Wenn es zu Ende geht – Der frühe Tod im Schlachthof
Die Ware Tier
63 kg Fleisch, 77 Liter und 239 Eier wirken zunächst einmal wie Zahlen aus einer anderen Welt. Immerhin werden Tierprodukte nicht immer in Form deutlich erkennbarer Teile wie Spanferkel oder Spiegelei verzehrt, sondern verstecken sich auch als Speck im Kantineneintopf, Bindemittel im Restaurant-Dessert oder pulverförmige Zutat im Snack. Und so kommt es, dass trotz steigender Anzahl vegan lebender Menschen in Österreich (mindestens 80.000 Menschen leben bereits heute vegan) die Menge der verzehrten Tierprodukte noch immer sehr hoch ist.
Da beim Fleisch noch hinzukommt, dass die Schlachtausbeute eines Tieres natürlich keine 100 % beträgt, sondern sich um die 50 % bewegt, werden noch mehr Tiere „verbraucht“ als die Verzehr-Zahlen vermuten lassen. So lassen in Österreich pro Jahr aktuell 622.000 Rinder, 56.300 Kälber, 5.153.000 Schweine, 245.000 Schafe und Lämmer, 44.300 Ziegen und Kitze, 546 Pferde und Fohlen, bzw. andere Einhufer sowie 83,8 Millionen Hühner im Schlachthof ihr Leben. Zu Puten, Wachteln, Gänsen, Enten, Kaninchen und Fischen lassen sich erst gar keine Zahlen finden.
Während viele von ihnen bereits unter den Folgen von Überzüchtung (wie z. B. rasantes Wachstum oder die „Produktion“ von über 300 Eiern der Größe „L“), der Haltung und ihre Anpassung an Haltungssysteme (wie z. B. Enthornen oder Schnabelkürzen) und dem Tiertransport zum Schlachthof gelitten haben, geht es dort weiter. Denn die Schlachtung hat nichts Humanes. Weder beim Umgang der Unternehmen mit Angestellten, noch mit den Tieren. So deckte allein der VGT in den letzten Jahren zahlreiche schockierende Zustände in österreichischen Schlachthöfen auf.
So funktioniert das Töten am Fließband
Doch wie funktioniert die Schlachtung konkret? Davon ab, dass die Tiere nicht sterben wollen, verursacht der Tötungsprozess noch massives Leid:
Schweine werden entweder mit der Elektrozange oder Gas betäubt. Selbst wenn die Betäubung funktioniert, was bei tausenden Tieren jedes Jahr nicht der Fall ist, leiden die sensiblen Schweine auf dem Weg zur Betäubung und unter der Atemnot bei der Betäubung. Danach wird den Tieren in den Hals gestochen, um sie ausbluten zu lassen.
Bei Rindern wird ein Bolzenschuss-Gerät eingesetzt, welches das Hirn so weit beschädigen soll, dass die Tiere den Schnitt in den Hals zur Entblutung nicht mehr mitbekommen sollen. Auch hier kommt es zu Fehlbetäubungen und Leid.
Ähnlich geht es bei Pferden, Schafen und Ziegen vonstatten. Bei ihnen allen kommt hinzu, dass auch hoch tragende Tiere getötet werden. Aus Gründen der Betriebsumstrukturierung zum Beispiel. Da es keine Methode gibt, den Nachwuchs zuerst zu töten, stirbt dieser qualvoll nach der Mutter.
Fische werden in der Zucht mittels Strom oder Schlag auf den Kopf getötet. Auch da gibt es Fehlquoten, da Fische nicht auf Zuruf unter Wasser bleiben oder bei Schlägen ruhig liegen. Andere Fische und weitere Wassertiere verenden nach dem Fang durch ersticken oder zerquetscht werden im Netz. Das Schicksal unzähliger Hummer, die lebend in heißes Wasser geworfen werden, kennen viele von uns zu gut.
Kaninchen erhalten auch oft einen Schlag auf den Kopf, um sie zu betäuben. Dass der nicht Schlag nicht automatisch „gut platziert“ ist und zur ausreichenden Betäubung führt ist klar.
Schlimmer ist die Situation wohl nur noch im Bereich Geflügel. Dort wird zumeist auf Betäubungsbäder, aber auch Gas oder Bolzenschuss gesetzt. Die Betäubungsbäder umgehen Vögel teilweise einfach, indem sie den Kopf bei der Durchfahrt im Akkord anheben. Dann wird ihnen bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten.
Einen Sonderfall in der Betäubung gibt es beim religiösen Schlachten. Manche jüdische und muslimische Gemeinschaften praktizieren andere Formen des Schlachtens. Die meisten von ihnen verwenden die Elektrokurzzeitbetäubung, welche mittels Durchströmung des Hirns mit Elektrizität innerhalb kürzester Zeit das Bewusstsein ausschalten soll. Schächtungen ohne diese vorherige Betäubung dürfen nur in einem dafür zertifizierten Schlachthof unter Beisein eines Tierarztes stattfinden und müssen direkt nach dem Kehlschnitt eine Betäubung setzen.
Wer Tierprodukte konsumiert, muss sich klar sein, dass neben all dem Leid noch eine Fehlbetäubung im Schlachthof keine Seltenheit ist, sodass die betroffenen Tiere nicht nur Artgenossen sterben sehen, sondern auch ihren eigenen Todeskampf bei vollem Bewusstsein miterleben. Zu der Tatsache, dass eine Fehlbetäubung bei dem Oster-Lamm eine ernstzunehmende Möglichkeit ist, besteht auch die Chance ein ohne Elektrokurzzeitbetäubung geschächtetes Tier zu erwischen. Das muss nämlich nicht gekennzeichnet werden.
Was können wir tun?
animal.fair fordert eine Kameraüberwachung, wie sie in anderen Ländern bereits gesetzlich vorgeschrieben oder zumindest von den Giganten der Lebensmittelbranche umgesetzt wird, mit Auswertung durch unabhängige VeterinärInnen, um das Leid der Tiere wenigstens um Fehlbetäubung und grobe Misshandlung durch überarbeitetes, gestresstes, überfordertes oder brutales Personal zu reduzieren.
Um aber den Tieren den Weg zum Schlachthof und die Schlachtung selbst zu ersparen, ist der einfachste Weg, Tierprodukte zu meiden. Denn während die Masttiere noch als Kinder und Jugendliche getötet werden, müssen unwirtschaftlich gewordenene Kühe und Hennen auch die Schlachtung nach Ende ihrer Wirtschaftlichkeit erleiden Und so wird die „Althenne“ mittels Schlachtung entsorgt. Ebenso ergeht es der „Milchkuh“, deren Muttermilch den Rohstoff für den vegetarischen Joghurt oder Käse lieferte.