Turbogockel und Eierlegemaschine

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2020. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Es war einmal das Bankivahuhn. Dieses Huhn stammt aus Südasien, ist der Vorfahre unserer Haushühner und gelangte vor einigen hundert Jahren auch in unsere Region. Da die ausgewachsenen Tiere kaum auf anderthalb Kilo Gewicht kommen und die Hennen nur etwa 20 Eier im Jahr legen, begannen die Menschen Hühner auf Leistung zu trimmen. Dies führte dazu, dass es heute zahlreiche, jeweils auf einen bestimmten Nutzungszweck spezialisierte Arten gibt. Einige werden auf Schönheit, extra für Wettbewerbe gezüchtet, andere auf Masse als Fleischlieferanten und wieder andere auf hohe Legeleistung bei den Hennen für die Eierindustrie.
Nutztier Huhn

(Foto: Pixabay, Lolame)

Eierlegemaschine

Heute liegt der Ei-Verzehr in Österreich bei etwa 240 Eiern pro Kopf und Jahr. Selbst wer nicht vegan lebt, fragt sich, wie diese Zahl zu Stande kommt. Verzehrt doch kaum jemand täglich ein Frühstücks- oder Spiegelei. Das kommt daher, dass die selbst gekauften und zuhause zubereiteten Schaleneier nur einen geringen Teil der verzehrten Menge ausmachen. Der weitgehend größte Teil wird „versteckt“ konsumiert. Verarbeitet in Backwaren, Fertigprodukten oder auch Speisen in Restaurant und Imbiss.

Nutztier Huhn

Schaleneier machen nur einen Teil des Verbrauches aus.

Um dem steigenden Verbrauch von knapp 86 Eiern 1950 bis auf 240 Eier heute zu befriedigen, mussten Hennen zu Legehennen und schließlich gar Legemaschinen werden. Vom Bankivahuhn, das 20 Eier im Jahr legte, ist die heutige weitverbreitete Legehenne weit entfernt. Diese legt im Jahr etwa 320 Eier und kann somit den Bedarf einer Ei konsumierenden Person in Österreich decken. Die Tiere werden als für alle Haltungsformen geeignet angepriesen. Und während in vielen Ländern noch Käfige und so genannte ausgestaltete Käfige erlaubt sind und selbst der Import von Käfigeiern nicht verboten ist, hat Österreich die Haltung von Legehennen in Käfigen zum 1. Jänner 2020 abgeschafft. Die knapp sieben Millionen Hennen werden nun in Boden- oder Freilandhaltungen gehalten, sofern sich die Erzeugung an geltendes Gesetz hält.

Eigentlich würden Hühner etwa acht Jahre alt werden. Für die Eierindustrie sind aber kaum mehr als zwei Jahre eingeplant. Dabei wird jedes Gramm benötigtes Futter mit der Legeleistung abgeglichen. Nach etwa zwei Jahren sind Legehennen meist völlig ausgelaugt. Die hohe Legeleistung verlangt dem Körper zu viel ab. Hinzu kommen noch Legedarmvorfälle durch den Wunsch der KonsumentInnen nach vielen und besonders großen Eiern. Da Legehennen am Ende ihres Lebens nicht viel Fleisch auf den zarten Rippen haben, werden sie zu Suppenhühnern, landen in der Brühe oder einfach im Tierfutter, wie es den männlichen und somit nutzlosen Tieren der Legelinien schon kurz nach dem Schlupf passiert.

Noch kürzer aber ähnlich elend ist das Leben der Hühner, die für die Fleischproduktion gezüchtet werden.

Nutztier Huhn

Als Legehennen benutzte Hühner (Foto: Pixabay, Ehrecke)

Muskelbepackter Turbogockel

Nicht nur Eier werden in Österreich gern verzehrt, sondern auch Geflügelfleisch. Favoriten sind bei knapp 13 Kilo pro Kopf und Jahr Puten und Masthühner. Die Anzahl derer, die von Schweinefleisch auf vermeintlich gesünderes Geflügelfleisch umsteigen, steigt. Auch das hat Auswirkungen auf die Tiere.

Bringt das Bankivahuhn zwischen 1050 und 1450 Gramm auf die Waage, sind es bei aktuellen Masthühnern über 2500 Gramm, von denen teilweise gar 700 Gramm nur auf die Brust entfallen. Dieses Gewicht wird nicht im Laufe eines langen Lebens erreicht, sondern in einer Mastdauer von kaum 40 Tagen. Die etwa 40 Gramm leichten Küken müssen daher über 100 Gramm täglich zunehmen. Dazu werden Haltung und Ernährung ganz auf Leistung ausgerichtet.

Damit einher gehen zahlreiche Probleme. Die 78 Millionen in Österreich gehaltenen Masthühner werden nicht wie bei den Legelinien mittels sexen nach Geschlecht sortiert. Es werden beide Geschlechter gemästet, wobei 30 Kilogramm Huhn pro Quadratmeter erlaubt sind. Das bedeutet nicht nur Enge, sondern auch Probleme mit Artgenossen auf dem Weg zu Futter oder Tränke. So sind Tiere mit Pickverletzungen keine Seltenheit.

Zu haltungsbedingten Leiden kommen auch körperliche Gebrechen durch das rasante Wachstum und das hohe Körpergewicht, welches die Beine der Tiere kaum zu tragen vermögen. Tiere, die hocken oder liegen und nicht mehr aufstehen können, sind keine Ausnahme. Da der Selbstversorgungsgrad Österreichs mit Masthühnern nur 82 Prozent beträgt, wird auch hier noch zusätzlich Fleisch importiert.

Nutztier Huhn

(Foto: Pixabay, Kakyusei)

Das Ende im Schlachthof

Die so genannten Legehennen und die Mastgockel eint der Schlupf in der Brüterei, fern der Elterntiere, die ebenfalls unter Haltung und Zucht leiden. Danach stehen Tiertransporte zum Beispiel zur Mast an. Am Ende ihres geplanten Lebens, das nicht ihren tatsächlichen Möglichkeiten entspricht, wie Tiere auf Lebenshöfen uns deutlich zeigen, steht wieder ein Tiertransport an. Dazu werden die Tiere eiligst und grob ausgestallt, in Kisten verfrachtet und zum Schlachthof gekarrt. Nicht nur in der Haltung und beim Ausstallen können den Tieren Schäden und Verletzungen zugefügt werden. Auch bei den Transporten, deren Maximaldauer von Tierschutzorganisationen stark kritisiert wird, werden immer wieder Verstöße bei zum Beispiel eine zu hohe Ladedichte festgestellt.

Im Schlachthof schließlich endet ein kurzes Leben voller Leid und Entbehrungen für Produkte, in denen die KonsumentInnen das Ei oder das Fleisch nicht einmal wissentlich zu sich nehmen.

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Ein Artikel von Hella
veröffentlicht am 12.05.2020
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