Krümel sind auch Brot

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2020. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Brot ist eines der ältesten, wichtigsten Grundnahrungsmittel und weltweit von großer kulturgeschichtlicher Bedeutung. Sophia Hoffmann hat sich in ihrem aktuellen Buch „Zero Waste Küche“ Gedanken zum Thema Brot gemacht, die wir hier mit euch teilen dürfen.
Brot

(Foto: Pixabay, marco aurelio)

Als die Menschen sesshaft wurden, begannen sie Ackerbau zu betreiben, Getreide wurde zur wichtigsten Nahrungsgrundlage. In der Geschichte wurden mehr Kriege um Kornkammern geführt als um Gold. Missernten führen bis heute zu Hungersnöten und Not. Das erste Brot waren auf dem Feuer gebackene Fladen aus Getreidebrei; die Ägypter sollen vor etwa 2000 Jahren unabsichtlich den Sauerteig erfunden haben, indem sie ein liegengebliebenes gegorenes Stück Teig buken und vom Ergebnis begeistert waren.

Über die Bedeutung des Brotes für unsere heutige Gesellschaft kann man ganze Bücher lesen, doch worüber wir wirklich reden sollten, ist der Verlust der Wertschätzung für dieses wunderbare Produkt. Supermärkte und Bäckereiketten bieten bis zum Abend volle Regale an, jeden Tag landen Tonnen von Brot im Müll.

Kaufen

Lieber für gutes Bio-Sauerteigbrot vom lokalen Bäcker etwas mehr Geld ausgeben und so den Erhalt wertvollen Handwerks unterstützen. Wer mehr zahlt, wirft in der Regel auch weniger leichtfertig weg. Schnell produziertes Industriebrot aus Backtriebmitteln, Fertigmischungen und minderwertigem Mehl hat mit echtem Brot wenig zu tun, deshalb ist es auch so billig.

Empfehlungen:

  • Um Verpackung zu vermeiden, direkt beim Bäcker in einen mitgebrachten Stoffsack packen.
  • Schon durch bessere Einkaufsplanung kann man Brotüberschuss vermeiden.
  • Roggenbrote und Vollkornbrote sind länger haltbar als Weizenbrote, weil sie die Feuchtigkeit länger speichern. Wenn doch einmal etwas übrig bleibt, gibt es zahlreiche Verwertungsmöglichkeiten.
Brot

So vielfältig wie Brot sind auch die Möglichkeiten seiner Verwertung. (Foto: Pixabay, marco aurelio)

Lagern

Es gibt unzählige Tipps wie man Brot am Besten lagern soll. Manche Menschen schwören auf Brotkästen, andere stellen es mit der Schnittseite nach unten auf den Esstisch oder schlagen es in ein Stofftuch ein. Prinzipiell gilt: Brot mag es weder zu trocken noch zu feucht (Austrocknung und Schimmelgefahr). Ich befolge einem Tipp aus Milena Glimbowskis Buch „Ohne Wenn und Abfall“: Brot wohnt bei mir im (ausgeschalteten) Backofen, in einem sauberen Stoffsäckchen. Dort hält es hervorragend frisch und man spart Platz.

Weißbrot trocknet bei Hitze innerhalb von Stunden aus, deshalb sollte man bei diesem Wetter vermeiden, größere Mengen davon auf Vorrat zu kaufen. Es hilft, das Brot in ein feuchtes Küchentuch zu wickeln. So trocknet es nicht aus und kann am nächsten Tag aufgebacken werden. Länger als einen Tag sollte man es so nicht lagern, sonst besteht Schimmelgefahr.

Einfrieren

Brot lässt sich einfrieren, ob am Stück oder scheibenweise (schneller aufzutauen).

Dies geht auch im gut verschlossenen Stoff- oder Papierbeutel. Sollte es zu leichtem Gefrierbrand kommen, lässt sich dieser einfach wegschneiden. Eingefrorene Brötchen lassen sich hervorragend, leicht befeuchtet, im Ofen aufbacken und schmecken danach fast noch besser.

Selber Backen

Am Allerbesten schmeckt selbst gebackenes Brot, erfordert aber ein gewisses Mindestmaß an Zeit. Sauerteig ansetzen macht Spaß, dazu gibt es im Internet und in Büchern zahlreiche Anleitungen. Wenn man morgens einen frischen duftenden Laib in Händen hält, weiß man – es lohnt sich!

Brot

Selbst gebacken schmeckt´s am besten. (Foto: Pixabay, fancycrave1)

Gesundheit

Mit Sorgfalt hergestelltes Sauerteigbrot ist richtig gesund, da die Gärung die im Getreide enthaltenen Nährstoffe besser zugänglich macht. Vollkornbrot ist grundsätzlich gesünder als Weißbrot, da es die größte Nährstoffdichte hat. Ungesund ist Brot nur, wenn man billiges Weißbrot isst, sich komplett davon ernährt oder für Menschen, die an einer Unverträglichkeit, Allergie oder Zöliakie leiden.

