fleischhersteller – moralisches Dilemma?

Mit dem Veggie-Segment hat sich für Fleischkonzerne also ein lukratives Nebeneinkommen aufgetan, aus dem in neue, größere Massentierhaltungs- und Schlachtanlagen investiert werden kann. Veggie-Produkte, die in Fleischbetrieben hergestellt werden, enthalten nicht selten tierische Stoffe wie Hühnereiweiß oder Milch. Diese bleiben im Schlachtbetrieb über und werden zu Veggie-Produkten weiterverarbeitet.

Gegenüber den kleineren, rein veganen Herstellern haben die großen den Vorteil, dass sie bereits bestehende Handelsbeziehungen nutzen können und über sehr viel mehr Budget verfügen. Unternehmen wie „Artland Convenience“, „Landhof“ und „Wiesenhof“ haben beispielsweise laut Handelsblatt im Jahr 2015 am meisten für Veggie-Werbung ausgegeben. Der Fleischkonzern „Rügenwalder Mühle“ stellt seine Waren sogar mit freundlicher Unterstützung des VEBU her. Eine VEBU-Zertifizierung trotz paralleler Massentierhaltung wird von veganen Herstellern und Tierschützern jedoch stark kritisiert.

Der Vegan-Pionier TOPAS trat deshalb im Jahr 2016 aus dem VEBU aus. Wheaty-Erfinder Klaus Gaiser gab anschließend ein Interview zu diesem moralischen Dilemma (nachzulesen auf wheaty.com), in dem er sagt:

„Seit der Veganismus im Mainstream angekommen ist, hat der VEBU damit angefangen, mit Fleischkonzernen zu kooperieren … ohne dass vorausgesetzt oder gesichert wäre, dass dabei die Fleischwarenproduktion reduziert wird… Wenn der VEBU Fleischkonzernen dabei hilft, Vegan-Hersteller an die Wand zu drücken, müssen wir jedenfalls aussteigen!“

Klaus Gaiser, Erfinder Wheaty

Auch die Vegane Gesellschaft Österreich zertifiziert einzelne Produkte größerer Lebensmittelkonzerne, die nicht rein vegan produzieren. Auf die Frage, ob Klaus Gaiser grundsätzlich dagegen sei, dass Fleischkonzerne auch vegane Alternativen anbieten antwortete er im selben Interview:

„Man muss das von zwei Seiten betrachten. Einerseits haben diese Konzerne viel Schlimmes angerichtet und wollen nun einfach auch auf der vegetarischen Seite „absahnen“ und haben dabei mit ihren bisherigen Geschäften so viel Geld gemacht, dass sie mit ihrer durchrationalisierten Maschinerie uns Vegan-Pioniere preislich locker an die Wand drücken können. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist: Wenn wirklich im großen Stil etwas für die Tiere und die Umwelt erreicht werden soll, müssen genau diese Konzerne das Ruder herumreißen. Das tun sie aber offensichtlich nicht.“

Klaus Gaiser, Erfinder Wheaty

Der Fleischproduzent hinter der Veggie-Marke

Fleischhersteller die auch Veggie-Produkte produzieren, treten am Markt entweder mit ihrem allseits bekannten oder einem neuen, nachhaltiger klingenderen Namen auf. So vertreibt Rewe seine Veggie-Produkte unter der Marke „Vegavita“, Neuburger seinen Fleischersatz unter „Hermann Fleischlos“, „Wiesenhof“ unter der Marke „Pauls Veggie“ oder „Landhof“ unter dem Namen „die. OHNE“. Hinter den Marken „Garden Gourmet“ oder „Herta“ steckt der Großkonzern Nestlé und hinter „Veggie-Gourmet“ der Fleischproduzent „Ponnath der Meistermetzger“.

(Foto: Pixabay, congerdesign)

Am Land ist das Angebot an veganen Alternativen teilweise noch immer rar; aber zumindest wenn man den Luxus der Auswahl hat, empfehlen wir einen Blick auf die Firmen hinter den Veggie-Produkten. Die folgenden Tabellen helfen dir einen Überblick zu bekommen:

Fleischproduzenten

Marke Hersteller / Unternehmen
die.OHNE LANDHOF GesmbH & Co KG
(Unternehmen der VIVATIS Holding AG)
Hermann Fleischlos Neuburger Fleischlos GmbH
(Gehört zu Neuburger GmbH & Co. OG)
Nature Gourmet ORIOR Deutschland GmbH
Paul’s Veggie + Paul’s Snack Wiesenhof Geflügel-Kontor GmbH
Rügenwalder Mühle Rügenwalder Mühle
Carl Müller GmbH & Co. KG
Vantastic Foods AVE – Absolute Vegan Empire (Michael Ponnath von MEISTERMETZGER ist mit einer Vermögensverwaltung an AVE beteiligt)
Vegetaria Artland Convenience GmbH
(Marke der Lutz Fleischwaren GmbH)
Vegetaris Sieber GmbH
Veggie Gourmet Veggie Gourmet GmbH
(Gehört zu Ponnath die MEISTERMETZGER GmbH)
Vossko Vossko GmbH & Co. KG
Wie Fleisch Peter Zenz GmbH
Wiesenhof Veggie Wiesenhof Geflügel-Kontor GmbH

Konventionelle Großkonzerne und Eigenmarken von Supermärkten

Marke Hersteller / Unternehmen
Garden Gourmet Tivall Europe BV (Tochterunternehmen von Nestlé)
Herta Herta GmbH (Tochterunternehmen von Nestlé)
My best Veggie Enkco Foodgroup
Spar Veggie SPAR Österreichische Warenhandels-AG
Vegavita Delikatessa Lebensmittel-Handels- und Erzeugungs-Gesellschaft m.b.H. (Eigenmarke für REWE)
Valess FrieslandCampina (Molkereikonzern)

Vegane Produzenten

Marke Hersteller / Unternehmen
Lord of TOFU Lord of Tofu Dörte & Freddy Ulrich
Sojarei Sojarei Vollwertkost GmbH
Taifun-Tofu Taifun-Tofu GmbH
Wheaty TOPAS GmbH
Soyana Soyana Walter Dänzer e.K.

Produkte der oben genannte Firmen findest du in Biomärkten, Reformhäusern und teils auch Supermärkten. Außerdem natürlich im spezialisierten Veganversand: Adressen findest du in der Rubrik „Vegan Einkaufen“ im Ethik.Guide.

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Ein Artikel von Marina
veröffentlicht am 14.09.2017
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