Die Realität über Vitamin B12 und vegane Ernährung

Vitamin B12 Supplement
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2021. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Neben einigen potenziell kritischen Nährstoffen bei pflanzlicher Ernährung ist B12 das einzige tatsächlich kritische Vitamin. Weil es in nennenswerten Mengen ausschließlich in tierischen Produkten zu finden ist, sollten VeganerInnen mit speziell angereicherten Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln supplementieren. Aber nicht nur VeganerInnen sind dem Risiko eines Vitamin B12-Mangels ausgesetzt.
Vitamin B12 Supplement

Vitamin B12 ist der einzige Nährstoff, der in pflanzlichen Lebensmitteln nicht in ausreichenden Mengen vorhanden ist und deshalb unbedingt supplementiert werden sollte. (Foto: pexels, Future Kind Vegan Supplements)

Im Ethik.Guide, dem nachhaltigen Einkaufsführer, findest du in der Kategorie Lebensmittel sämtliche Bezugsquellen für einen genussvollen und klimafreundlichen Ernährungsstil: Bioläden und –Lebensmittelmarken, Unverpackt-Läden, Bio-Bäcker und –Winzer, Biokisten-Zusteller und Solidarische Landwirtschaften, aber auch Adressen von Selbsterntefeldern. Es kann auch nach veganen Anbietern oder bioveganer Landwirtschaft gefiltert werden.

Ein Überblick

Vitamin B12 zählt zur Gruppe der wasserlöslichen Vitamine und ist ein essenzieller Mikronährstoff. Es handelt sich um ein Vitamin der B-Gruppe und enthält ein Kobaltatom, wovon sich der Name Cobalamin ableitet.

Ausschließlich Mikroorganismen sind zur Herstellung dieses Vitamins fähig. Zum einen Bakterien, die im Erdboden leben und zum anderen die Bakterien, die im menschlichen Dickdarm angesiedelt sind. Letztere spielen jedoch für die Versorgung mit B12 keine Rolle, da es im Dickdarm keine Aufnahmekapazitäten für das Vitamin gibt.

Vitamin B12 ist unter anderem für die Blutbildung sowie beim Herstellungsvorgang der Erbsubstanz (DNA-Synthese) von großer Bedeutung. Auch für das Nervensystem und bei der Synthese von Botenstoffen ist B12 wichtig. Es wird benötigt für die Herstellung von Serotonin. Dieser Botenstoff wiederum reguliert den Blutdruck, hebt die Stimmung und beeinflusst Abläufe des Magen-Darm-Traktes.

Vorkommen in der Ernährung

Die hauptsächlichen Vitamin-B12-Quellen sind tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier und Milchprodukte. Bei pflanzlichen Lebensmitteln ist der Gehalt an Vitamin B12 gering oder stark schwankend, oder die Verwertbarkeit ist nicht gesichert.

Der Grund, warum tierische Lebensmittel gute Vitamin B12-Quellen sind, ist der sogenannte Pansen bei Wiederkäuern wie Rindern. In diesem Vormagen mit einer ausgeprägten Flora an Mikroorganismen kann das Vitamin mithilfe von Bakterien hergestellt werden. Voraussetzung ist, dass die Wiederkäuer auch genügend Kobalt aufnehmen, das zur Synthese notwendig ist. Das in der Nutztierhaltung jedoch oft nur durch künstliche Zusätze der Fall. Andere Tiere, wie z.B. Hunde und Katzen, müssen es wie wir Menschen machen und das Vitamin über die Nahrung aufnehmen.

INTERESSANT: Das enthaltene Vitamin B12 in tierischen Lebensmitteln ist in der Tierhaltung heutzutage zum Teil auf eine Zusetzung der Futtermittel mit dem Spurenelement Kobalt oder Nahrungsergänzung direkt mit B12 zurückzuführen. Diese Zusetzung ist notwendig, weil z.B. Kühe in der Nutztierhaltung nicht mehr auf ihre ursprüngliche Nahrungsquelle (Weidegras) zurückgreifen können. Auf dem Gras finden sich aber genau die Bakterien, die sie für die Produktion von Vitamin B12 benötigen.

Einige Knollen- und Wurzelgemüsesorten können Spuren des Vitamins enthalten. Vergorene Lebensmittel wie z.B. Sauerkraut, milchsaures Gemüse oder fermentierte Sojaprodukte enthalten möglicherweise ebenso Spuren, wobei die Bioverfügbarkeit unklar ist. Auch bestimmte Algenarten (Nori, Chlorella) weisen Spuren des Vitamins auf. Diese Mengen leisten aber einen (zu) geringen Beitrag zur Gesamtversorgung.

Bier und Sauerkraut

Mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellte Lebensmittel wie z.B. Sauerkraut, fermentierte Sojaprodukte oder sogar Bier können geringe – für eine optimale Versorgung nicht ausreichende! – Mengen an Vitamin B12 enthalten. (Bild: pexels, ELEVATE)

Bedarf und Unterversorgung mit B12

Der B12-Bedarf wird in altersabhängigen Schätzwerten angegeben. Für gesunde Jugendliche und Erwachsene gilt eine Zufuhrempfehlung von 4 Mikrogramm pro Tag. Für Schwangere und Stillende wird eine Zulage auf bis zu 5,5 Mikrogramm empfohlen.