Unverträglichkeiten

Hier gilt es zwischen Zöliakie, Allergie und leichteren Unverträglichkeiten zu unterscheiden. Menschen mit Zöliakie müssen vermeiden, jegliches Gluten aufzunehmen, das sich nicht nur in Getreiden, sondern auch in Produkten wie Bier, Nudeln und Sojasoße finden kann. Menschen mit Unverträglichkeiten und Allergien müssen nur auf bestimmte Getreide verzichten. Das was viele Menschen als Weizenunverträglichkeit einstufen, ist oft nur eine sensibilisierte Reaktion auf konventionellen Weizen. Moderne Weizensorten haben im Vergleich zu vor 50 Jahren einen 10fach höheren Gluten-Anteil. Sauerteigbrot und Nudeln aus alten bzw. Bio-Getreidesorten ist oft wesentlich bekömmlicher. Für Menschen, die sich ausgewogen ernähren, weder an Zöliakie oder Allergien leiden, gibt es keinen Grund kein Brot zu essen.

Zero Waste Problem

Brot ist zum Wegwerfprodukt geworden. In mittleren bis großen Backwarenunternehmen (Großbäckereien, Supermärkte) bleibt fast jede fünfte Backware liegen. Durch billige Anbieter haben die Konsumenten das Gefühl, Reste nicht aufessen zu müssen und bei Bedarf einfach etwas Neues kaufen zu können. Dass sie dafür minderwertige, ungesunde Produkte verzehren, ist Vielen nicht bewusst. Durch die Backwarenverluste wird die Ernte von rund 398.000 Hektar Ackerland verschwendet – das entspricht einem Acker, der größer ist als Mallorca!

Das vom Discounter suggerierte „frisch gebackene Brot bis zum Abend“ basiert auf Überproduktion von Billigware, bei der ein nachhaltig wirtschaftender Bäcker niemals mithalten kann. Nur durch aktives Konsumentenverhalten können wir das ändern.

Brot

So wird Brotüberschuss zur Basis für andere Gerichte. (Foto: Pixabay, mateya)

Verwendung/ Verwertung

  • Paniermehl/Semmelbrösel: Ich verwende dafür den Blender, es geht aber auch klassisch mit der Küchenreibe. Am Einfachsten ist es, wenn das Brot in Scheiben, Würfeln oder Stücken ganz durchgetrocknet ist, je dicker der Brocken desto größer die Herausforderung der Zerkleinerung. Die Brösel lassen sich vielfältig verwenden, ob als Panade, als Bindemittel für Bratlinge aus Gemüse oder Hülsenfrüchten. Immer wenn eine Masse zu feucht ist, sorgen ein paar Löffel Brösel für die perfekte Konsistenz. Als Topping auf Pasta, cremigen Gerichten und Aufläufen haben sie in Italien eine Tradition als „Arme Leute Parmesan“, am Besten mit etwas Olivenöl in der Pfanne geröstet. Aus Bröseln lassen sich auch Quiche-Boden, Kräcker und süß-salzige Kekse backen. Fein vermahlenes Brotmehl kann zu Muffins verbacken werden. Wer meine Küche kennt, weiß dass ich selbstgebackenes Brot gerne mit Rote Bete Saft, Spinat, Rotkohlsaft oder Kohle bunt einfärbe. Die Semmelbrösel aus diesen Brotresten sind richtige Eyecatcher und dienen mir zu Deko-Zwecken.
  • Größere (halb)trockene Brotstücke lassen sich in Wasser oder (Pflanzen)milch einweichen und zu Klassikern wie French Toast, Arme Ritter, Semmelknödel oder köstlichen Brotlingen verarbeiten.
  • Noch frisches Brot, das zu viel gekauft wurde, kann als Croutons oder Brotchips lange haltbar gemacht werden. Super für Baguette- und Brötchenreste.
  • Ganz trockene Kanten können in Eintöpfen und Suppen gegeben und mitgekocht werden, sobald sie sich auflösen, dienen sie zur Bindung und geben dem Gericht eine leckere Sämigkeit.

Fazit

  • Je weniger Inhaltsstoffe, desto besser. Qualität statt Quantität.
  • Echtes Sauerteigbrot hält am Längsten, ist am Gesündesten und am Besten verdaulich.
  • Wer Brot wertschätzt, schmeißt es nicht weg. Wer Brot als Werkstoff versteht, dem sind bei der Verwertung keine Grenzen gesetzt.

ZERO WASTE KÜCHE

Sophia Hoffmann
ZS Verlag 2019
248 Seiten

€ 25,70
ISBN 978-3-89883-854-2

https://www.sophiahoffmann.com/

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Ein Artikel von Ines
veröffentlicht am 23.06.2020
Wienerin mit einer Vorliebe für experimentelles Kochen (probiert immer neue Rezepte aus), Reisen, Yoga (seit 2019 Yogalehrerin) und gepflegtem Nichtstun. Beim Ethik.Guide zuständig für das Marketing, schreibt aber auch manchmal Blogbeiträge.
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