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Österreich isst in Zukunft anders

Nach langem Ringen beginnt im Sommer 2025 die Ausbildung zur „Fachkraft für vegetarische Kulinarik“, die in ihrem Inhalt und Werten wegweisend ist für die ganze Welt. In diesem Artikel stellen wir die Lehre und ihre besonderen Zutaten vor.

Vegane Speisen werden oft mit viel Kreativität und Liebe zum Detail gekocht und angerichtet. (Foto: Pexels, Sebastian Coman Photography)

In Österreich drehen sich die Räder der Veränderung bekanntlich langsam. Jahre- oder gar jahrzehntelang war am Status quo der Kochlehre nicht zu rütteln. Die Schwierigkeiten, mit denen Menschen, die sich  für eine pflanzenbasierte Ernährungsweise interessieren, konfrontiert sind, zeigten wir bereits 2017 in einem Beitrag zum Thema „Berufswunsch Koch?“ auf.

Vegan-vegetarische Kochlehre

Dass mit 1. Juli 2025 tatsächlich die erste Runde der veganen und vegetarischen Kochlehre bzw. wie es offiziell heißt, die Ausbildung zur „Fachkraft für vegetarische Kulinarik“ beginnt, ist eine besonders erfreuliche Nachricht zu Beginn des Jahres. Wie die traditionelle Kochlehre dauert sie drei Jahre. Der positive Abschluss befähigt durch die inhaltliche und rechtliche Gleichstellung ebenfalls zu einer Beschäftigung in kulinarischen Betrieben. Eine Doppellehre ist jedoch nicht möglich.

Ende 2024 wurde die „377. Verordnung: Vegetarische Kulinarik-Ausbildungsordnung“ veröffentlicht, ein letzter wichtiger Schritt vor der Realisierung dieser neuen Lehre. Das Besondere am vermittelten Inhalt ist nicht nur der Fokus auf fleischlosen Speisen, sondern der ganzheitliche Ansatz, der auch zentrale Themen und Werte wie Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit inkludiert. Die Lehrlinge werden vertraut mit einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Arbeitsweise sowie mit digitalem Arbeiten, etwa in den sozialen Medien oder auf Websites.

In der neuen Kochlehre wird großer Wert auf regionale und saisonale Lebensmittel gelegt (Foto: Pixabay, RitaE)

Fast startklar

Obwohl die Struktur der Ausbildung mittlerweile steht, gibt es einige Bereiche, wie Lehrbücher, Schulpläne und Auswahl von Berufsschulen, die noch nicht fertig entschieden sind. Dazu gehört auch die Auswahl konkreter Rezepte: Welches Rezept soll zum Beispiel als Basis für die Herstellung veganer Mayonnaise dienen?

Die Nachfrage nach (Zusatz-)Ausbildungen mit Spezialisierung auf pflanzlichen Lebensmitteln ist schon jahrelang groß. Immer mehr Menschen verzichten teilweise oder ganz auf tierliche Produkte, besonders junge Menschen. Insgesamt ernähren sich in Österreich 5 %  der Bevölkerung rein pflanzlich, 15 % leben fleischlos.

Eine weitere wichtige Entwicklung, die mit dem Start der Ausbildung einhergeht, ist, dass endlich auch vegan-vegetarische Lokale Lehrlinge beschäftigen dürfen. Das war bis jetzt gesetzlich nicht erlaubt, da die Zubereitung von Fleisch und Fisch notwendig war. Interessierte Gastronomiebetriebe können sich jetzt schon mit Lehrstelle bei der WKO registrieren.

Im Ethik.Guide, dem Einkaufsführer für fairen und nachhaltigen Konsum, findest du in der Kategorie Lokale & Hotels eine Riesenauswahl an Restaurants, Cafés, Snackbars, Konditoreien und Eissalons bis hin zu Hotels und Pension, die ihre Gäste mit einem guten vegan-vegetarischen Angebot verwöhnen. Es kann auch nach rein veganen Anbietern gefiltert werden.

Die Möglichkeiten von pflanzlichen Lebensmitteln sind bunt und schier endlos (Foto: Pixabay, Jocelyn Wong)

Ein ganzheitlicher Ansatz

Auch wenn Kochtechniken und Lebensmittel im Fokus der Lehre stehen, werden diese Themen nicht in einem Vakuum vermittelt. Es sollen Zusammenhänge klar werden, vor allem zwischen Mensch, Umwelt und Ernährung.

Nachhaltigkeit muss in Zukunft auch in der Gastronomie einen höheren Stellenwert einnehmen: Wie und wo werden Zutaten angebaut? Was ist zu beachten bei konventioneller vs. biologischer Landwirtschaft? Wie kann man Lebensmittelverschwendung reduzieren?

Eine Auseinandersetzung mit den gesundheitlichen Aspekten einer pflanzlichen Ernährung und Unverträglichkeiten ist ebenfalls Teil des Lehrplans. So sollen die zukünftigen Fachkräfte auf diese Bereiche in der Speisenzusammenstellung eingehen und falls notwendig, Alternativen anbieten können.

Die Ausbildung zur „Fachkraft für vegetarische Kulinarik“ läuft bis 2030 als Pilotprojekt und wird laufend evaluiert. Es wird spannend, inwiefern sich die Lehre positiv auf den Fachkräftemangel und mehr Abwechslung auf den Speisekarten auswirkt.

Begrüßenswerte Entwicklung

Die treibende Kraft hinter diesen erfreulichen Entwicklungen ist Joachim Ivany, Inhaber des Lokals „die Erbsenzählerei“ (das natürlich im Ethik.Guide gelistet ist) und Mandatar der Grünen Wirtschaft. Der unermüdliche Einsatz hat sich ausgezahlt.

Wir begrüßen die neue Lehre und beobachten gespannt die neue kulinarische Ära und wie sich die Ausbildung zur „Fachkraft für vegetarische Kulinarik“ in der Gesellschaft widerspiegeln wird.

Laut Verordnung kann die auszubildende Person nach drei Jahren unter anderem:

  • „die Umweltauswirkungen verschiedener Lebensmittel beschreiben.“
  • „Restlebensmittel wirtschaftlich […] weiterverarbeiten und Abfälle entsorgen.“
  • „energiesparend arbeiten und Ressourcen sparsam und nachhaltig einsetzen.“
  • „die wichtigsten ökologischen, ethischen und gesundheitsrelevanten Argumente für eine vegetarische und vegane Ernährung beschreiben.“
  • „die verschiedenen Küchen der Welt und deren vegetarische und vegane Gerichte sowie die verwendeten Zutaten und Zubereitungstechniken im Überblick beschreiben.“
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Ein Artikel von Yvonne
veröffentlicht am 16.01.2025

Ein Kommentar

  • iska gschaider sagt:

    „die wichtigsten ökologischen, ethischen und gesundheitsrelevanten Argumente für eine vegetarische und vegane Ernährung beschreiben.“ – DAS ist dann mehr, als die meisten (oder viele?) Praktischen Ärzt:innen können ;) SUPER! (also ersteres)

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