Ein Mangel an Vitamin B12 kann mit Blutarmut (Anämie) und daraus resultierenden Folgesymptomen wie Abgeschlagenheit, Blässe, Schwindel und verminderte geistige und körperliche Leistungsfähigkeit einhergehen. Auch neurologische Störungen und psychische Auffälligkeiten wie Ermüdungszustände und depressive Verstimmungen sind möglich. Bei Kindern besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung.

WICHIG: Eine unzureichende Versorgung mit B12 kann zu einer Reihe von Mangelsymptomen führen und auch irreversible, also nicht reparable Schäden mit sich bringen!

Vitamin B12 wird hauptsächlich in der Leber und in der Muskulatur gespeichert. Auch wenn sich bei einer B12-freien Ernährung die Speicher über mehrere Jahre hinweg nur langsam abbauen, sollte man diesen regelmäßig überprüfen.

Zur Beurteilung der B12-Versorgung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am gängigsten ist die Messung der Vitamin-B12-Konzentration im Serum. Der Blutwert informiert aber nur über die kurzfristige Situation. Geeigneter ist die Bestimmung des Transportproteins Holo-Transcobalamin (Holo-TC) im Blut. Dieses wird als aktives B12 bezeichnet und ist der früheste Parameter eines Mangels.

Obwohl das größte Risiko eines Mangels bei VeganerInnen besteht, können auch Mischköstler und Vegetarier davon betroffen sein, und zwar wenn die Aufnahme von B12 im Darm (Resorption) beeinträchtigt ist. Resorptionsstörungen können aus unterschiedlichen Krankheiten, z.B. Zöliakie, erblich bedingten Ursachen oder Medikamente resultieren. Auch Senioren haben einen erhöhten Bedarf und gehören somit zur Risikogruppe eines B12-Mangels.

Da man fälschlicherweise oft davon ausgeht, dass Personen, die Fleisch essen, ohnehin keinen B12-Mangel bekommen können, wird dies in der Regel nicht untersucht und ein Mangel bleibt somit oft unentdeckt.

Supplementierung

Vitamin B-12 kann auf verschiedene Arten supplementiert werden – über Tropfen, Kapseln oder sogar hoch dosierten Injektionen. Eine Empfehlung möchten wir an dieser Stelle nicht abgeben. Denn welche dieser Arten am besten ist, ist individuell und hängt von mehreren Faktoren ab, wie dem aktuellen Blutwert, eventuell bestehenden Krankheiten und persönlichen Präferenzen.

VeganerInnen sollten aber auf jeden Fall Vitamin B12 supplementieren, egal für welche Weise sie sich entscheiden. Es gibt außerdem verschiedene Formen dieses Vitamins – bioaktive und synthetisch hergestellte. Methylcobalamin (bioaktive Form) z.B. kann der Körper direkt verwerten und daher wird diese Form gerne in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt. Für die Entscheidung, welche Supplementierung am geeignetsten ist, empfiehlt sich eine Bestimmung des Holo-TC Wertes und ein beratendes Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin.

Spritze

Liegt ein schwerwiegender Vitamin-B12-Mangel vor (z.B. aufgrund von Magen-Darm-Erkrankungen, die eine Aufnahme des Vitamins verhindern), sind hoch dosierte Präparate wie Injektionen sinnvoll. (Bild: unsplash, Diana Polekhina)

Die Verwendung von Supplementen in der pflanzlichen Ernährung stößt oft auf Kritik mit der Begründung, dies sei nicht natürlich. Aber hier stellt sich die Frage, inwiefern eine „natürliche“ Versorgung mit Vitamin B12 heutzutage durch den Konsum von Fleisch überhaupt möglich ist, wenn auch in der Nutztierhaltung das Vitamin – oder das zur Synthese notwendige Kobalt – ins Futter zugesetzt werden muss?

Dass ein landwirtschaftlicher Betrieb auch ohne ein Ausnutzen der Tiere und nicht artgerechter Massenhaltung funktionieren kann, beweist unser Rabattpartner Sauschneidhof. Ihr Projekt „Lebenslänglich“ – Lebenshof in Radstadt steht für eine Landwirtschaft, die Kühe aus der Nutztierhaltung herausnimmt und als Haustier lebenslänglich versorgt.

Im nächsten Beitrag dieser Serie schauen wir uns weitere (potenziell) kritische Nährstoffe in der veganen Ernährung an.

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Ein Artikel von Judith Kapfer
veröffentlicht am 29.06.2021
Vegane Ernährungstrainerin in Ausbildung. Verbringt ihre Freizeit mit Wandern in den Bergen, bei Schlechtwetter aber auch gerne auf der Couch. Immer mit dabei: Hunde Thino und Mimi.
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