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Selbstversorgung – eine bodenlose Frechheit

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2020. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Geschlossene Grenzen und eine daraus resultierende Beeinträchtigung des Warenverkehrs während der Pandemie haben vielen VerbraucherInnen gezeigt, wie wichtig ein hoher Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse ist. Österreich steht doch ganz gut da – könnte man meinen. Jedoch wird bei uns zu wenig Obst und Gemüse produziert, um das Land zur Gänze versorgen zu können. Ein Problem, ausgelöst unter anderem durch Siedlungsbau und dem hohen Fleischverbrauch von Herrn und Frau Österreicher.

In Österreich könnte viel mehr Gemüse angebaut werden gäbe es keinen Tierkonsum und eine gigantische Versiegelung der Ackerflächen. (Foto: Unsplash, Markus Spiske)

Im Ethik.Guide, dem nachhaltigen Einkaufsführer, findest du in der Kategorie Lebensmittel sämtliche Bezugsquellen für einen genussvollen und klimafreundlichen Ernährungsstil: Bioläden und –Lebensmittelmarken, Unverpackt-Läden, Bio-Bäcker und –Winzer, Biokisten-Zusteller und Solidarische Landwirtschaften, aber auch Adressen von Selbsterntefeldern. Es kann auch nach veganen Anbietern oder bioveganer Landwirtschaft gefiltert werden.

Was hat die Fleischproduktion in Österreich mit dem Gemüse- und Obstanbau zu tun? Wenig, würde man denken. Stehen Kühe doch im Stall und Äpfel hängen an Bäumen, da kommt man sich doch nicht in die Quere. Doch ist landwirtschaftlich produktiver Boden in Österreich ein rares Gut und die Ressourcen sind ungleich verteilt. Für den Gemüse- und Obstanbau verbleibt verhältnismäßig wenig Platz, jedenfalls nicht genug, um den Eigenbedarf zu decken: nur 58% des in Österreich verzehrten Gemüses und gerade einmal 46% des Bedarfes an Obst werden laut einer aktuellen Greenpeace-Studie hierzulande selbst angebaut. Gute Eigenversorgung mit Gemüse besteht nur bei Getreide, Erbsen, Karotten und Zwiebeln. Bei vielen anderen Gemüsen sowie Obstsorten wie Marille, Erdbeere oder Mohn müssen jedoch immer noch mehr als 60% importiert werden.

Eine bodenlose Frechheit

Ein Grund, wieso das Agrarland Österreich sich nicht ausreichend mit Obst und Gemüse versorgen kann, ist die Vernichtung von fruchtbarem Boden. Jeden Tag werden bei uns 13 Hektar (oder 18 Fußballfelder) Boden für Siedlungen, Straßen, Infrastruktur usw. versiegelt, also zubetoniert und bebaut. Dies ist fünfmal mehr als die EU in ihren Vorgaben vorsieht, somit sind wir im negativ-Ranking international ganz oben angesiedelt.

Die pro Kopf zur Verfügung stehende Fläche Ackerland ist seit 1950 von 2.400 m2 auf heute 1.600 m2 geschrumpft. Schon 2013 hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vor einem alarmierenden Bodenverlust gewarnt („Ländlicher Raum“, 3/2014) und die oberösterreichische Landwirtschaftskammer merkte an, dass zu wenig im Land angebaut wird. Besonders in Anbetracht, dass der Klimawandel die Situation durch Dürre und vermehrte Ernteausfälle in Zukunft noch verschärfen wird.

Viel Platz für die Fleischproduktion

Zu all dem kommt, als Bodenfresser, die hohe Überproduktion von Fleisch und Molkereiprodukten, mit einem aktuellen Selbstversorgungsgrad von 109% für Fleisch und 163% für Kuhmilch. Und diese Industrie braucht Platz – viel Platz! Auf über 60% aller Ackerflächem im Land werden Futtermittel angebaut, 20% zusätzlich nimmt Weideland in Anspruch. Und die errechnete Selbstversorgung mit Fleisch ist eigentlich auch nur eine virtuelle: wir importieren zum Beispiel 1.3 Mio. Tonnen Mais und 600.000 Tonnen Soja aus Südamerika, welches zum Großteil als Futtermittel verwendet wird.

Anstelle von Futtermais für die Fleischproduktion könnte hier diverses Gemüse wachsen. (Foto: Pixabay, Kranich17)

Doch gibt es noch weitere Faktoren, die bewirken, dass österreichisches Obst und Gemüse nicht ausreicht. So werden manche Obst- und Gemüsesorten nicht oder nur wenig angebaut, weil die Produktion aufwendig und kostspielig ist. Denn es ist oft günstiger die Produkte aus Ländern mit wesentlich niedrigeren Löhnen zu importieren. Die Qualität der Waren und der Umgang mit den Feldarbeitern vor Ort sind oft zweifelhaft. Noch dazu ist der massenhafte Import von Waren klimaschädlich, wegen der langen Lieferwege. Hier besteht also auch nur ein Anschein der Selbstversorgung.

Dieses Problem ist nicht beschränkt auf unser Land sondern ist in den meisten Industrienationen ähnlich. Ein Blick nach Deutschland deckt auf, wie gravierend sich Länder durch die massive Fleischproduktion selbst die Versorgung mit Obst und Gemüse schwer machen: Tierfutter wird auf 10 Millionen Hektar angebaut (bei einer Landesfläche von 35,7 Mio. Hektar). Obst und Gemüse gibt es auf gerade einmal 1% der landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Regionale Initiativen wie zum Beispiel Landluft und Build for Future setzen sich dafür ein, dem Bodenfraß Einhalt zu gebieten. Dennoch ist es ein langer Weg bis zur adäquaten und nachhaltigen Selbstversorgung in Österreich.

 

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Ein Artikel von Levente
veröffentlicht am 15.12.2020

Ein Kommentar

  • Ja, es ist eine bodenlose Frechheit! Wie schützen wir unseren Boden? Erhalten z.B. hochfruchtbaren Donauschwemmlandboden zur Gemüseproduktion im Donaufeld? Bitte unsere Petition unterschreiben und teilen, teilen, teilen – unser nächstes Etappenziel sind 5.000 Unterschriften http://www.freiesdonaufeld.at.

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