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„Dann iss doch gleich einen echten Burger!“

Fleischersatzprodukte boomen. Gefühlt alle paar Wochen gibt es eine Neuerung im Kühlregal des Supermarkts. Bioläden und Reformhäuser erweitern ständig ihr Angebot an pflanzlichen Fleischalternativen. Der Grund: Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, auf den Konsum von Fleisch zu verzichten oder ihn einzuschränken. Gerade die jüngere Generation wählt ein verändertes Ernährungsverhalten. Diese Veränderung stößt nicht in allen Richtungen auf Wohlwollen. „Warum isst du denn keine Tiere, wenn sie dir so gut schmecken?“ Lasst uns das Thema im Detail erkunden.
veganer Burger

Es gibt Menschen, denen tierliche Produkte einfach nicht schmecken. Viele, die darauf verzichten tun es jedoch aufgrund von ethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Überlegungen. (Foto: Unsplash, likemeat)

Ohne Verzicht auf Geschmack

Der Verzicht auf tierliche Produkte geschieht meist nicht aufgrund von Geschmackspräferenzen, sondern aus ethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Überlegungen. Food-Designer*innen arbeiten daran, Produkte zu entwickeln, die kaum von echten Fleisch zu unterscheiden sind. Inzwischen fest etablierte Fleischersatzprodukte sind vegane Burger. Sie haben einen regelrechten Ernährungstrend ausgelöst – nicht nur bei Veganer*innen. Ein klares Zeichen dafür sind die zahlreichen Filialen veganer Burger-Restaurants. Burger auf Pflanzenbasis liefern ein zufriedenstellendes Geschmackserlebnis ohne Tierleid und punkten auch umwelttechnisch mit geringeren CO2-Kosten als solche aus der Rindfleischerzeugung. Zahlreiche Produkte sind geschmacklich mittlerweile mit klassischen Rindfleischburgern vergleichbar.

Pflanzlicher Fleischersatz bietet eine Möglichkeit, die Nachteile des Verzehrs tierlicher Produkte zu umgehen, ohne dabei auf den gewohnten Fleischgeschmack zu verzichten. Somit unterstützt man das Wohlbefinden zahlreicher Tiere – und auch vieler Menschen, die in tierindustriellen Produktionsstätten häufig sehr ungute Arbeitsbedingungen haben.

Im Ethik.Guide, dem Einkaufsführer für fairen und nachhaltigen Konsum, findest du in der Kategorie Lokale & Hotels eine Riesenauswahl an Restaurants, Cafés, Snackbars, Konditoreien und Eissalons bis hin zu Hotels und Pension, die ihre Gäste mit einem guten vegan-vegetarischen Angebot verwöhnen. Es kann auch nach rein veganen Anbietern gefiltert werden.

Die Effizienzfrage

Außerdem tut man etwas für die persönliche Gesundheit und trägt zu einem besseren Umgang mit den Ressourcen bei: Tiere müssen nicht erst Getreide und Soja essen, um dann von Menschen getötet und gegessen zu werden. Wenn Menschen diese Nahrungsmittel direkt konsumieren, dann ist die Nährwerteffizienz wesentlich höher, wie es in einer Schweizer Studie zur Klimastrategie aus dem Jahr 2021 heißt: „Die Umwandlungsrate von pflanzlichen in tierische Kalorien beträgt im Idealfall zwischen 2:1 bei Geflügel, 3:1 bei Schweinen, Zuchtfischen, Milch und Eiern und 7:1 bei Rindern.“

Eine Publikation des WWF formuliert die Probleme wie folgt: Es geht einerseits um Nahrungsmittelkonkurrenz, also dass Tiere essen und in Fleisch „umwandeln“, was Menschen direkt essen könnten. Und dazu kommt die Flächenkonkurrenz. Das heißt, man verwendet Flächen für Futtermittelanbau anstatt für menschlichen Nahrungsmittelanbau.

Das spricht für Fleischersatz und auf dem Gebiet tut sich auch viel. Immer wieder gibt es aber hierzu Diskussionen: Man bemängelt, dass so viele Zusatzstoffe in den Produkten enthalten seien. Zu viel Salz, zu viel Fett. Dieses Argument ignoriert allerdings, wie viele Zusatzstoffe in vergleichbaren Fleischprodukten enthalten sind. Es handelt sich um einen unpassenden Vergleich, wenn man ein Steak mit einem Burger vergleicht. Um einen gerechtfertigten Vergleich anzustellen, müssen also ähnlich produzierte Produkte betrachtet werden. Und da stellt sich heraus, dass in den veganen Alternativen zu Bratwürsten, Geschnetzeltem oder Schnitzel, die in der Regel aus verschiedenen Proteinquellen, Wasser, Öl, Gewürzen, Kräutern, Salz und Verdickungsmitteln wie Johannisbrotkernmehl hergestellt werden, sich nicht mehr Salze oder Geschmacksverstärker finden als in „echten“ Burgern oder Würsten.

