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Tierschutz im Regierungsprogramm – viel türkis, wenig grün

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2020. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Tiere, Tierwohl, Tierschutz. Im letzten Regierungsprogramm in rund drei Zeilen abgehakt, findet sich dieses Mal ein bisschen mehr im Programm der neuen türkis-grünen Bundesregierung. Doch wie sehen die Pläne der Regierung aus, welche konkreten Maßnahmen sind geplant? Wir sehen uns das mal an!
Tierschutz im Regierungsprogramm

Tiere sind so viel mehr als Lebensmittel. (Foto: Unsplash, Pezibear)

Tiere sind mehr als nur Lebensmittel

Der Tierschutz findet sich in Kapitel 3 „Klimaschutz, Infrastruktur, Umwelt & Landwirtschaft“ im Unterpunkt „Landwirtschaft, Tierschutz & ländlicher Raum“. Dabei zeigt sich, dass das Regierungsprogramm im Wesentlichen von Überschriften und Schlagworten geprägt ist und in vielen Bereichen konkrete Aussagen und klare Positionierungen fehlen.

Die im Regierungsprogramm angeführten Punkte beziehen sich fast ausschließlich auf Tiere in der Landwirtschaft zum Zweck der Lebensmittelproduktion (Nutztierhaltung). Doch Tierschutz ist so viel mehr als das Erhalten und Verbessern von Lebensmittelstandards. Völlig ignoriert werden in diesem Übereinkommen bspw. die Themen Tierversuche, Jagd, Pelzverkauf, Tiere im Zirkus und Tiere in Zoohandlungen.

Was steht nun drin?

Allgemein

Für die Landwirtschaft ist das Ziel formuliert, flächendeckend „besonders tierfreundliche Haltungsformen, wie Stallhaltung mit Einstreu, freie Abferkelsysteme, Auslauf und Freibereich“ einzuführen. Einstreu statt Beton oder Spaltenboden, kein Kastenstand mehr für Muttersauen und Auslauf wären auf den ersten Blick lobenswerte Maßnahmen.

Ebenso sollen die Tierwohlkriterien des AMA-Gütesiegels (auch in Basisanforderungen, Auslauf, Platzangebot) weiterentwickelt werden. Auch „finanzielle Anreize für die Umstellung auf moderne und besonders artgerechte Tierhaltungssysteme mit beispielsweise geringerer Besatzdichte…“ sind vorgesehen. Allerdings soll das alles langfristig und „im Einklang mit den Entwicklungen auf dem Markt“ geschehen.

Schweine

Alternativen zum bisherigen Standard der Ferkelkastration ohne Betäubung sollen erforscht und entwickelt werden und die derzeitige Praxis in Zukunft ablösen. Aktuell werden nämlich Ferkel unter 7 Tagen bei vollem Bewusstsein kastriert. Ein konkreter Zeitplan ist nicht in Aussicht gestellt.

Tierschutz im Regierungsprogramm

Werden Ferkel tatsächlich bald mit Betäubung kastriert werden? (Foto: Unsplash, Julian Dutton)

Geflügel

Endlich soll das Schreddern von lebendigen (männlichen) Küken verboten werden. Ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings soll das Vergasen mit CO2 weiterhin durchgeführt werden können. Schade, denn es gibt bereits ein Verfahren, mit dem das Geschlecht bereits im Ei bestimmt werden kann (siehe Infobox am Ende des Artikels). Doch das ist vermutlich noch zu teuer für „den Markt“.

Die Regulierung der Haltung von Wachteln ist als weiterer Punkt genannt. Wachteln dürfen zur Eierproduktion in Österreich noch in Käfigen gehalten werden. Zur Verbesserung der Haltungsbedingungen gibt es jedoch keine näheren Angaben.

Des Weiteren sollen auf EU-Ebene Tierschutz-Mindeststandards für die Putenmast eingefordert werden mit dem Hintergrund, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, da Österreich bis jetzt als einziges Land Besatzregelungen bei Puten eingeführt hat und andere Länder ohne Regelungen daher billiger produzieren können.

Tiertransporte

Bei diesem Thema will sich die Regierung auf europäischer Ebene für eine Verbesserung der Transportbedingungen einsetzen, u.a. durch Einschränkung der europaweiten Transportzeiten, Reduktion von Transporten in Drittstaaten, Reduktion der Langstreckentransporte von Wiederkäuern unter 8 Wochen und verstärkte Kontrollen. Außerdem sollen regionale und mobile Schlachthöfe und Weideschlachtung gefördert werden, um Tiertransporte generell zu reduzieren. Das alles sind schöne Forderungen an die EU, jedoch abhängig von den anderen Mitgliedstaaten. Konkret formulierte Pläne für Österreich gibt es unter diesem Punkt keine.

Tierschutz im Regierungsprogramm

Mit dem Seleggt-Verfahren könnte heute schon der Tod männlicher Küken durch Schreddern oder Vergasen verhindert werden. (Foto: Pixabay, Myriam Zilles)

Und wenn’s nicht ums Essen geht?

Außerhalb des Bereichs Landwirtschaft sollen die Kompetenzen des amtlichen Tierschutzes im Heimtier-Bereich, z.B. zur Kontrolle des Verbots von Qualzucht, gestärkt werden und für bessere Handhabe gegen animal hoarding und die Entbürokratisierung bei der Weitergabe von Heimtieren gesorgt werden. Zum „Wie“ und „Wann“ gibt es auch hier keine Angaben.

Unsere Meinung

Die Vorhaben der Regierung, etwa den Qualpraktiken der betäubungslosen Ferkelkastration und dem Schreddern von Küken ein Ende setzen zu wollen sowie das Minimieren von Tiertransporten sind an sich erfreuliche Nachrichten. Die vagen Formulierungen zur Verwirklichung dieser Maßnahmen, die Mängel der einzelnen Punkte und das Fehlen vieler anderer tierschutzrelevanter Themen trüben die positiven Ansätze deutlich. Wieviel davon also in der kommenden Legislaturperiode tatsächlich aufgegriffen und umgesetzt wird, wird sich zeigen.

Die Überschrift hat es zu Beginn schon verraten: Trotz grüner Regierungsbeteiligung hätten wir uns viel weitergehende Ziele inklusive deren konkreter Ausgestaltung gewünscht – aus Verantwortung für die Tiere in Österreich.

 

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Ein Artikel von Sabrina
veröffentlicht am 4.02.2020
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