SOLAWI: Ein Stück Utopie? (Teil 1)
Solidarische was?
Die erste solidarische Landwirtschaft in Österreich war die GELA Ochsenherz. Nach ihr folgten vor allem in den vergangenen Jahren viele weitere Höfe ihrem Beispiel. Besonders im Osten Österreichs kann man aus einem Pool von unterschiedlichsten SOLAWIs auswählen (siehe Karte unten). Aber wie funktioniert das Ganze eigentlich? Normalerweise wird bei einem Einkauf im Supermarkt das Produkt erworben und damit finanziell gefördert. Doch: Wie viel davon bekommen die ProduzentInnen, sprich LandwirtInnen? Wer steigt aus dem Tauschhandel am besten aus? Wie der Preis aufgesplittet wird, bleibt im Verborgenen.
Im Fall der SOLAWI sind die Finanzen transparent, man ist dazu aufgefordert selbst mit zu planen, sich Gedanken über ein Erntejahr zu machen und sich in die Situation von LandwirtInnen zu versetzen. Es geht dabei nicht um Profitsteigerung oder hohe Gewinne. SolawistInnen verpflichten sich, die Verantwortung und damit auch Risiken einer Landwirtschaft für ein Jahr gemeinsam mit den LandwirtInnen zu übernehmen. Dafür bekommen sie ihre Ernteanteile monatlich oder wöchentlich. Damit sind Zwischenhändler ausgeschaltet und die Preise fair gestaltet. Außerdem besteht ein direkter Kontakt zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen, was deren Ernährungssouveränität steigert. Das bedeutet eine Auflösung des Nachfrage-Angebot-Verhältnisses sowie Unabhängigkeit von der gegenwärtigen Lebensmittelindustrie.
Gleiches Prinzip, individuelle Umsetzung
Je nach SOLAWI variiert der Beitrag, da es auch unterschiedliche Schwerpunkte gibt (beispielsweise biovegan oder Eingekochtes). Je nach SOLAWI-Gemeinschaft kann eine freiwillige Mitarbeit auf dem Feld (oder wo auch immer) gegen den finanziellen Beitrag aufgewogen werden. So zahlen schlechter Verdienende weniger als Besserverdienende. Faire Löhne und leistbare Preise sind damit ebenfalls gegeben. So eine Gemeinschaft ist rundum nachhaltig: sozial und ökologisch. Nicht nur lokale Lebensmittel werden gefördert, sondern auch lokale Kleinstrukturen lassen sich durch eine gemeinsame Finanzierung aufrecht erhalten. Nicht nur ein Kleinbauernbetrieb konnte gerettet werden, oftmals ist es die einzige Chance, dem Preis-Dumping stand zu halten.
Prekäre Situation der saisonalen ArbeitnehmerInnen
Dies kann in der Österreichischen Landwirtschaft leider nicht durchgehend behauptet werden. LandwirtInnen müssen sparen und darunter leidet immer jemand anderer. Der Standard berichtet in der Ausgabe vom 26. September 2016 über katastrophale Arbeitsbedingungen von ErntehelferInnen, die für Schwerstarbeit im Burgenland pro Stunde 6,23 € verdienen. Die Bezahlung erfolgt oftmals sehr sporadisch. Eine Betroffene etwa muss ihren ausstehenden Lohn bei der Gewerkschaft einklagen. An Überstunden oder Urlaube ist nicht zu denken. Die saisonalen ArbeitnehmerInnen wohnen teilweise im Bauernhaus, erledigen Hausarbeiten, leben sozusagen wie (moderne?) Mägde und Knechte.
Zwei Neuheiten – eine Realität
Um mehr über die Motivationen zu erfahren, warum man als Produzent eine SOLAWI gründet und welche Möglichkeiten und Herausforderungen es dabei gibt, haben wir stellvertretend zwei SOLAWI-Betreiber getroffen und sie nach ihren Erfahrungen gefragt:
In einem Gespräch erzählt der Gründer der SOLAWI Radix am Biohof Unger, Thomas, über seine Beweggründe für eine biovegane Landwirtschaft, wie man „Schädlinge“ fern hält und über den Alltag auf dem Hof. Außerdem berichten uns Jörg und Ralf bei einer Erkundungstour auf dem Jölfhof nahe des ungarischen Györ von ihrem Wissen und wie sie für ihre SolawistInnen einkochen…
…Fortsetzung folgt in unserem 2. Teil zur SOLAWI in und um Österreich.
Alle SOLAWI-Betriebe könnt ihr in unserem Ethik.Guide finden.
Zum Weiter- oder Nachlesen
- SOLAWI-Vernetzung
- https://solawi.life/solawi-finden/
- Standard-Artikel: Erntehelfer
- SOLAWI oder CSA (Community Supported Agruculture)-Betriebe in Österreich: Karte
- Ernährungssouveränität
- mehr über SOLAWIs hier