Tisch gedeckt mit Pizzas, Bier, Chickenwings und Buger

Für die Gesundheit ist eine Vollwertkost zweifellos am besten. Beim gelegentlichen Griff zu ungesünderen Lebensmitteln ist jedoch zu bedenken, dass stark verarbeitete pflanzliche Lebensmittel gesünder sind als jene aus Tierprodukten. (Foto: Pexels, Amar Preciado)

Es ist zweifelsfrei festzustellen, dass Fleischersatz, in der Regel gesünder ist als konventionelles Fleisch. Lebensmittel tierischen Ursprungs stellen ebenfalls verarbeitete Produkte dar, die häufig einen höheren Gehalt an ungesunden Fetten, Salzen und Zusatzstoffen aufweisen. Zudem können sie Mineralöl sowie Rückstände von Antibiotika, Kot und Urin enthalten.

Über alle Zweifel erhaben: Plant based

Aber auch die nicht verarbeiteten Fleischalternativen sollen hier erwähnt sein. Wenn die Rede von „Fleischersatz“ ist, dürfen Tofu, Seitan und Tempeh nicht fehlen. Zu diesen traditionell in der asiatischen Küche verwendeten Lebensmitteln kommen Jackfruit und schwarze Bohnen hinzu, außerdem Grünkern und Kichererbsen. Diese sind mit ihren Fett-, Mineralstoff- und Vitaminwerten über den Vorwurf, ungesund zu sein, erhaben. Um noch eine Sorge zu entkräften, die oft bezüglich veganer Ernährung aufkommt: Proteinmangel ist keine Folge davon. Soja als Hauptproteinquelle, gefolgt von Weizen, Erbsen- oder Reisprotein, Lupinen und Hirse sind von der Ernährungsqualität nachweislich besser für den menschlichen Organismus als Eiweiß aus Tierkörpern.

Auch bezüglich Umweltaspekten stehen Fleischalternativen besser da als traditionelle Produkte, wie ein Bericht der WKO Steiermark anführt: „Tatsächlich schneiden Fleischersatzprodukte in puncto Treibhausgase deutlich besser ab als ihre tierischen Vorbilder. Laut einer Untersuchung des deutschen Umweltbundesamts werden bei einem Kilogramm Fleischersatz auf Sojabasis 2,8 kg an Treibhausgasen ausgestoßen, bei Rindfleisch sind es ganze 30,5. Angesichts der Klimakrise könnte dieses Argument noch an Bedeutung gewinnen.“

Missverständnis Geschmacksvorliebe

Es gibt aber noch eine andere Argumentation, die immer wieder auftaucht: Wenn man als Veganer*in eine Wurst oder einen Burger wolle, solle man doch gleich zum Original greifen. Dieses Argument deutet ein Missverständnis an. Viele Menschen, die sich vegan ernähren, haben sich dazu nicht deswegen entschieden, weil ihnen die traditionellen Produkte nicht geschmeckt haben. Vielmehr war die Entscheidung damit verknüpft, die Tierindustrie nicht mehr unterstützen zu wollen. Fast gewinnt man manchmal den Eindruck, als würden einem die Omnivoren den Genuss nicht gönnen… einen Genuss, der frei ist von der ethischen Inkongruenz, sich als Tierfreund*in zu bezeichnen, aber im nächsten Moment Produkte aus Tierkörpern zu verspeisen.

Vegane Ersatzprodukte bedeuten auch ökonomische Veränderungen. „Während im Jahr 2019 rund 60.400 Tonnen Fleischersatzprodukte in Deutschland erzeugt wurden, betrug die Produktion im Jahr 2022 bereits etwa 104.280 Tonnen. Damit haben die Unternehmen im Jahr 2022 rund 73 Prozent mehr Fleischalternativen produziert als im Jahr 2019“, liest man auf der Seite Statista.de.

Sojafleisch in einem Weckglas

Fleischersatzprodukte erleichtern vielen den Umstieg auf eine pflanzliche Ernährung. Besonders das Brechen von geliebten Traditionen fällt oft schwer. Hier helfen Vegansl und Seitanbraten. (Foto: Pexels, cottonbro studio)

Fazit

 

Vegan bedeutet nicht immer gleichzeitig gesund und bio. Auch Veganer*innen können Chips und Pommes oder Schokolade lieben. Weswegen vielleicht auch manchmal ein veganer Burger oder eine vegane Bratwurst auf den Tisch kommt. Eine bewusste Nutzung von Ersatzprodukten ist gesundheitlich unbedenklich und definitiv förderlich im Vergleich zum Konsum von Fleisch. Und die gewohnte Vorliebe für den Geschmack von Fleisch lässt sich glücklicherweise in der pflanzlichen Küche besonders leicht überwinden.

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Ein Artikel von Susanne Karr
veröffentlicht am 16.01.2024
Als Philosophin und Journalistin beschäftige ich mich mit der Verbundenheit von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen. Darum geht es auch in meinem Blog www.aureliapangolini.com
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